Friseursalons mussten in den vergangenen Monaten lange schließen. Das hat vor allem selbstständige Frauen betroffen. Sie sind – neben der Gesundheitsbranche – häufig in personenbezogenen Dienstleistungen tätig.
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Die Friseurin mit zwei Angestellten, die im vergangenen Jahr über Monate hinweg im Lockdown ihren Salon schließen musste. Der stationäre Händler, der im Lockdown einen Onlineshop aufgebaut hat und nun vermehrt dort seine Ware verkauft, und die IT-Dienstleisterin, deren Expertise zu Beginn der Krise besonders gefragt war – und die nun beide nicht wissen, wie nachhaltig die Nachfrage auch für die Zukunft ist. Oder der Schauspieler, dessen Job in der Krise fast gänzlich zum Erliegen gekommen ist: Selbstständige haben in der Corona-Krise mit großen Unsicherheiten zu kämpfen.

Und auch wenn es jetzt mit den Impfungen und für Mai angekündigten Öffnungsschritten Licht am Ende des Tunnels gibt, kann man vielfach noch nicht sagen, wie es für Selbstständige weitergeht. Zu viel hängt von der weiteren Entwicklung ab. Etwa ob der Tourismus rasch anläuft und der Bauer seinen Ziegenkäse bald wieder an die Pension im Ort verkaufen kann.

Doch was lässt sich bereits sagen? Wem geht es gut, wem schlecht? Das Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) hat nun erstmals Zahlen ausgewertet, wie es den Selbstständigen im Vorjahr ergangen ist. Die zentrale Erkenntnis: Die Krisenbetroffenheit lässt sich nur teilweise in einem Rückgang der Beschäftigung ablesen. Ebenso ist noch unklar, wie stark die Einkommen eingebrochen sind.

Staatliche Unterstützung

In Zahlen ausgedrückt heißt das: Laut den Sozialversicherungsdaten waren im Jahresdurchschnitt 2020 485.848 Personen selbstständig. Das sind um 0,7 Prozent weniger als 2019. Die Studienautoren Julia Bock-Schappelwein, Marian Fink, Christine Mayrhuber und Silvia Rocha-Akis erklären den geringen Rückgang damit, dass die meisten weiter berufstätig bleiben und sich nicht von der Sozialversicherung abmelden, um staatliche Unterstützung zu erhalten.

Wie viele solche Hilfen bezogen haben, wie hoch die Summen waren und wie sehr sie Umsatzeinbrüche kompensierten, könne gegenwärtig auch noch nicht gesagt werden. Laut einer Umfrage der Uni Wien bezeichnet in der Frühphase der Krise fast die Hälfte der Selbstständigen die finanzielle Unterstützung als unzureichend. Demnach erwarteten mehr als die Hälfte der EPUs, dass der Härtefallfonds nur ein Fünftel ihres Einkommensverlusts ausgleichen wird.

Dennoch sehe man in Nuancen, wo es bei den Selbstständigen hakt, sagt Bock-Schappelwein. Wie auch bei den unselbstständig Beschäftigten hat sich auch bei den selbstständigen die bereits bestehende Ungleichheit durch Corona verstärkt. "Man sieht deutliche Unterschiede zwischen Soloselbstständigen und Selbstständigen mit Beschäftigten, nach Altersgruppen und Ausbildung." Zudem leben Selbstständige häufiger mit ebenfalls selbstständigen Partnerinnen und Partnern zusammen. Mehr als ein Drittel davon sind auch in der gleichen Branche tätig. Je stärker ein Haushalt von Selbstständigeneinkommen abhängt, desto höher seien die Einkommenspolarisierung und das Armutsrisiko, wissen die Wifo-Ökonomen.

Branchen- und Geschlechterunterschiede

Eine weitere Nuance zeige sich bei den Branchen: Selbstständige in Kunden- und Kontaktintensiven Bereichen sind naheliegenderweise von den Lockdowns stark betroffen. Also im Tourismus, Verkehr, im Bereich persönliche Dienstleistungen, Kunst und Kultur sowie Unterhaltung und Sport. Weniger krisengeschüttelt sind jene, die weiter remote arbeiten können – wie zum Beispiel in den Bereichen Information und Kommunikation sowie in freiberuflichen und wissenschaftlichen Dienstleistungen.

Aufgrund dessen ergeben sich auch Geschlechterunterschiede: Frauen sind stärker betroffen, weil sie am häufigsten selbstständig im Gesundheitswesen arbeiten, und zwar größtenteils in der 24-Stunden-Betreuung. Zu Beginn der Krise konnten viele ausländische Pflegerinnen nicht einreisen, oder Angehörige übernahmen die Pflege. Ebenso sind Frauen vielfach als Friseurin oder Kosmetikerin in personenbezogenen Diensten tätig, gefolgt von Tourismus, Sachgütererzeugung, Handel und freiberuflichen Tätigkeiten. Selbstständig erwerbstätige Männer sind außerhalb der Land- und Forstwirtschaft größtenteils im Tourismus tätig, gefolgt vom Bauwesen, freiberuflichen Dienstleistungen, Handel, Sachgütererzeugung und Gesundheitswesen.

Wie sich Corona in den nächsten Monaten auf die Selbstständigen in diesen Wirtschaftszweigen auswirkt, ist abzuwarten. Vielen bleibt damit weiterhin nur, nach dem Prinzip Hoffnung zu wirtschaften. (set, 26.4.2021)