Im Stift Heiligenkreuz sorgen die privaten Notizen eines verstorbenen Paters für Unruhe.

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Es war ein Sommertag im Vorjahr, als Pater Norbert Stigler unsanft zu Gott berufen wurde. Dem ehemaligen Dekan der päpstlichen Hochschule im Zisterzienserstift Heiligenkreuz und Pfarrer von Sulz im Wienerwald wurde eine Bergtour in den Sextener Dolomiten in Südtirol zum Verhängnis.

An einer schmalen Stelle am sogenannten Rotwandköpfl rutschte der 78-jährige Geistliche aus und stürzte rund 70 Meter in den Tod. Beigesetzt wurde der Pastoraltheologe dann am 13. August im Stift Heiligenkreuz. Doch während Pater Norbert bereits in Frieden ruhte, zogen hinter den Stiftsmauern dunkle Wolken auf. Anlass für die Disharmonie im Haus Gottes war die Räumung des Pfarrhauses, in dem der Mitbruder bis zuletzt lebte.

Jedes Schriftl a Giftl

Konkret sieht das Kirchenrecht vor, dass die irdischen Güter im Todesfall dem Stift zufallen und vor allem Schriften und Tagebücher entsprechend archiviert werden. Im Fall von Pater Norbert aber entschied man sich für eine ungewöhnlich selektive Vorgehensweise.

So wurde zwar ein Teil des Nachlasses ins Stift verbracht, unzählige handschriftliche Notizen von Pater Norbert aber auf Anweisung der Stiftsleitung vernichtet. Diese Vorgangsweise erzürnte den damaligen Archivar des Stiftes, Pater Alkuin Schachenmayr. Doch dessen Entscheidung, den Abt auf die rechtswidrige Entsorgung hinzuweisen, bescherte Pater Alkuin einen gehörigen Knick auf der klerikalen Karriereleiter. Der Archivar wurde von allen Ämtern abgezogen – und letztlich aus der Ordensgemeinschaft ausgeschlossen.

Drängt sich also die Frage auf, wie brisant der Inhalt der geistlichen Notizen aus dem Sulzer Pfarrhaus war. Pater Alkuin hat mittlerweile in die Salzburger Benediktinerabtei St. Peter gewechselt. Reden will der Gottesmann aber "auf keinen Fall" mehr über die Vorfälle von damals.

Schlafende oder am Handy spielende Mitbrüder

Im Stift selbst ist man durchaus gesprächsbereiter. Man habe keinen Nachlass vernichtet, stellt der neue Archivar, Pater Meinrad Tomann, auf Nachfrage klar. "Lediglich diverse handschriftliche Notizen wurden aussortiert." Ob sich darunter Unangenehmes für die Mitbrüder und das Stift befand? Pater Meinrad: "Das möchte ich nicht ausschließen. Aber es waren auch private Notizen über Mitbrüder. Wer in der Klostersitzung geschlafen hat, wer Handy gespielt hat. Beim Pater Norbert hat man eben gewusst, dass er solche Sachen aufschreibt."

Und deswegen gleich der Rauswurf von Pater Alkuin? "Er hat immer wieder Probleme gemacht. Und zu den Notizen sage ich nichts, wir sind Privatmenschen. Das hat in der Öffentlichkeit nichts verloren." (Markus Rohrhofer, 23.4.2021)