Blaues Licht, sieben große Monitore und zehn Reihen mit vielen Tischen: Die Wiener FPÖ hielt am Sonntag ihren Landesparteitag ab – der eigentlich für letztes Jahr geplant war, damals aber auf Grund der Pandemie abgesagt wurde.

97,86 Prozent Zustimmung

Dominik Nepp, der die Landespartei nach dem Ibiza-Skandal und dem Abgang von Heinz-Christian Strache übernahm, wurde hier nun auch formal als Landesparteiobmann bestätigt, Gegenkandidaten gab es keinen: 98 Prozent stimmten am späten Vormittag für Nepp, derzeit nicht-amtsführender Stadtrat in Wien. Es gab nur acht Gegenstimmen. Die Zufriedenheit mit ihm ist damit trotz des Wahlergebnisses vom Oktober groß. Damals stürzten die Blauen um mehr als 23 Prozentpunkte auf einen Stimmanteil von knapp über sieben Prozent ab.

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Massenveranstaltung während Lockdown

Die Partei betonte die strengen Sicherheitsvorkehrungen für die Massenveranstaltung, während in Wien derzeit bekanntlich ein harter Lockdown gilt: Vor Ort herrschte durch die Hausordnung der Messehalle Maskenpflicht, an die sich auch der Großteil der Delegierten hielt, und Abstand zwischen den Tischen. Außerdem wurde auf das Buffet verzichtet – stattdessen gab es Lunchboxen am Tisch. Ein Coronatest war für die Teilnahme am Parteitag hingegen nicht notwendig. Alle etwa 400 Delegierte nahmen im gleichen Raum Platz.

Dominik Nepp ist seit 2019 designierter Parteichef der Wiener FPÖ.
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Kickl als "Zorro des 21. Jahrhunderts"

Eröffnen durfte die Bundesparteispitze – sowohl Bundesparteiobmann Norbert Hofer als auch Herbert Kickl, Klubchef im Parlament, waren vor Ort. Die beiden demonstrierten Einigkeit, klatschten ab. Zuletzt gab es bekanntlich heftige Debatten, weil Hofer einmahnte, während der Nationalratssitzungen Maske zu tragen – Kickl das aber ablehnte. Am Sonntag war der Klubchef allerdings mit Maske zu sehen. "Das ist gar kein Problem, die Kampfansage ist ja aufgedruckt", sagte er dazu. Auf seiner Maske stand groß in weißen Lettern "Kurz muss weg". Kickl habe mit der Maske regelrecht das Gefühl "ein Zorro des 21. Jahrhunderts zu sein." Ansonsten sprachen die beiden Parteigrößen die Unstimmigkeiten der letzten Tage aber nicht an.

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Den Namen, den niemand nennen will

Sowohl Hofer als auch Kickl lobten Dominik Nepp. Ohne seinen Einsatz wäre "mein Vorgänger", also Strache, nun im Wiener Landtag, sagte Hofer. Der ehemalige Vizekanzler und Parteichef wurde auch von Kickl nicht namentlich genannt, er sprach hingegen von "den Treuelosen" und meinte damit auch jene drei ehemaligen FPÖ-Abgeordneten, die Strache zur "Allianz für Österreich" folgten und den Freiheitlichen den Rücken kehrten. Nepp habe seit der Wien-Wahl für eine Verdoppelung gesorgt, sagte Kickl, und bald werde man die ÖVP wieder überholen. Das müsse das Ziel sein.

Enthüllungen angekündigt

Neben Lobesworten für Nepp stand aber die Bundespolitik im Fokus der Reden von Hofer und Kickl. Hofer kündigte an, dass es im Mai neue "Enthüllungen" geben werde, die vor allem der ÖVP schaden würden. In der Folge werde die FPÖ wieder eine von drei Parteien sein, die zwischen 20 und 30 Prozent liegen. Was für Enthüllungen das sein könnten, darauf ging Hofer nicht weiter ein.

Ende April wird allerdings die Lieferung neuer Rohdaten an den Ibiza-U-Ausschuss erwartet, zum Beispiel nicht strafrechtlich relevante Chats zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Öbag-Vorstand Thomas Schmid. Interne Zerwürfnisse könnten deswegen erwartet werden, weil die beiden auch über andere ÖVP-Politiker schrieben – nicht immer in den freundlichsten Worten.

