Bild nicht mehr verfügbar.

Im aktuellen Vertrauensindex hat Arbeitsminister Kocher Bundeskanzler Kurz überholt.

Foto: AP / Lisa Leutner

Wien – Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) erwartet keine "große Kündigungswelle" nach Ende der aktuellen Kurzarbeitsphase am 30. Juni. "Betriebe, die das noch brauchen, sollen Corona-Kurzarbeit auch über die jetzige Phase 4 hinaus haben", sagte Kocher im APA-Interview nach seinen ersten 100 Tagen im Amt. Im Herbst rechnet er mit 100.000 Personen in Kurzarbeit, zuletzt waren noch 487.000 Menschen zur Kurzarbeit angemeldet.

Arbeits- und Finanzministerium sowie Gewerkschaft und Wirtschaftskammer müssen sich bald auf ein neues Corona-Kurzarbeitsmodell einigen. Nächste Woche sind Gespräche mit den Spitzenvertretern der Sozialpartner geplant. Das neue Modell will Kocher im Lauf des Mai vorstellen. "Es braucht auf jeden Fall Änderungen im Vergleich zum aktuellen Modell. Es ist ein Balanceakt zwischen dem Schützen der Arbeitsplätze, die durch Corona noch gefährdet sind, und dem Schaffen neuer", sagte Kocher. "In Einzelfällen wird Arbeitslosigkeit jedoch wohl nicht zu verhindern sein." Es gehe darum, spezifischer Betriebe zu unterstützen, die noch stark betroffen sind von der Corona-Krise, etwa die Stadthotellerie oder die Flug- und Eventbranche.

Beim neuen Corona-Kurzarbeitsmodell ab Juli ist laut dem Arbeitsminister noch offen, ob spezielle Branchen unterstützt werden oder ob andere Parameter herangezogen werden, zum Beispiel der Umsatzverlust. Diese Frage müsse noch beihilfenrechtlich geklärt werden.

Kocher relativiert Schramböcks Ankündigung

Im Ö1-"Morgenjournal" relativierte Kocher die Ankündigung von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), durch die geplante Aufstockung der Investitionsprämie bis zu 800.000 Arbeitsplätze schaffen zu können. Es sei untergegangen, dass seine Ministerkollegin "schaffen oder sichern" gesagt habe, so Kocher.

Die Maßnahme schaffe "auf jeden Fall" Jobs, einige zehntausend seien sicher möglich, aber die genaue Zahl sei schwer vorauszusagen. Sie sichere aber auch Jobs, die sonst abgebaut werden würden.

"Sprungbrett" ohne Details

Zu den großen Verlierern der Corona-Krise zählen Langzeitarbeitslose. Ende März gab es 146.761 Langzeitbeschäftigungslose in Österreich, ein Plus von knapp 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt. Mit der Aktion "Sprungbrett" will die Regierung die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen bis Ende 2022 um 50.000 senken.

Weitere Details wurden damals noch nicht bekanntgegeben. "Die Kosten für die Aktion Sprungbrett werden sich auf einen dreistelligen Millionenbetrag belaufen", kündigte der Arbeitsminister im APA-Gespräch an. Die Details will Kocher bald präsentieren, sagte er am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal". Das Programm mache erst Sinn, wenn der Arbeitsmarkt wieder einigermaßen funktioniere. Der Unterschied zur "Aktion 20.000": Der Fokus sei nicht mehr bei den Gemeinden, der gemeinnützige Teil werde in der jetzigen Förderung nur mehr einen kleinen Teil umfassen, sagte Kocher. Entscheidend sei, dass die Personen von Betrieben übernommen werden können. Gemeinden hätten nach der Förderung oft keine Mittel gehabt, das Personal zu halten. Im Rahmen der Aktion "Sprungbrett" soll es Lohnunterstützung und Coachings geben. Ein voller Lohnersatz ist nicht vorgesehen.

Die Coronakrise wird am heimischen Arbeitsmarkt noch lange nachwirken. AMS-Vorstand Johannes Kopf hatte diese Woche im "ZiB 2"-Interview eine Rückkehr zum Arbeitslosen-Vorkrisenniveau bis Anfang 2023 für möglich gehalten. "Ich halte das für eine optimistische Einschätzung. Ich teile den Optimismus, es ist aber eine Herausforderung", sagte Kocher.

Kocher vor Kurz im Vertrauensindex

Kocher wurde am 11. Jänner 2021 als Nachfolger von Christine Aschbacher (ÖVP) als Arbeitsminister angelobt. Aschbacher trat damals nach einer Uni-Plagiatsaffäre zurück. "Es war ein volles Programm, es fühlt sich an wie mehr als 100 Tage", so Kocher. Es sei "sehr viel umgesetzt worden", unter anderem das Homeoffice-Paket, die Verlängerung der Kurzarbeitsregelung, das Vorantreiben der Corona-Joboffensive, der "Comebackplan" mit der Aktion "Sprungbrett" für Langzeitarbeitslose und das Landarbeitergesetz. "Das Programm wird auch in den nächsten Wochen und Monaten noch dicht sein", erwartet der Arbeitsminister.

Im aktuellen APA/OGM-Vertrauensindex Anfang April erreichte Kocher hinter Bundespräsident Alexander Van der Bellen den zweiten Platz und überholte damit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der Index basiert auf einer repräsentativen Online-Umfrage. (APA, red, 22.4.2021)