Richterinnen und Richter müssen dafür Sorge tragen, dass Verfahren nicht unnötig ausgedehnt werden.

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Wenn staatliche Institutionen schuldhaft einen Schaden verursachen, kann auf Grundlage des Amtshaftungsgesetzes Ersatz verlangt werden. Bei Gerichtsentscheidungen ist das Gesetz aber nur sehr eingeschränkt anwendbar. Der ungewisse Ausgang eines Verfahrens zählt zum Prozessrisiko und kann im Instanzenzug bekämpft werden. Im Fall eines "evident unnötigen Verfahrens" wird der Staat aber nun zur Kassa gebeten. Er muss laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) für einen Teil der Anwaltskosten aufkommen. (OGH 2.3.2021, 1 Ob 204/20m)

Zwei Personen kauften eine Liegenschaft, wollten aber die zweite Rate des Kaufpreises nicht bezahlen, weil Mängel am Grundstück hervortraten. Der Verkäufer bestand dennoch auf dem vollen Preis. Er klagte, gewann das Verfahren und führte schließlich gerichtliche Exekution gegen die Käufer. Dafür sollte die Liegenschaft zwangsversteigert werden. Die Käufer setzten sich mit einer sogenannten "Oppositionsklage" zur Wehr. Sie brachten vor, dass der Verkäufer die später hervorgetretenen Mängel am Grundstück arglistig verschwiegen habe. Das rechtfertige eine Preisminderung.

Unnötige Verfahrenslänge

Es folgte ein zwei Jahre langes Verfahren, in dem Sachverständigengutachten zu den behaupteten Mängeln am Grundstück eingeholt wurden. Letztlich ließ das Gericht die Beweise allerdings liegen und wies die Klage der Käufer aus einem anderen Grund ab: Das Preisminderungsrecht sei kein Einspruchsgrund in einem Exekutionsverfahren – eine Entscheidung, die der Richter schon viel früher hätte treffen können. Die zugrunde liegende Rechtsprechungslinie war laut OGH nämlich schon seit 1997 online im Rechtsinformationssystem abrufbar. Der Richter erfuhr erst im Laufe des zweijährigen Verfahrens davon.

Die Käufer des Grundstücks verloren also den Prozess, verlangten aber in einem weiteren Verfahren vom Staat Ersatz für die unnötig entstandenen Kosten. Der Oberste Gerichtshof gab ihnen nun recht. Die Zivilprozessordnung schütze vor Mehrkosten, die durch "evident unnötige Verfahrensschritte als Folge einer unvertretbaren Gesetzesauslegung entstehen". Richterinnen und Richter müssen dafür Sorge tragen, dass ein Prozess "nicht durch Weitläufigkeit und unerhebliche Nebenverhandlungen ausgedehnt wird".

Für einen Teil der Kosten müssen die Geschädigten aber selbst aufkommen. Durch ihre Beweisanträge haben sie zur langen Verfahrensdauer beigetragen. (japf, 23.4.2021)