Das von den Grünen vorgeschlagene Pfand auf Einwegflaschen ist in der Warteschleife. Dafür kommen Quoten.

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Zäh war der Widerstand, nun kommt es auch nicht: das flächendeckende Plastikpfand auf Einwegflaschen. Zumindest nicht sofort. Hier laufen derzeit einige Projekte, aus denen dann "das beste System für Österreich" entwickelt werden soll, wie Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch erklärte. Details wollte die Ministerin nicht nennen.

Gewessler präsentierte dabei den Begutachtungsentwurf für die Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle (AWG-Novelle). In Kraft treten soll sie 2024. Kernpunkt ist eine verbindliche "Mehrwegquote", um den Konsumenten wieder die Wahl zwischen Mehrweg- und Einweggebinden zu ermöglichen, wie Gewessler sagt. Das Pfandsystem – wie im AWG bereits festgeschrieben – kann per Verordnung in Kraft treten. Wann das sein wird, ließ Gewessler offen.

Hintergrund ist, dass eine EU-Richtlinie vorsieht, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff bis 2025 zu mindestens 77 und bis zum Jahr 2029 zu mindestens 90 Prozent getrennt gesammelt und recycelt werden müssen. In Österreich werden derzeit aber nur 70 Prozent aller Plastikflaschen gesammelt und aufbereitet. Außerdem muss Österreich bis Juli die EU-Einwegplastikrichtlinie umsetzen. Es bestand also Handlungsbedarf.

Quoten wie in der Vergangenheit

Bis 1990 gab es im Handel in Österreich verbindliche Quoten für Mehrwegflaschen, erinnert die Klimaschutzministerin, der Anteil der "Pfandgebinde" betrug damals 80 Prozent, heute seien es gerade einmal 19 Prozent. Was beim Bier noch leidlich funktioniere, soll also in einigen Jahren wieder die Regel sein: Flaschen können nach dem Gebrauch in den Supermarkt zurückgebracht und der Wiederverwertung zugeführt werden. Bis 2024 hat der Lebensmitteleinzelhandel Zeit, entsprechende Systeme aufzubauen, immerhin verzichten etwa Diskonter bislang auf das aufwendige Rückgabesystem.

Um das Ziel zu erreichen, soll es verpflichtende Quoten für ein Mehrwegangebot im Lebensmitteleinzelhandel geben. So müssen ab 1. Jänner 2024 60 Prozent der Bier- und Biermischgetränke-Flaschen sowie bei Mineralwasserflaschen 20 Prozent wiederverwertbar sein. Bei Milch, Säften und anderen alkoholfreien Getränken werden zehn Prozent vorgeschrieben. Würstelstände und Bäckereien sind von der Verpflichtung ausgenommen.

Ringen um eine Lösung

Seit Monaten rangen ÖVP und Grüne um eine Lösung. Die Grünen wollten ein Pfand auf Einwegflaschen, eine Herstellerabgabe und eine Mehrwegquote. Die Volkspartei schlug vor, die von der EU eingehobene Abgabe aus dem laufenden Budget zu zahlen. Der ÖVP-Wirtschaftsbund lehnte ein Pfand gänzlich ab, auch die Wirtschaftskammer (WKO) war dagegen und schlug ein "smartes" Sammelsystem vor.

Dementsprechend gemischt sind die Reaktionen: Umwelt-NGOs wie Greenpeace, Global 2000 und WWF begrüßten den Entwurf, auch wenn ihnen die Quoten teilweise zu niedrig sind und man eine Verordnung für ein Pfandsystem für Plastikflaschen und Dosen fordert. Die Wirtschaftskammer sieht den Vorstoß skeptisch. Die heimische Getränkewirtschaft unterstütze zwar das Ziel, Getränke in dem von den Konsumentinnen und Konsumenten gewünschten Ausmaß in Mehrwegverpackungen anzubieten, "lehnt die vorgeschlagenen gesetzlichen Angebotsquoten aber grundsätzlich ab". Gesetzliche Quoten seien "kein zeitgemäßes Instrument und unionsrechtlich fragwürdig".

SPÖ und Neos kritisieren Wartezeit

SPÖ und Neos sahen in der Novelle einige "sinnvolle" beziehungsweise "erfreuliche" Maßnahmen, kritisierten aber den späten Umsetzungszeitpunkt. "Diese Maßnahmen sind nicht genug – weder um die Plastikverschmutzung zu reduzieren, noch um die europäischen Zielsetzungen zu erreichen", meinte Neos-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard. SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr empfand den Rückzieher beim Einwegpfand als "besonders enttäuschend".

Seitens der FPÖ setzte es Kritik. "Von der Ankündigung Gewesslers, dass im Herbst 2021 ein Gesetzesentwurf für das Pfand vorliegt, sind wir nunmehr meilenweit entfernt", so Umweltsprecher Walter Rauch. Für die Freiheitlichen müsse die Einführung eines Pfandsystems zudem "unter der Prämisse der Freiwilligkeit geschehen".

Verbot von Einwegplastik

Das AWG sieht noch weitere Maßnahmen zur Vermeidung der Vermüllung der Natur vor. So sollen Einwegplastikprodukte wie Wegwerfbesteck, Plastikstrohhalme und Einwegbecher aus Polystyrol ab Juli verboten werden. Zudem wird der Transport von Müll ab einem Gewicht von drei Tonnen schrittweise auf die Bahn verlagert und der Import von vermischtem Industriemüll aus anderen Ländern untersagt. "Unser Müll fährt künftig Bahn", sagt Gewessler. (rebu, 28.4.2021)