Pfefferspray gegen eingekesselte Demonstranten.

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Innsbruck – Eine Demonstration für Flüchtlinge und gegen Abschiebungen am 30. Jänner in Innsbruck hatte am Mittwoch ein juristisches Nachspiel vor dem Landesverwaltungsgericht (LVwG). Dabei wurde die Landespolizeidirektion wegen rechtswidrigen Vorgehens verurteilt, sagte Vizepräsident Albin Larcher. Die Landespolizeidirektion muss laut Medienberichten die Kosten des Verfahrens in Höhe von rund 1.659 Euro tragen.

Damit wurde einer Maßnahmenbeschwerde der Veranstalter, der Sozialistischen Jugend Tirol sowie ihres politischen Sekretärs, Nick Grüner, stattgegeben. Das Urteil war bereits rechtskräftig. Es sei nur mehr für beide Parteien eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) möglich, so Larcher.

Einkesselung war unverhältnismäßig

Die beiden Veranstalter seien im "Recht, sich zu versammeln und versammelt zu bleiben", verletzt worden. Dies zum einen dadurch, weil – um den sogenannten Schwarzen Block von den "normalen" Demonstranten zu trennen – zwei Sperrgürtel errichtet worden seien, der Schwarze Block eingekesselt und damit eine Straße komplett abgesperrt wurde. Somit kam die gesamte Versammlung zum Stillstand und wurde letztlich aufgelöst. Dies sei unverhältnismäßig gewesen, urteilte das Landesverwaltungsgericht.

DER STANDARD

Auch der Einsatz von Pfefferspray durch vier Beamte sei rechtswidrig erfolgt. Denn im Falle einer "geschlossenen Einheit", wie es die Versammlung dargestellt habe, sei ein solcher Einsatz von Pfefferspray nur gestattet, wenn er von einem Kommandanten angeordnet worden wäre. Aber dies sei nicht der Fall gewesen. Die Demo hatte damals rund 15 Festnahmen und mehr als 100 Anzeigen zur Folge.

Die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts zeige, wie wichtig eine funktionierende Gewaltenteilung in dieser Demokratie sei, reagierte Grüner umgehend auf das Urteil. Das Erkenntnis des Gerichts mache das Geschehen vom 30. Jänner zwar nicht rückgängig und sei nur ein kleiner Trost für die unzähligen Opfer von Polizeigewalt, gebe aber Mut, fügte er hinzu.

Seitens der Landespolizeidirektion Tirol hieß es gegenüber der APA, dass man auf die schriftliche Ausfertigung des Urteils warte. Dann sollen Rechtsmittel geprüft werden.

Grüne fordern, Einsatz zu analysieren

Die Tiroler Grünen und die SPÖ sahen sich indes in ihrer Kritik an dem Polizeieinsatz bestätigt. Die Grünen erwarteten sich vonseiten der Polizei, "dass der Einsatz genau analysiert wird und sich ein Einsatz in dieser Form nicht nochmals wiederholt", teilten Nationalratsabgeordnete Barbara Neßler sowie Sicherheitssprecherin und Landtags-Vize Stephanie Jicha mit. "Die Polizei zieht hoffentlich die richtigen Konsequenzen daraus und ergreift auch disziplinarische Maßnahmen gegen jene Polizistinnen und Polizisten, die außerhalb der rechtlichen Vorschriften agiert haben", erklärten die beiden Politikerinnen.

Für SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim zeigt das Urteil, wie wichtig die Überprüfung solcher Vorfälle durch die Gerichte sei. "Das Eingreifen der Polizei war offensichtlich überschießend", meinte die Nationalratsabgeordnete. Sie habe nach der Demonstration eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gerichtet, der sich "in wesentlichen Fragen gleichgültig und nicht um Aufklärung bemüht" gezeigt habe, so Yildirim. Sie sah nun den Innenminister und die Polizei gefordert, "für restlose Aufklärung zu sorgen und sicherzustellen, dass so eine Eskalation nicht wieder vorkommt". (red, APA, 28.4.2021)