Das Klassenzimmer soll so sicher wie möglich sein, wenn dort wieder Vollbetrieb herrschen soll, fordert die Initiative sichere Bildung.

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"Wir denken, es ist an der Zeit, die Kinder vor Infektion, psychosozialer Belastung und Isolation zu schützen", lautet einer der ersten Sätze eines offenen Briefes von Medizinern und Medizinerinnen, Eltern, Großeltern sowie Lehrerinnen und Lehrern, die sich in den vergangenen Wochen zur "Initiative sichere Bildung" zusammengefunden haben. Das Schreiben ging am Dienstag an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Die Forderung der 65 Erstunterzeichnenden ist kurz zusammengefasst eine "wissenschaftlich basierte Vorgehensweise beim Infektionsschutz in Schulen und Kindergärten", um Kinder und Jugendliche, Lehrpersonal und ungeimpfte Eltern bestmöglich zu schützen. Das Schreiben ging in Kopie auch an alle Landeshauptleute und den Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Virus nicht laufen lassen

Die Verfasserinnen und Verfasser, unter ihnen auch Intensivmediziner, die selbst Eltern sind, betonen dabei, dass sie nicht gegen Schulöffnungen sind. Doch der nun in der Politik vorherrschende Kanon, die Vulnerablen sind geschützt, jetzt könne man "das Virus laufen lassen", ist für Mütter wie Simone Feichtner, eine der Initiatorinnen des Briefs, nicht akzeptabel, wie sie im STANDARD-Gespräch erklärt: "Wir wollen ja, dass unsere Kinder in die Schule gehen, Bildung bekommen, aber wir sehen nicht ein, dass Tools, die bereits vorhanden sind, nicht für ihre Sicherheit zum Einsatz kommen."Konkret beruft sich die Initiative sichere Bildung hier auf das "Konzept zur Weiterentwicklung des Monitorings der Covid-19-Pandemie an Österreichs Schulen" der Covid-19-Future-Operations-Plattform, das Wissenschafter und Wissenschafterinnen, unter ihnen Michael Wagner und Niki Popper, im März ausgearbeitet haben. Vor allem bei den Tests will man eine Verbesserung.

PCR-Tests

Diese sollen mindestens dreimal pro Woche durchgeführt werden, wobei statt der unsicheren Antigen-Schnelltests PCR-Gurgeltests und PCR-Lollitests bundesweit ausgerollt werden sollen. Solange dies nicht möglich gemacht wird, soll es keinen Vollbetrieb an den Schulen geben." Wir wollen, dass die Kinder auch getestet werden, bevor sie in die Schule gehen, und nicht erst, wenn sie dort schon andere angesteckt haben", sagt Feichtner. Im Papier der Future-Operations-Plattform wird zudem die "parallele Testung aller Haushaltsmitglieder als sehr sinnvoll" angesehen, sie erweitere "den Schutz für das Sozialsystem Schule, da dadurch typische Infektionsketten unterbrochen werden können". Ebenfalls durch dieses Konzept inspiriert ist die Forderung der Eltern und Medizinerinnen nach mobilen Raumluftreinigern, die von den Wissenschaftern der Future-Operations-Plattform als "einfach realisierbare Maßnahme" beschrieben werden, welche "im Idealfall die Viruslast derart verringern" könnte, "dass indirekte Infektionen kaum mehr möglich sind". Für Feichtner und ihre Mitstreiter und Mitstreiterinnen klingt das vielversprechend, und "das sollten unsere Kinder dem Staat auch wert sein, sie haben jetzt genug mitgemacht und auf genug verzichtet. Niemand kann wollen, dass sie oder ihre Eltern jetzt noch in Quarantäne müssen oder sogar schwer erkranken."

Konsequente Kontaktregel

Weitere Forderungen aus dem Brief sind Maskenpflicht für alle Schülerinnen und Schüler gemäß der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und konsequentere Kontaktregelungen bei positiven Fällen in der Gruppe bzw. Klasse. Der Mathematiker Erich Neuwirth sieht die Forderungen des offenen Briefs als wichtig, da ihm die aktuellen Zahlen bezüglich der Schulpflichtigen Sorge bereiten. "Die Inzidenz der Altersgruppe fünf bis 14 ist unmittelbar nach den Osterferien der Schulen in den Bundesländern ohne Lockdown deutlich gestiegen", sagt Neuwirth, "mittlerweile ist sie zwar wieder etwas gesunken, aber immer noch höher als in den Altersgruppen ab 25. Das betrifft nicht nur die Schülergeneration, denn Infektionen der Kinder führen natürlich auch zu Übertragungen auf Eltern und Großeltern."

Grundrecht Gesundheit

Man fürchte sich auch vor den noch nicht erforschten Folgen wie Long Covid sowie neuen Mutationen des Coronavirus, die Kindern und Jugendlichen mehr schaden könnten als bisher bekannt. "Das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit (Artikel 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) ist mit keinerlei Form einer Durchseuchung zu vereinbaren", heißt es abschließend in dem offenen Brief. Auch wenn sich "manch Verantwortlicher sicher" sei, dass die Infektionen bei Öffnungen steigen, sei doch eigentlich gemeint, dass es sich "vor allem um Infektionen bei Kindern handelt". Doch so weit müsse es, ist sich die Initiative sicher, nicht kommen, "wenn jetzt adäquat reagiert wird".

Am Dienstagabend stellte die Initiative auch eine Petition mit ihren Forderungen online.

(Colette M. Schmidt, 27.4.2021)