Wasserstoff ist nicht gleich Wasserstoff. Nur der grüne ist in Zeiten des Klimawandels der gute. Der ist in der Erzeugung aber noch sehr teuer.

Foto: imago

Er gilt als Problemlöser, wo andere Technologien versagen: Wasserstoff (H2). Namentlich beim Umbau des Energiesystems von fossil auf erneuerbar ist ihm eine entscheidende Rolle zugedacht, soll er doch Überschussstrom aus dem Sommer in die kalten Wintermonate transferieren helfen.

Gemäß der herrschenden Farblehre ist aber nur grüner Wasserstoff nachhaltig. Grün bedeutet in dem Zusammenhang, dass der Wasserstoff mit Energie aus erneuerbaren Quellen, sprich Wind oder Sonne, erzeugt wird. Dieser ist aber um den Faktor fünf bis sieben teurer als konventionell hergestellter Wasserstoff, der heutzutage den Löwenanteil ausmacht. Dabei unterscheidet man zwischen blauem und grauem Wasserstoff.

Grün, blau, grau, die Farben des Wasserstoffs

Als blau wird Wasserstoff bezeichnet, wenn bei seiner Erzeugung zwar Kohlendioxid (CO2) entsteht, dieses aber abgeschieden und gespeichert wird. Grauer Wasserstoff wird dagegen aus fossilen Quellen gewonnen, zum Beispiel in der chemischen Industrie aus Erdgas. Dabei entstehen erhebliche Mengen CO2, die in die Atmosphäre gelangen. Um die Erderhitzung abzubremsen, ist das folglich kein gangbarer Weg. Bleibt also grüner Wasserstoff.

"Strategy&", der Strategiearm der Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers (PwC), hat untersucht, unter welchen Bedingungen grüner Wasserstoff wettbewerbsfähig werden könnte und bis wann. Fazit: Bis 2030 ist das unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dazu gehören die Stimulierung der Nachfrage nach kohlenstoffarmem Wasserstoff bis zu einer ausgebauten Infrastruktur sowie möglichst tiefe Preise bei erneuerbaren Energien, um den grünen Wasserstoff kostengünstig herstellen zu können. Selbstredend sei ein möglichst hoher CO2-Preis von Vorteil, weil fossile Energien damit schneller aus dem Markt gedrängt würden.

Stromkosten fallen stark ins Gewicht

"Man braucht große Erzeugungskapazitäten für erneuerbare Energien zu niedrigen Kosten, damit grüner Wasserstoff konkurrenzfähig wird", erläutert Michael Sponring, Direktor bei PwC Österreich, im Gespräch mit dem STANDARD. Aktuell machte die im Herstellungsprozess aufzuwendende Elektrizität 60 bis 70 Prozent der variablen Kosten von grünem Wasserstoff aus. Wenn die Stromgestehungskosten bei erneuerbaren Energien nachhaltig auf unter 16,50 Euro die Megawattstunde sinken, was in Teilen des Mittleren Ostens schon der Fall ist, und CO2 gleichzeitig höher bepreist wird, könnte grüner Wasserstoff schon 2030 in großen Mengen wettbewerbsfähig sein.

Die weltweiten Klimaschutzbemühungen dürften den Markt für grünen Wasserstoff jedenfalls kräftig beleben. Der globale Wasserstoffbedarf wird laut Studie von 71 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf 88 Millionen Tonnen 2030 steigen und 2040 bei 137 Millionen Tonnen liegen. Der Anteil von grünem Wasserstoff beträgt derzeit drei bis vier Prozent, der Rest wird großteils mittels Erdgas durch Dampfreduktion hergestellt, direkt am Ort des Verbrauchs, vorzugsweise in Raffinerien oder in der chemischen Industrie.

Zahlreiche Pilotptrojekte für grünen Wasserstoff

Wasserstoff wird laut der Studie vor allem in der Transportbranche (30 Prozent), in der Stahl- und Chemieindustrie (15 Prozent) und in der Energieerzeugung (15 Prozent) genutzt. Der Rest verteilt sich auf verschiedene andere Sektoren, darunter Gebäude.

"Es gibt einen bunten Strauß an Wasserstoffpilotprojekten in Deutschland, in Summe stehen dafür rund 13 Milliarden Euro an Fördermitteln zu Verfügung, sagt Dirk Niemeier, Direktor bei Strategy& Deutschland. Im Gegensatz zu Deutschland lässt Österreichs Wasserstoffstrategie noch auf sich warten. Sie soll demnächst vorgestellt werden, heißt es im Energieministerium.

Einzelne Pilotprojekte gibt es auch hierzulande, namentlich jenes mit EU-Geld geförderte der Voestalpine in Linz zur Dekarbonisierung der Stahlerzeugung.

(Günther Strobl, 26.4.2021)