Walchhofer (li.) galt als der logische Nachfolger. Eine Zeitlang war er auch einziger Kandidat. Doch dann kam Schröcksnadel (re.) ins Rennen.

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Wenn die Wellen hochgehen, könnte sich das Klima verändert haben. Im Skiverband scheint das der Fall zu sein. Nach 31 Jahren an der Spitze des ÖSV wird Peter Schröcksnadel Ende Juni abdanken, das Ringen um seine Nachfolge geht mit einer erbitterten Auseinandersetzung einher. Das Match lautet Schröcksnadel gegen Landesverbände. Schließlich sind es sie respektive ihre neun Spitzen, die bei der Länderkonferenz in Villach den Präsidenten oder die Präsidentin wählen.

Schröcksnadel sagte, er habe sich "eingemischt, als ich gesehen habe, dass die Kandidatensuche nicht gut läuft". Diese Suche wäre die Aufgabe der Landesverbände gewesen. "Aber da ist ihnen nicht viel gelungen."

Gegen diese Darstellung wehren sich viele. Wolfgang Labenbacher, der niederösterreichische Präsident, sagt dem STANDARD: "Das hab ich mit großer Gelassenheit gelesen. Ich war bei jeder Sitzung dabei, ich weiß genau, wer sich wann wie eingebracht hat." Viel mehr will Labenbacher nicht sagen. "Es tut mir nur leid, dass Schröcksnadel so in die Kritik geraten ist. Er sollte von der Aufgabe entbunden sein, seine Nachfolge zu regeln."

Die große Aufregung

Der burgenländische Ski-Präsident Gerald Guttmann versteht "die große Aufregung kaum. Es kann jederzeit zu neuen Kandidaturen kommen, ich wäre nicht überrascht." Nun, die Aufregung rührt daher, dass Schröcksnadel alles tat und alles tut, um eine mögliche Präsidentschaft von Michael Walchhofer zu verhindern.

Der Abfahrtsweltmeister 2003, Hotelier aus Zauchensee mit abgeschlossenem MBA-Studium (Sport- und Projektmanagement), ist seit 2013 ÖSV-Vize. Eigentlich ein logischer Nachfolger – und nach dem Rückzug des Kitzbüheler Skiclub-Präsidenten Michael Huber und der beruflich bedingten Absage von Uniqa-Vorstandsmitglied Klaus Pekarek aus Kärnten eine Zeitlang auch der einzig verbliebene Kandidat.

Naheliegende Vermutung

Huber und Walchhofer hatten sich den Landesverbänden präsentiert, beide Konzepte wurden für gut bis sehr gut befunden. Doch als nur Walchhofer verblieb, kam Schröcksnadel ins Rennen. "Er hat viele Spuren gezogen", sagt ein hoher Funktionär. Andere bestätigen es. Wollte Walchhofer künftig etwa ganz ohne Schröcksnadel-Einmischung auskommen? Die Vermutung liegt jedenfalls nahe.

Drei Verbände gelten seit jeher als Schröcksnadel-getreu, Tirol, Vorarlberg und Wien. Wegen der hohen Mitgliederzahlen Tirols, die sich in Wahlstimmen niederschlagen, fehlte Schröcksnadel ein Bundesland zur Mehrheit. Spuren zog er in jenen Bundesländern, von denen eines umgestimmt werden musste.

Endlich Götschl

Mit Pekarek hätte er sich Kärnten gesichert, später versuchte er, wie mehrere Seiten bestätigen, in Oberösterreich und in Niederösterreich ehemalige Rennläufer zur Kandidatur zu bewegen. Endlich stand Renate Götschl (Steiermark) auf und gab ihre Kandidatur bekannt.

Götschl, auch sie gewann einen Abfahrts-WM-Titel, würde von der Steiermark unterstützt, bestätigt der steirische Ski-Präsident Karl Schmidhofer. Er hätte aber auch "mit Walchhofer als Präsident kein Problem" gehabt. Götschl habe als steirische Verbandsvize "ordentlich gearbeitet". Kürzlich stellte sich Götschl zwei Hearings, einem beim niederösterreichischen, einem beim Tiroler Verband. Laut übereinstimmenden Quellen ließ sie entscheidende Fragen unbeantwortet. Selbst in Tirol soll es nun Diskussionen über Götschl geben.

Türkise Nahverhältnisse

Bleibt die Frage, was Schröcksnadel gegen Walchhofer hat. Er sagt, er wolle "parteipolitische Einflussnahme" verhindern, habe Walchhofer doch in Sachen Sport für die ÖVP regierungsverhandelt. Dass Götschl Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer unterstützte und selbst für einen vorderen ÖVP-Listenplatz im Gespräch war, sagt Schröcksnadel nicht. "Leichen im ÖSV-Keller", vermuten die Schröcksnadel-Gegner. Im Archiv freilich hat der ÖSV bereits vor vier Jahren laut dem damaligen Generalsekretär Klaus Leistner durch einen Wasserrohrbruch viele Unterlagen verloren. Wellen, soweit das Auge reicht. (Fritz Neumann, 29.4.2021)