Finanzminister Gernot Blümel erstreckt die Frist für die Rückzahlung gestundeter Steuern.

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Wien – Man konnte es ahnen, doch nun ist es amtlich: Österreich ist in der EU unter den Ländern mit den stärksten Anstiegen bei der Neuverschuldung im Jahr 2020. Das Budgetdefizit ist auf 8,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angeschwollen – im Schnitt der Währungsunion lag die Neuverschuldung laut Eurostat bei 7,2 Prozent.

Insgesamt sind die Schulden der 19 Euro-Länder wegen der Kosten für die Bewältigung der Pandemie um 1,24 Billionen auf 11,1 Billionen Euro angewachsen, das entspricht 98 Prozent der Wirtschaftsleistung der Währungsunion. Besonders hoch verschuldet ist Griechenland. Die Verbindlichkeiten stiegen auf 341 Milliarden Euro, was 205,6 Prozent des BIP entspricht. Italien bringt es auf 155,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. In absoluten Zahlen ist das Land mit 2,57 Billionen so hoch verschuldet wie kein anderes Mitglied der Währungsunion.

Hierzulande stieg der öffentliche Schuldenstand in absoluten Zahlen um 34,8 Milliarden Euro auf 315,2 Milliarden, die Schuldenquote von 70,5 Prozent Ende 2019 auf 83,9 Prozent. Zum Vergleich: Deutschland lag Ende 2020 bei 69,8 Prozent.

Aufschub für Unternehmen

Schulden haben derzeit auch viele Unternehmen beim Staat. Das Finanzministerium hat für Stundungen und Herabsetzungen von Steuervorauszahlungen 5,4 Milliarden Euro gewährt. Ab Juli müssten Betriebe die in der Corona-Krise gestundeten Steuern nachzahlen.

Nun gibt es – zusätzlich zu den schon vorgesehenen Ratenzahlungen – erneut Aufschub, wie Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) erklärt. Firmen, die Liquiditätsprobleme bekämen, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, drei Monate einen symbolischen Betrag zurückzuzahlen. In dieser "Safety Car"-Phase würden 0,5 oder ein Prozent des Gesamtbetrags fällig gestellt. Blümel geht davon aus, dass rund zwei Milliarden Euro an Steuern und Abgaben die heuer anfallen würden, über die kommenden drei Jahre abbezahlt werden.

Reformen und neue Rechtsformen

Rund um die Anmeldungen zum EU-Wiederaufbaufonds habe Österreich auch Reformen bekanntgeben müssen und sich an den länderspezifischen EU-Empfehlungen orientiert. Ein Punkt ist, dass künftig zu hundert Prozent staatsgarantierte Kredite in hybrides Eigenkapital gewandelt werden können, ehe ein Betrieb zahlungsunfähig wird. Damit würde die Eigenkapitalquote erhöht und dem Unternehmen Zeit verschafft, um zurück ins Wirtschaftsleben zu finden. Zudem arbeite das Finanzministerium an einer neuen Gesellschaftsform für leichtere Gründungen.

Man denke da an eine Rechtsform für Unternehmen, bei der Fonds aufgelegt werden, an denen sich viele beteiligen und wo der Ein- und Ausstieg rasch und einfach erfolgen kann. Vorbild für das geplante österreichische Modell sei die Luxemburger Unternehmensform Sicav, bei der die Fonds in Luxemburg beheimatet sind.

Lob für all das gibt es von der Wirtschaftskammer (WKÖ), die in den neuen Schritten einen "wichtigen Teilerfolg" sieht, "weil er den Unternehmen weiterhin eine sinnvolle Liquiditätsstütze verschafft. Wir müssen jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, dass unsere Betriebe weiter wirtschaften und damit Jobs erhalten können", meint WKÖ-Präsident Harald Mahrer. (rebu, 22.4.2021)