Margarete Schramböck interpretiert die Gesetzesnovelle als eine Anpassung an andere EU-Länder.

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Wien – Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) soll einer Berichtspflicht unterworfen werden. Das geht aus einer am Freitagabend in Begutachtung geschickten Kartellrechtsnovelle hervor. Solche Berichtspflichten sorgten zuletzt in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) für Kritik von Juristen. Eine Sprecherin von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) verteidigte die Pläne. Es sei lediglich eine Anpassung an die Praxis in anderen EU-Ländern.

In dem Gesetzesentwurf heißt es: "Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hat das Recht, sich jederzeit über alle Gegenstände der Geschäftsführung und Aufgabenerfüllung der Bundeswettbewerbsbehörde zu unterrichten. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort unverzüglich und auf Verlangen schriftlich alle diesbezüglichen Anfragen zu beantworten", soweit dies nicht der Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde nach EU-Recht widerspreche.

"Oberste Betriebsanwältin"

Die BWB ist nicht wie andere Ermittlungsbehörden dem Justizministerium, sondern dem von Schramböck geleiteten Wirtschaftsressort unterstellt. In der Vergangenheit hat es immer wieder Beschwerden von Firmen gegen die Strenge der Kartellwächter gegeben. Schramböck hatte sich zuletzt als "oberste Anwältin der Betriebe" bezeichnet.

2013 und 2015 wurden etwa die Supermarktriesen Spar und Rewe zu Geldstrafen in zweistelliger Millionenhöhe verurteilt, weil sie die Preise für Milch, Bier und andere Lebensmittel durch Preisabsprachen hochgehalten hatten.

BWB war nicht involviert und informiert

Der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde, Theodor Thanner, gab sich am Montagvormittag überrascht vom Gesetzesvorhaben der Regierung. Mit der Behörde selbst habe im Vorfeld des Entwurfs niemand geredet, man werde den Entwurf nun einmal analysieren, sagte er auf Anfrage des STANDARD. Sollte es stimmen, dass sich das Wirtschaftsministerium künftig über die gesamte Gestion der BWB informieren lassen könne (wie oben dargestellt; Anm.) , dann seien davon auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen, so Thanner.

Denn die liegen derzeit bei der BWB auf, da gehe es etwa um sensibles Zahlenmaterial wie Marktanteile der betroffenen Unternehmen. Bei der BWB seien die gut aufgehoben, meint Thanner. Er weist auch darauf hin, dass das "Gebaren" der BWB auch Hausdurchsuchungen umfasse – die dann wohl auch gemeldet werden müssten. Laut aktueller EU-Richtlinie (European Competition Net plus; ECN plus) sei eigentlich vorgesehen, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden unabhängiger gestaltet werden müssen.


Müll und Bau

Aktuell ermittelt die BWB gegen ein Mega-Baukartell, das von 2002 bis 2017 bestanden haben soll. Beteiligt gewesen sein sollen über 40 Baufirmen in ganz Österreich, von Strabag und Porr abwärts. Auch einem Müllkartell sind die Wettbewerbshüter auf der Spur.

Schramböck will am Montag zu Mittag über die Eckpunkte der Novelle informieren. Zu der geplanten Berichtspflicht erklärte eine Pressesprecherin der Ministerin auf APA-Anfrage, dass dies lediglich eine Anpassung an die Praxis in anderen EU-Ländern, etwa in Deutschland, sei. Die BWB hatte demnach bisher mehr Freiheiten als die Kartellbehörden in anderen Ländern. Es sei im Interesse des Staates zu wissen, woran die BWB arbeite, so die Sprecherin. (APA, gra, 26.4.2021)

Der Artikel wurde um 11.20 Uhr um die Stellungnahme von BWB-Chef Thanner ergänzt.