In den kommenden Wochen könnte es in Österreich eine tatsächliche Impfoffensive gegen Covid-19 geben.

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Wien – Der Impfplan ist ambitioniert: Nach den drei Millionen Impfdosen, die seit Jahresbeginn bis Ende April in Österreich verabreicht sein werden, sollen im Mai und Juni noch einmal jeweils so viele Impfungen gegen Covid-19 folgen. Die Offensive würde etwa 100.000 Impfungen pro Tag entsprechen.

Dazu braucht es funktionierende Logistik, eingehaltene Lieferungen und genügend Impfwillige. Von Letzteren sollen alle Personen über 65 Jahre erstgeimpft werden, außerdem 65 Prozent aller anderen Impfbaren in Österreich, zu denen alle Erwachsenen ab 16 Jahren bis auf Schwangere und wegen Krankheiten nicht Immunisierbare zählen.

Vergleich mit "normalem" Infektionsgeschehen

Welchen Schutzeffekt die Impfungen in der Bevölkerung erzielen könnten, hat derweil Simulationsforscher Nikolaus Popper mit seinem Team berechnet. Dazu verglich man den Einfluss des Impfprogramms mit einem Szenario ohne Durchimpfungseffekt bei "normalem" Infektionsgeschehen. Angenommen wurde eine Wirksamkeit der Impfung zwischen 75 und 95 Prozent.

Laut der Hochrechnung könnten bis Mitte Juni 65 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher zumindest teilweise immunisiert sein, davon 25 Prozent durch eine überstandene Infektion und 40 Prozent durch wenigstens eine Impfung. Da ein erhöhter Impfschutz erst nach zwei bis drei Wochen aufgebaut ist, dauert es, bis man laut Modell in die Kategorie der Immunisierten fällt.

Verzögerter Einfluss

Der dämpfende Effekt auf Neuinfektionen dürfte sich erst verzögert zeigen. Ab Mitte Mai erhalten nämlich noch viele Personen ihre zweite Dosis, weshalb weniger Erstimpfungen stattfinden und die Zahl der neu Immunisierten nicht mehr so schnell steigt. Daher wird der Einfluss auf das Infektionsgeschehen eher erst ab Ende Mai deutlich. Schwere Verläufe sollen bis Ende Juni im Vergleich zu Jänner nur halb so häufig sein.

Die Modellrechnung wird als realistisch eingeschätzt, auch wenn längerfristige Prognosen problematisch sind, sagt Epidemiologe Michael Kundi von der Med-Uni Wien: "Wenn wir ungefähr in diesen Zahlenbereich kommen, können wir ein Niveau erreichen, an dem die Epidemie nicht mehr zu einem explosionsartigen Anstieg der schweren Erkrankungsfälle führt."

In der Realität werden zudem mehrere Faktoren Einfluss nehmen, die nicht im Modell vorkommen. Dazu gehören die Ansteckung durch immune Personen, schwerwiegende Mutationen und ein Infektionsplus durch aufgehobene Lockdowns. (Julia Sica, 28.4.2021)