Bereits zu Beginn seiner Amtszeit hat US-Präsident Joe Biden klargemacht, dass Klimapolitik ganz oben auf seiner Prioritätenliste steht. Noch am ersten Tag traten die USA unter Biden erneut dem Pariser Klimaabkommen bei. Doch offenbar möchte er nicht nur die Politik seines Vorgängers Donald Trump umkehren, sondern noch jene von Barack Obama übertreffen.

Denn bereits im Vorfeld des zweitägigen virtuellen Klimagipfels mit 40 Staats- und Regierungschefs war durchgesickert, was Biden am Donnerstag versprechen sollte: Die Vereinigten Staaten werden ihren Treibhausgasausstoß bis Ende des Jahrzehnts im Vergleich zu 2005 um rund 50 Prozent reduzieren. Ein detaillierter Fahrplan, wie die Emissionen gesenkt werden sollen, steht noch aus.

US-Präsident Joe Biden strebt ambitioniertere Klimaziele an als sein Vorgänger Donald Trump.
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Expertinnen und Experten waren sich im Zusammenhang mit der von den USA angekündigten Reduktion sicher, dass das ambitionierte Ziel nur dann erreicht werden kann, wenn es zu Einschränkungen in allen wirtschaftlichen Bereichen kommt. Einigkeit herrschte auch dabei, dass nun gesetzte Maßnahmen von Dauer sein müssen und nicht einfach von einer neuen Regierung wieder außer Kraft gesetzt werden können. Mit seinem mehr als zwei Billionen Dollar schweren Infrastrukturpaket will Biden genau das erreichen: Dieses enthält Pläne für den Ausbau von E-Tankstellen sowie für Wind- und Solarenergie. Durch die Energiewende sollen landesweit zahlreiche Jobs geschaffen werden – etwa durch die Produktion von Solarpaneelen oder Windturbinen.

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40 Staats- und Regierungschefs besprechen am Donnerstag und Freitag mögliche Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise.
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Dass auch der chinesische Staatschef Xi Jinping den von den USA initiierten Klimagipfel mit Wortmeldungen eröffnet, untermauert die Ankündigung des US-Präsidenten, mit dem sonstigen Rivalen in Sachen Klimapolitik an einem Strang zu ziehen.

40 Staats- und Regierungschefs kommen auf Einladung Bidens am Donnerstag und Freitag mit ihm zu einem Online-Klimagipfel zusammen. Als erste große außenpolitische Initiative innerhalb der ersten 100 Tage seiner Amtszeit unterstreicht Biden damit, dass seine Regierung den Klimawandel ins Zentrum der Außen- und Sicherheitspolitik stellen will.

Treffen der Spitzenpolitik

Der US-Präsident fand in seiner Eröffnungsrede zum Gipfel klare Worte: "Die Wissenschaft ist unbestreitbar." Die Weltgemeinschaft müsse noch in diesem Jahrzehnt Schritte setzen, um die Klimakrise einzudämmen, sagte der Demokrat. Der Online-Gipfel, der mit einigen technischen Problemen startete, soll erst der Anfang dafür sein. Alle Staaten müssten sich im Klimaschutz mehr ins Zeug legen, vor allem aber die großen Emittenten, meinte Biden.

Biden kündigte an, die US-Mittel für Entwicklungsländer verdoppeln, mit denen diese ihre Treibhausgase reduzieren können. Gelder, die Entwicklungsländern zur Anpassung an den Klimawandel helfen sollen, sollen verdreifacht werden. Diese beiden Ziele sollen – ausgehend von den Jahren 2013 bis 2016 – bis 2024 erreicht werden.

Auch Uno-Generalsekretär António Guterres forderte die anwesenden Politiker auf, endlich ins Handeln zu kommen: "Wir können uns nicht Geld von den nächsten Generationen für die Covid-Krise borgen und in alten Strukturen bleiben."

Im Anschluss kamen die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Volkswirtschaften zu Wort. Mit dabei sind auch Spitzenpolitiker von Staaten, die besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, etwa Kenia und Jamaika. Der Gipfel kann online mitverfolgt werden.

Am Donnerstag geht es nach Angaben des Weißen Hauses unter anderem um Ziele zur Eindämmung des Klimawandels und um Finanzierungsfragen. Am Freitag stehen die Bedeutung von Innovation und Technologie für den Kampf gegen den Klimawandel sowie wirtschaftliche Möglichkeiten im Fokus, die damit verbunden seien.

Auch Japan mit neuen Klimazielen

Beobachter gehen davon aus, dass nicht nur die USA eine klare Ansage zu ambitionierten Klimazielen machen. Kurz vor Beginn des Spitzentreffens hat Japan bereits neue ehrgeizigere Klimaziele angekündigt. Das Land werde bis 2030 seinen Treibhausgasausstoß um 46 Prozent im Vergleich zu 2013 reduzieren, kündigte Premier Yoshihide Suga am Donnerstag an. Auch Kanada oder Südkorea könnten sich höhere Ziele auferlegen. Bisherige Klimasünder wie Australien könnten zumindest verbal einlenken.

Brasilien will illegale Abholzung stoppen

Den Anfang machte Brasilien: Staatschef Jair Bolsonaro sagte, sein Land werde die illegale Abholzung bis 2030 beenden. Damit würde es seine Emissionen bis zu diesem Datum um 50 Prozent verringern. Bolsonaro forderte aber für die "Umweltdienste", die Brasilien dem Planeten leiste, eine "gerechte Entlohnung". Umweltminister Ricardo Salles hatte als Preis dafür, die Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet in einem Jahr um 40 Prozent zu reduzieren, zuletzt eine Milliarde Dollar genannt.

Eine andere Vorlage bot das Vereinigte Königreich. Der Gastgeber des diesjährigen Klimagipfels im November hat diese Woche bekanntgegeben, seinen Ausstoß bis 2035 um 78 Prozent zu reduzieren – allerdings im Vergleich zu 1990.

Neues EU-Klimaziel fixiert

Auch in der Europäischen Union tut sich etwas. Diese Woche einigten sich die EU-Länder auf ein verbindliches Klimaziel für das Jahr 2030. Die Mitgliedsstaaten müssen ihren Netto-Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent reduzieren. Bisher galt ein Minus von 40 Prozent im gleichen Zeitraum.

Für viele ist das neue EU-Ziel trotz der Erhöhung eine herbe Enttäuschung. Das EU-Parlament hatte zuvor eine 60-prozentige CO2-Reduktion ins Rennen geworfen, der Kommission ging dieser Vorschlag allerdings zu weit. Das neue Ziel bedeutet zudem lediglich, dass unterm Strich ein Minus von 55 Prozent stehen muss. Mitgliedsstaaten können also auch Kohlenstoffsenken zu ihren Klimabilanzen anrechnen. Die Anrechnung wurde zwar auf 225 Megatonnen CO2 begrenzt, Experten rechnen dennoch damit, dass das tatsächliche Klimaziel auf ein Minus von 52,8 Prozent abgeschwächt wird.

Handlungsbedarf ist jedenfalls gegeben: Das vergangene Jahr hat sich in die immer steigenden Hitzerekorde eingereiht. Wie der europäische Klimawandeldienst Copernicus am Donnerstag bekanntgab, war 2020 das bisher wärmste Jahr in Europa seit Beginn der Messgeschichte. Besonders der Winter stach hervor, der um 3,4 Grad Celsius über dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahrzehnte lag. Auch global gesehen reihte sich 2020 unter die drei wärmsten Jahre der Messgeschichte. (bbl, lauf, APA, 22.4.2021)