Tiefgreifende Diskussionen mit dem Pfizer-Chef waren von der Leyens Erfolgsstrategie.

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Pfizer-Chef Albert Bourla im Belgien-Werk mit der EU-Kommissionspräsidentin.

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Albert Bourla ist seit Monaten ein sehr gefragter Mann: Staats- und Regierungschefs, gekrönte Häupter sowie Leiterinnen und Leiter großer Unternehmen kontaktierten den Pfizer-Chef, um an Impfdosen zu gelangen. Nun dürfte der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen diese Woche der größte Deal mit dem Pharmaunternehmen gelingen. Die Union wird sich vertraglich 1,8 Milliarden Dosen des Covid-19-Impfstoffs sichern, den Pfizer gemeinsam mit Biontech herstellt: 900 Millionen Dosen bis 2023 sowie eine Option auf weitere 900 Millionen. Die EU darf die erworbenen Dosen sowohl weiterverkaufen als auch spenden, was Vakzin-Diplomatie im Zeichen Chinas, der USA oder Russlands ermöglicht.

Wie dieses Übereinkommen zustande kam, das die EU zum größten Pfizer-Kunden machen wird, hat die "New York Times" in Interviews mit Bourla, von der Leyen und anderen hohen EU-Vertretern rekonstruiert. Der Pfizer-Chef spricht zum einen von einer engen Verbindung mit der Kommissionspräsidentin, die sich seit Jänner durch Telefonate und Textnachrichten aufgebaut habe. Die beiden hätten "ein tiefes Vertrauen zueinander aufgebaut, weil wir tiefgreifende Diskussionen geführt haben", sagt Bourla. Von der Leyen habe Details zu den Virusvarianten gewusst und zu allen Aspekten etwas hinzufügen können: "Das hat die Diskussion einnehmender gestaltet."

Hartes Quartal

Den Kontakt zueinander aufgenommen hatten die Präsidentin und der Pharmaboss, als es Lieferengpässe von Pfizer/Biontech ging, obwohl das Werk in Belgien ausgebaut wurde. Bereits im November hatte die EU einen Deal über 200 Millionen Dosen mit dem Unternehmen gesichert, inklusive der Option auf 100 Millionen weitere.

Von der Leyen und Bourla blieben in Kontakt, der Unternehmenschef erzählte schließlich von der Möglichkeit, dass Pfizer doch mehr Dosen liefern könnte. Die EU-Kommissionspräsidentin zeigte sich stark interessiert. Im Interview mit der "New York Times" gibt von der Leyen an, dass sie damit gerechnet habe, dass das erste Quartal 2021 in Sachen Impfstoffbeschaffung hart werden werde. Doch als Astra Zeneca, jenes Unternehmen, auf dessen Vakzine die EU hauptsächlich gesetzt hatte, seine Lieferungen um 75 Prozent beschnitt, nannte die Präsidentin das "einen schweren Rückschlag".

Teurer Stoff

Während erst 22 Prozent der EU-Bürger mindestens eine Dosis eines Covid-Impfstoffs erhalten haben, könnten die 1,8 Milliarden Pfizer/Biontech-Dosen bedeuten, dass die Impfkampagne Fahrt aufnimmt. Doch der Deal stößt nicht auf ungeteilten Zuspruch, denn Pfizer/Biontech ist hinter Moderna der zweitteuerste Impfstoff, und Experten warnen davor, sich wieder nur auf einen Hersteller zu verlassen. Von der Leyen gibt aber an, dass der Vertrag kein Hindernis dafür sei, weitere Vakzine zu beschaffen.

Laut einem EU-internen Papier, das der "New York Times" vorliegt, rechnet die Union in den kommenden beiden Jahren mit einem Bedarf von bis zu 510 Millionen "Booster"-Dosen, also solchen gegen mögliche Mutationen des Virus. Diese könnten alle sechs bis zwölf Monate bei Erstimmunisierten notwendig werden. (bbl, 28.4.2021)