Rundumschlag von Nepp

Auch Nepp selbst ließ in seiner Rede kein gutes Haar an der Bundesregierung, vor allem was die Corona-Politik betrifft. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) seien ein "toxisches Duo", dieser Regierung müsse man den "Laufpass statt Impfpass" verpassen, denn viele Regeln würden einfach keinen Sinn ergeben. Nepp fällt dazu ein Beispiel ein: "Wenn man zum Zahnarzt oder ins Krankenhaus will dann braucht man keinen Test, wenn man ins Gasthaus will, dann schon."

Kurz – "kinderlos und Einzelkind" – habe offenbar in seiner Jugend keine Freunde gehabt. "Darum hat man ihm zu Weihnachten einen Bumerang geschenkt, aber nicht einmal der ist zurückgekommen". Seinen Frust lasse der Kanzler nun bei der Bevölkerung aus.

Ludwig als "Totengräber"

Die Freiheitliche Partei sei die einzige, die noch "gemeinsam mit der Bevölkerung marschiert." Man stehe für sachliches Hinterfragen der Corona-Maßnahmen, aber auch für vehemente Kritik, sagte Nepp. "Auch wenn unser Mund verhüllt ist, wir lassen uns den Mund nicht verbieten. Unsere Gedanken sind frei." Ausführlich kritisiert wurde von Nepp auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Dieser sei der "Totengräber der Wiener Wirtschaft und Gesellschaft", und habe einen Wandel vom "Schanigartenmacher zum Lockdownjünger" vollzogen.

Ein unbeliebter Job

Harald Stefan, Nationalratsabgeordneter der FPÖ, meldete sich nach der Rede Nepps noch zu Wort, "als Zeitzeuge der letzten eineinhalb Jahre." Stefan sprach dabei viele Dinge aus, die bis dahin auf großer Bühne ausgespart wurden: Etwa die "katastrophale Wahlniederlage." Niemand habe Nepp beneidet, als er die Landespartei von Strache übernahm, sagte Stefan. Viele hätten ihm den Wahlkampf, insbesondere die Medienauftritte, auch nicht zugetraut, gab er einen weiteren Einblick in die gebeutelte freiheitliche Partei nach dem Ausscheiden von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus.

Spesenaffäre noch nicht abgeschlossen

Nepp war bis zum Mai 2019 Landesfinanzreferent der FPÖ. Das ist auch deswegen wichtig, weil im Zuge der Spesen-Affäre – in der Causa geht es um den Vorwurf, Strache habe private Ausgaben als Parteispesen abgerechnet und so die FPÖ geschädigt – nicht nur Strache, sondern auch Nepp und zehn weitere Personen als Beschuldigte gelten. Der jetzige Finanzreferent der Wiener FPÖ, EU-Mandatar Harald Vilimsky, konnte aufgrund der anhaltenden Ermittlungen auch keinen fertigen Finanzbericht präsentieren. Man sei aber jedenfalls schuldenfrei, sagte er am Sonntag.

Werdegang von Nepp

Seine politische Karriere startete Nepp im Jahr 2000 beim Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ). Seit der Wiener Gemeinderatswahl 2010 ist er Abgeordneter zum Wiener Landtag und Gemeinderat, 2018 löste er Johann Gudenus, der in die Bundespolitik wechselte, als Vizebürgermeister und nicht-amtsführender Stadtrat ab. Der 39-Jährige hat zwei Kinder und ist verheiratet. Er ist Mitglied der schlagenden akademischen Burschenschaft Aldania.

ÖVP sieht Scheinheiligkeit

"Scheinheiligkeit und den puren Egoismus" in Kickls Auftritt ortete ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz in einer Aussendung. Auf Corona-Leugner-Demonstrationen biedere sich Kickl an Rechtsextreme an, "aus Gründen der Inszenierung und aus Liebe zu seinen Parteifreunden" trage er dann doch Maske. Dieses Vorgehen verdeutliche die "Rücksichtslosigkeit" Kickls gegenüber den Kollegen im Parlament, wo der blaue Klub seit Monaten für Ärger sorgt, weil keine Masken getragen werden. (Lara Hagen, 25.4.2021)