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Nicht alle wollen ihren Kinderwunsch auf die lange Bank schieben und kamen zur Sache – ganz nach dem Motto "lieber jetzt, als nie".

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Wegen der Pandemie kommen weniger Kinder zur Welt. Das zeigt eine aktuelle Studie der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Die Demografen haben die Fertilität in 30 Ländern weltweit untersucht. Es zeigte sich, dass die Geburtenzahlen neun Monate nach Ausbruch der Pandemie in keinem Land gestiegen sind. Zum Teil sind sie sogar stark gesunken, etwa in Spanien und Italien. In Österreich gab es zwar schon vor der Corona-Krise leicht rückläufige Geburten, ab November 2020 dann einen aber stärkeren Abfall.

Für den Geburtenknick gebe es mehrere Ursachen, sagen die Forscher. Einerseits Geldsorgen, aber auch gesundheitliche Bedenken. Die Lockdowns machten es zudem für Paare, vor allem für jüngere, schwieriger, einander zu treffen. Außerdem würden sich viele Gedanken machen, wie sie ihr Kind derzeit betreuen lassen können. All das sorge dafür, dass einige den Kinderwunsch auf die lange Bank schieben.

Aber nicht alle wollen das. Wir haben zwei Paare gefragt, wieso sie es trotzdem gewagt haben – und nicht warten wollten, bis die Pandemie vorbei ist. Ein Fazit aus den Gesprächen: Jetzt Eltern zu werden hat nicht unbedingt nur Nachteile.

"Der Kinderwunsch war stärker als alle Sorgen"

"Natürlich ist es schwer auszublenden, dass wir in einer Pandemie sind. Und natürlich macht uns das Sorgen. Zum Beispiel haben wir gelesen, dass sich der verminderte soziale Kontakt auch schon bei sehr kleinen Kindern auswirkt. Uns war klar, dass die ersten Wochen und Monate mit dem Baby jetzt wahrscheinlich anders sein werden als vor der Pandemie. In welche Zeit wird mein Kind hineingeboren? Wie unbeschwert können unsere Eltern, also die Großeltern, dann mit dem Kind zusammen sein? Das sind Fragen, die wir uns stellen.

Auch, wie die Geburt aussehen wird, hat uns beschäftigt. Am Anfang der Pandemie wurden ja die ganzen Horrorgeschichten berichtet. Zum Beispiel, dass Väter nicht mit in den Kreißsaal durften. Das wäre für uns eine Katastrophe – denn da wird einem so viel genommen damit. Aber wir sind zuversichtlich. Soweit wir informiert sind, erlauben mittlerweile alle Krankenhäusern wieder, dass die Papas dabei sind. Wir werden auch unseren Teil beitragen, uns impfen und rund um den Geburtstermin ständig testen lassen.

Aber wir hatten einen Kinderwunsch, der stärker war als alle Sorgen. Außerdem gibt es immer wieder Krisen auf der Welt. Viele Menschen leben in Kriegsgebieten und bekommen trotzdem Kinder. Außerdem sind wir Mitte 30, und für uns war klar: Wir müssen jetzt einmal starten, sonst kann es sein, dass das nichts mehr wird. Wir wollten nicht mehr warten, bis die Corona-Krise vorbei ist.

Unsere Jobs haben wir zum Glück trotz der Krise behalten. Wir arbeiten beide im Sozialbereich – im Projektmanagement und beim Arbeitsmarktservice. Wir hatten durch Corona sogar mehr Arbeit, es war stressiger als in normalen Zeiten. Die viele gemeinsame Zeit, die anderen Paaren zu viel war, hat uns also gefehlt. Erfreulicherweise hat es mit dem Schwangerwerden trotzdem geklappt.

Dass sich jemand wegen Corona gegen das Kinderkriegen entschieden hat, kommt in unserem Freundeskreis nicht vor. Die Babyplanung ist uneingeschränkt. Auch die Frauenärztin hat gesagt, dass sie das Gefühl hat, dass Corona zu vielen Schwangerschaften geführt hat. Nur eine Bekannte meinte, dass es jetzt eine blöde Zeit ist und sie erst noch warten möchte.

Unsere ganz persönliche Meinung: Schlechte Zeiten kommen und gehen. Sie dürfen nicht dazu führen, dass wir stehen bleiben. Denn es wird sich wieder alles zum Besseren wenden."

Nina und Dietmar leben in Vorarlberg. Ihr Kind kommt im September auf die Welt.

"Die perfekte Zeit gibt es nie"

"Manchmal haben wir schon darüber gescherzt, dass wir ein 'Corona-Baby' bekommen. In Wirklichkeit wollen wir aber schon länger ein Kind, und vergangenen Oktober hat es dann geklappt. Wir haben uns total gefreut.

Als Österreich in den ersten Lockdown ging, waren wir noch beim Probieren. Um ehrlich zu sein, hatten wir da schon einige Bedenken, gesundheitliche Bedenken. Wir wohnen direkt neben einem Krankenhaus, und als wir das erste Mal zum Spazieren rausgegangen sind, haben wir uns gefragt, ob das jetzt wirklich eine gute Zeit ist, um ein Kind zu bekommen. Aber es hat sich dann relativ schnell gezeigt, dass das Risiko überschaubar ist, wenn man gewisse Hygienemaßnahmen einhält.

Ab dem Zeitpunkt, wo wir von der Schwangerschaft wussten, waren wir also extrem vorsichtig. Wir haben uns isoliert und wirklich nur beim Spazierengehen Kontakt mit Freundinnen und Freunden gehabt. Auch unsere Familien sehen wir aktuell nur, nachdem wir uns alle haben testen lassen. Es ist immer ein Balanceakt – wie weit kann man gehen, was nimmt man in Kauf, damit ein zumindest ansatzweise normales Leben möglich ist.

Für viele Menschen ist es jetzt eine sehr deprimierende, langweilige Zeit, aber für uns ist es gerade total aufregend. Es verändert sich so viel, und wie sich das Baby entwickelt, ist immer wieder spannend. Gerade hat es angefangen, sich spürbar im Bauch zu bewegen. Bei Telefonaten mit anderen ist das Baby immer das Thema, weil kaum jemand etwas erlebt. Schön wäre es natürlich, wenn man mehr machen könnte und Treffen unkomplizierter möglich wären. Aber wir machen das Beste draus.

Wenn man der Pandemie etwas Positives abgewinnen möchte, ist das sicher die große Akzeptanz des Homeoffice. Das ermöglicht den Vätern auch nach dem Papamonat, nahe dran zu sein und die Partnerin zu unterstützen. Das ist eine Möglichkeit, die es früher nicht gab. Auch in der Zeit nach der Geburt ist es vielleicht gar nicht schlecht, wenn man ein bisschen Ruhe hat und nicht sofort Besuch eintrudelt. Das trägt wahrscheinlich sehr zur Erholung bei.

Bei uns im Freundeskreis bekommen gerade viele Kinder. Ein Paar, dessen Sohn gerade erst ein Jahr alt geworden ist, sogar ein zweites Kind. Sie bekommen also bereits das zweite Corona-Baby. Wenn man das Kinderhaben zu sehr plant, dann verschiebt man es wahrscheinlich immer. Irgendwann muss man es dann einfach durchziehen, weil den perfekten Moment gibt es nicht."

Kathrin und Georg aus Oberösterreich bekommen eine Tochter.