In einigen europäischen Ländern darf auch in Apotheken geimpft werden, wie hier im französischen Nizza.

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Der Ärztekammerpräsident hat zu diesem Thema eine klare Meinung: "Die Apothekerschaft möge bitte schön bei ihrem Leisten bleiben." Sprich: Pillen verkaufen. Kammerchef Thomas Szekeres ist jedenfalls ziemlich ungehalten über den Vorstoß der anderen Kammer, eben jener der Apotheker, die jetzt auch am Impfgeschehen teilhaben möchte und sich anbietet, ebenfalls Covid-Impfungen durchzuführen.

Apothekerkammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr hatte zuletzt betont, die Apotheken stünden "sofort parat, um die Schlagzahl der Impfungen zu erhöhen". Dass die Apotheken mehr könnten, als nur Medikamente zu verkaufen, hätten sie schon bei den in kürzester Zeit organisierten Tests bewiesen, argumentierte Mursch-Edlmayr.

Apotheken verfügten über "akademisch ausgebildetes Personal". Beratungen auch über die Corona-Impfungen gehörten schon jetzt zum Tagesgeschäft. Und außerdem: Das praktische Impfen sei in wenigen Tagen erlernbar. Der Blutdruck des Ärztekammerpräsidenten stieg daraufhin einigermaßen an: "Impfen gehört mehr denn je in die Hände von Profis. Apothekerinnen und Apotheker haben eine wichtige Kernaufgabe als Partner der Ärzteschaft bei der Bereitstellung der von Ärztin oder Arzt verschriebenen Medikamente – darauf sollten sie sich konzentrieren." Niemand brauche "sinnlose Experimente bei der Impfleistung", grollte Szekeres. "Schnellsiedekurse für Laien" würden nicht ausreichen.

Schnellsiedekurs

Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, legte noch ein Schäufelchen nach: "Die Präsidentin der Apothekerkammer möge sich bitte mit den Anforderungen beschäftigen, die an Ärztinnen und Ärzte während ihres Studiums und im Berufsleben bei den verpflichtenden Fortbildungen gerichtet werden. Wer glaubt, dass diese Ausbildung durch einen tageweisen Schnellsiedekurs für Laien ersetzt werden kann, zeigt zum einen ein verblüffendes Maß an Realitätsverkennung und gefährdet zum anderen in höchstem Maße die Sicherheit der Patientinnen und Patienten. Denn Impfen ist mehr als nur ein Stich." Das Angebot der Kammer sei weder notwendig noch gewünscht.

Loch durch die Haut

Und auch in den Bundesländern grollten die Standesvertreter der Ärzte. Der Vizepräsident der steirischen Ärztekammer, Dietmar Bayer, wirft den Apothekern in einem Posting als Motiv ihres Angebots "wirtschaftliche Interessen" vor. "Impfen ist mehr als nur ein Loch durch die Haut stechen. Es gilt, die Impftauglichkeit festzustellen, dafür fehlt dem Apotheker einfach die Voraussetzung, da helfen ein paar Wifi-Kurse in Hygiene und Biologie nicht drüber hinweg."

Die Apothekerkammer reagiert auf Nachfrage des STANDARD relativ gelassen: Jüngste Umfragen zeigten, "dass ein großer Wunsch der Menschen besteht, auch Apothekerinnen und Apotheker bei bestimmten Impfungen miteinzubeziehen. Bei der dafür notwendigen Fortbildung handelt es sich um eine zulässige Weiterbildung im Rahmen des Apothekerberufes. Umfang und Inhalte orientieren sich eng an Fortbildungen aus Ländern, in denen Apothekerinnen und Apotheker teilweise seit vielen Jahren impfen und schon Millionen Impfungen erfolgreich verabreicht wurden." Tatsächlich wird in etlichen europäischen Staaten wie Frankreich oder Portugal auch in Apotheken geimpft.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hält sich im Impfstreit der Kammern noch zurück: Aktuell werde am Impfsystem nichts geändert. Aber grundsätzlich sollte man sich "schon die Frage stellen, wo welche medizinische Leistung angeboten wird". (Walter Müller, 27.4.2021)