Für die Quizsendung Millionenshow hätten wir eine knifflige Frage: Wie viele Bundespräsidenten gab es seit 1920? Als Joker verrät der Standard die Lösung: Es waren zwölf, beginnend mit Karl Seitz (noch ohne die Funktionsbezeichnung) bis zum aktuellen Staatsoberhaupt, Alexander Van der Bellen. Ein Magazin wie dieses soll sich aber nicht in den Irrwegen heimischer Politgeschichte verlaufen, uns interessiert hier nur die Frage: Welche Fahrzeuge standen den Bundespräsidenten zur Verfügung, um ihre repräsentativen Aufgaben erfüllen zu können?

Ins "letzte Hofauto" lud Kaiser Karl Viktor Adler im Herbst 1918.
Foto: Verein zur Förderung der historischen Fahrzeuge der Österreichischen Automobilfabirken

Das Staatsarchiv stürzte sich in seine Aufzeichnungen der Nachkriegsepoche, 22 verschiedene Modelle von zwölf Herstellern finden sich in der Liste, Mercedes ist Tabellenführer, einige Marken wie Triumph, Packard oder Plymouth sind im Orkus des Vergessens verschwunden. Die Vorkriegsperiode von 1918 bis 1938 – ein weißes Blatt, doch gerade in jenen Jahren konnten heimische Autohersteller den ersten Mann im Staat exklusiv motorisieren.

Michael Hainisch 1926 in Reutte und...
Foto: Ludwig Reiter

Knapp bevor im November 1918 Österreich vom Kaiserreich zur Republik mutiert, kommt der berühmte Kaiserwagen Gräf & Stift, Type 40/45, kurz ins Spiel. Das Prachtstück steht perfekt restauriert in der Schönbrunner Wagenburg. Beim Besuch von Viktor Adler bei Kaiser Karl in Schönbrunn wenige Tage vor dessen Amtsverzicht stellte dieser seinem Gast sein Fahrzeug für die Rückfahrt in die Stadt zur Verfügung. Karls persönlicher Wagen drehte die letzten Meter auf heimischem Boden bei der Fahrt der Kaiserfamilie nach Eckartsau. Per Hofzug ging es dann in die Schweiz, um erst 1974 wieder heimzukehren. Genug zu Habsburg, gewisse Attitüden aus 600 Jahren Herrschaft übertrugen sich allerdings auch auf die Bundespräsidenten, distanzierte Volksnähe etwa war gewünscht.

...Wilhelm Miklas 1930 am zwölften Jahrestag der Republik am Ballhausplatz.
Foto: Austrian Archives (S) / Imago

Bild nicht mehr verfügbar.

Karl Renners Dienstwagen, Baujahr 1933
Foto: Kern / First Look / picturedesk.com
1953: Ankunft Theodor Körners in der Präsidentschaftskanzlei
Foto: Weber Harry / ÖNB-Bildarchiv

Ausfahrten wurden zwar nicht von berittenen Eskorten begleitet, aber ein Autokorso rund um die Präsidentenlimousinen schien vonnöten. Michael Hainisch (Bundespräsident 1920 bis 1928) benützte einen Steyr VII, ein viertüriges Landaulet mit 3,3-Liter-Motor, 50 PS, Spitzkühler und 100 km/h Spitze. In jenen Jahren hatte Ferdinand Porsche bei Steyr das Sagen, für Normalsterbliche war so ein Oberklassefahrzeug fast unerschwinglich. Wilhelm Miklas (1928 bis 1938) dagegen wählte wieder die imperiale Marke Gräf & Stift, das Bild oben rechts zeigt die Einfahrt des Präsidenten am Ballhausplatz im Typ SR 4 (6-Zylinder, 110 PS), die Garde präsentiert, das kaiserliche Zeremoniell feierte Urständ. Die Karosseriefirmen – Gräf stellte nur Motor und Fahrgestell – hatten vor allem eines zu beachten: ausreichende Innenhöhe für Zylinderträger.

Adolf Schärf (Bundespräsident 1957–65) grüßt aus dem Auto.
Foto: Margret Wenzel-Jelinek Margret / ÖNB-Bildarchiv

Neustart

Mercedes war die meistgediente Marke der Staatsoberhäupter: Franz Jonas in Salzburg (1967)...
Foto: Barbara Pflaum / Imago

April 1945, Österreich versuchte den Wiederaufstieg, im Osten etablierten die Sowjets Karl Renner als Chef einer Teilregierung, im Westen herrschte noch Krieg. Ein Chef als Fußgänger? Aus russischer Sicht unmöglich. Blitzschnell wurde ein Mercedes 290, Baujahr 1933, herbeigezaubert, heute würde man dazu vorsichtig Garagenfund sagen. Renner vertraute dem Wagen bis Ende 1945, noch immer läuft diese viertürige Limousine in der Sammlung eines Privatiers. Für den Ex-General Theodor Körner (im Amt 1951 bis 1957) lief die Fahrzeugbestellung nach England. In den Nachkriegsjahren dominierten dortige Marken wie Hillman, Morris, MG, Austin-Healey, Triumph, Rover, Jaguar, Austin, Bentley, um nur einige Beispiele zu nennen. Sie waren trotz Verarbeitungsschwächen beliebt, weil verfügbar. Der adelige General, "von Körner", vertraute einem Humber Super Snipe Mark IV (4,1-Liter-Motor, 113 PS), auch mit Borg-Warner-Automatik lieferbar. Die Präsidentenkutsche elegant schwarz, die Militärversion mit Tarnanstrich wäre für den einstigen Militär unangebracht gewesen.

...Kurt Waldheim am Flughafen Wien 1990.
Foto: B.Gindl / APA-Archiv / picturedesk.com

Dann kehrte wieder Normalität ein, Mercedes wurde uneingeschränkter Dominator des Hofburg-Fuhrparks. Österreich zog im Mercedes 600 Pullman (6,3-Liter-V8, über 5,5 Meter lang) mit Ägypten, Algerien, Ghana, Jordanien, Kuba und Kambodscha gleich, aber auch Herbert von Karajan und Maria Callas wählten das Riesenauto. Dieses Prachtstück, geschätzt von Adolf Schärf und Franz Jonas, läuft noch im Privatbesitz. In den folgenden Jahren dominierte die S-Klasse die Mobilität des Staatsoberhaupts, Baujahr 1993 schaffte sogar 262.500 km mit Präsidentenstandarte.

Und Alexander Van der Bellens BMW 745Le, ein Plug-in-Hybrid.
Foto: BMW

Privat kurvten zum Beispiel Rudolf Kirchschläger und Thomas Klestil im Volvo oder Mini durch Wiener Bezirke, mit Alexander Van der Bellen ist die grüne Welle in der Präsidentschaftskanzlei angekommen: Aktueller Dienstwagen ist ein BMW 745Le – Plug-in-Hybrid, Langversion. (Peter Urbanek, 15.5.2021)