Nagelsmann folgt Flick, Flick könnte Löw folgen, und wer folgt Nagelsmann? Unter anderem Salzburg-Trainer Jesse Marsch soll dafür im Gespräch sein.

Foto: Christof STACHE/AFP

Mit dem guten Gefühl seines erfüllten "Lebenstraums" vom FC Bayern München ließ sich Julian Nagelsmann am frühen Dienstagnachmittag leichten Herzens auf die Frage nach der Weltrekordablöse ein. "Was macht die mit mir? Nicht allzu viel", sagte der Shootingstar der deutschen Trainerszene gut gelaunt über die aberwitzige Summe von bis zu 25 Millionen Euro, die der Rekordmeister für ihn an RB Leipzig überweist.

"Ein Mensch", betonte der 33-Jährige, sei so viel Geld ohnehin "nicht wert". Und nein, "mir ist jetzt nicht angst und bange, die Summe habe nicht ich hingeschrieben". Sondern RB Leipzig, den Nagelsmann im Zuge einer spektakulären Trainer-Rochade "schweren Herzens" verlässt. "Für andere Klubs hätte ich diesen Vertrag nicht beendet."

Doch die Verlockung München, wo er bis 2026 unterschreibt, war zu groß. Er habe "nie einen Hehl daraus gemacht", dass ihn der Job dort reize, sagte Nagelsmann. Das Engagement in München, wo Ehefrau Verena mit den beiden Kindern im Umland lebt, sei "etwas sehr Spezielles" und eine "vielleicht einmalige Gelegenheit".

DFB verhandelt mit Flick

Er folgt im Sommer auf Alles-Gewinner Hansi Flick (56), dessen Wunsch nach Auflösung seines bis 2023 laufenden Vertrags die Bayern erfüllten und den es als Nachfolger von Bundestrainer Joachim Löw zum deutschen Fußballbund zieht. Passend dazu erklärte der DFB am Dienstag, dass man in Verhandlungen mit Flick und Bayern gehe. Es sei bekannt, dass Flick ein hervorragender Kandidat als Bundestrainer sei. "Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zum weiteren Verfahren, das wir in aller Sorgfalt und Ruhe zunächst mit allen Beteiligten intern abstimmen, aktuell nicht weiter äußern werden", heißt es in der Mitteilung weiter.

Stahlbad an der Isar

Bayern-Vorstand Oliver Kahn ist indes "überzeugt, dass wir die sportliche Zukunft zusammen mit Julian Nagelsmann sehr erfolgreich gestalten werden".

Dass er an der Isar in ein Stahlbad tauchen wird, ist Nagelsmann bewusst und egal. Einen Titel hat er als Profitrainer zwar noch nicht gewonnen, dennoch scheint er wie gemacht für den ruhmreichen FCB. Nagelsmann macht Spieler besser. Und er konzentriert sich sehr zur Freude der Bayern-Bosse lieber auf seine Kernaufgaben, anstatt sich mit seinen Vorgesetzten in Transferfragen anzulegen.

Nagelsmann stammt aus dem oberbayerischen Landsberg am Lech, Spieler in Leipzig begrüßte und verabschiedete er gerne mit den in und um München gebräuchlichen Wendungen "Griaß di" und "Pfiat di". Seine "Liebe zur Weißwurst", sagte er kürzlich, sei "ungebrochen. Das Gleiche gilt für meine Liebe zu den Bergen."

Leipzig: Drei Kandidaten, zwei mit Österreich-Bezug

Leipzig, eher im Flachland gelegen, konzentriert sich bei der Suche nach einem Nachfolger auf drei Kandidaten. Man habe eine Shortlist mit "drei interessanten Trainern" erstellt, sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff. "Es ist aber noch nichts entschieden."

Als Favorit gilt Red-Bull-Salzburg-Trainer Jesse Marsch. Mintzlaff erwähnte ihn namentlich, dementierte aber eine Einigung. Der US-Amerikaner wäre die logische Wahl, er kennt die Mechanismen, den Stallgeruch, stammt aus der Familie. Marsch hat in Salzburg einen Vertrag bis 2022, ohne Ausstiegsklausel, was wurscht wäre. Er selbst hielt sich zurück, sein Fokus liege auf Salzburg. "Wir bleiben mit unserer Konzentration bei unserer Aufgabe." Allerdings sagte er vor ein paar Tagen: "Wenn ich die Möglichkeit als Trainer in Leipzig haben kann, dann ist es eine super Idee." Weitere Kandidaten dürften Oliver Glasner (der Österreicher hat in Wolfsburg in erster Linie Erfolg) und Stuttgarts Pellegrino Matarazzo sein.

Der neue Coach werde die von Nagelsmann etablierte Philosophie "nicht auf links drehen", sagte Mintzlaff. An den Ambitionen ändere sich wenig. "Wir werden die Lücke schließen. Wir sind überzeugt, dass wir Kompetenz zu uns holen. Julian hat Großartiges geleistet und muss auch noch liefern. Dann dreht sich das Rad weiter." In der nächsten Saison werde es einen "Angriff auf Julian und den FCB" geben

Rationale Entscheidung

Die Freigabe für Nagelsmann verteidigte Mintzlaff als die "rational beste Entscheidung". Man habe in den Verhandlungen eine "massiv hohe Ablöseforderung" gestellt, die der FC Bayern erfüllt habe. Eine konkrete Summe bestätigte Mintzlaff nicht. "Es ist aber so, dass wir das, was kolportiert wird, zumindest nicht dementieren."

Der Wechsel von Andre Villas Boas vom FC Porto zu Chelsea vor zehn Jahren galt bisher als Rekord. Von 15 Millionen Euro war damals die Rede. Auf Platz fünf in diesem Ranking liegt übrigens der Vorarlberger Adi Hütter. Borussia Mönchengladbach überweist Eintracht Frankfurt 7,5 Millionen. (hac, red, sid, APA, 27.4.2021)