Sophie Wotschke ist Spitzenkandidatin der Junos. Sie studiert in Wien Rechtswissenschaften.

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Die liberalen Studierenden (Junos) bilden den studentischen Arm der Neos. Das zeigt sich am Branding der Onlineauftritte und der Werbematerialien, aber auch an den Inhalten und personellen Überschneidungen. Der ÖH-Spitzenkandidat des Jahres 2017, Yannick Shetty, sitzt etwa mittlerweile als umtriebiger Jugendsprecher der Neos im Nationalrat.

Bei der ÖH-Wahl vor zwei Jahren erzielten die Junos rund zehn Prozent der Stimmen, damals ein leichtes Minus. In der Bundesvertretung halten sie als mittelgroße Fraktion sechs von 55 Mandaten. An den Ergebnissen der Junos zeigt sich ein deutliches Gefälle nach Hochschultypen: An Fachhochschulen, Privatunis, aber auch an Med-Unis sind sie oftmals stark vertreten. An Kunst-Unis rangieren sie hingegen unter ferner liefen, auch an der Uni Wien schneiden sie eher schwach ab. Zuletzt sorgt ein Scharmützel mit den grünen Studierenden (Gras) für Aufsehen: Die Junos warfen der Gras "extremistische Ideologie" vor, weil in deren Satzung "Cis-Männer" explizit benachteiligt werden.

Dieses Jahr steigen zwischen 18. und 20. Mai die ÖH-Wahlen. Schon jetzt können Studierende per Briefwahl die Stimme für ihre Interessenvertretung abgeben. In einer STANDARD-Serie stellen sich in den kommenden Wochen alle acht Fraktionen durch die schriftliche Beantwortung eines Fragenkatalogs vor. Für die Junos geht die 22-Jährige Jusstudentin Sophie Wotschke als Spitzenkandidatin ins Rennen, sie ist bereits Mandatarin in der Bundesvertretung.

Sophie Wotschke ist Spitzenkandidatin der Junos.
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STANDARD: Was sollten die Hochschulen aus drei Semestern Pandemie lernen?

Wotschke: Die Krise hat die Digitalisierungsrückstände an Hochschulen mehr als verdeutlicht, diese müssen wir dringend aufholen. Denn auch in Zukunft braucht es flächendeckend Livestreams und Aufzeichnungen von Vorlesungen, aber auch innovative Lösungen wie Podcast-Formate oder Game-Based Learning. Die Krise hat aber auch verdeutlicht, dass wir keinen reinen Onlinebetrieb wollen. Für einen ausgewogenen Uni-Alltag braucht es eine Auswahl aus Online- und Präsenzlehre.

STANDARD: Was sind die eure wichtigsten Forderungen für Unis?

Wotschke: Viele Studierende haben in der Pandemie ihren Job verloren, und sie haben weniger familiäre Absicherung. Deshalb braucht es ein alternatives und besseres Beihilfesystem. Wir fordern daher die Erhöhung der Maximalbeihilfe auf Mindestsicherungsniveau – also 949 Euro im Monat. Studierende leiden aber nicht nur an Existenzängsten, sondern auch unter der sozialen Isolation. Wir wollen, dass die Hochschulen in einem Comebackplan bei den ersten Öffnungsschritten dabei sind und eine gute Testinfrastruktur zur Verfügung stellen. Dass immer über die Öffnung von Gastro und Tourismus geredet wird, während über Hochschulen nicht diskutiert wird, ist auch ein Versagen der ÖH.

STANDARD: Wie steht ihr zu Aufnahmeverfahren an Unis?

Wotschke: Wir haben einen freien Hochschulzugang, der eine reine Illusion ist. Man lässt mehr Studierende zu, als Plätze da sind. Diese Studierenden werden dann in den ersten Studienjahren durch Knock-out-Prüfungen aussortiert, und das ist eine Frechheit. Stattdessen wollen wir faire Aufnahmeverfahren vor Beginn des Studiums.

STANDARD: In allen Fächern?

Wotschke: Jede Hochschule soll selbst entscheiden, ob Aufnahmeverfahren nötig sind. Faire Aufnahmeverfahren stellen wir uns so vor, dass sie jeweils von einer Kommission konzipiert werden, die zu 50 Prozent aus Studierenden des betreffenden Studiums besteht, und dann soll es an mehrere Faktoren anknüpfen – wie ein Motivationsschreiben, ein Bewerbungsgespräch, auch einen kleineren Test. Riesige Stressprüfungen lehnen wir ab.

STANDARD: Die Junos sind seit Jahren für rückgelagerte Studiengebühren. Wieso auch in Pandemiezeiten, wo gerade viele Studierende ihre Nebenjobs verloren haben und durch die Rezession künftig schwer gute Jobs finden werden?

Wotschke: Ein Studium darf nie an finanziellen Hürden scheitern, daher sind wir eben für die Aufstockung der Maximalbeihilfe. Aber die Corona-Krise zeigt, dass die technische Infrastruktur und Betreuungsverhältnisse oft katastrophal sind. Es ist dringend notwendig, die Hochschulen gescheit auszufinanzieren. Wenn der Staat seinen Beitrag in Höhe von mindestens zwei Prozent des BIP für Hochschulen leistet, sind wir auch bereit, unseren Beitrag zu leisten. Allerdings soll man erst nachträglich zahlen, sobald man mit beiden Beinen im Berufsleben steht.

STANDARD: Welche Summen schweben euch da vor?

Wotschke: Die Studiengebühren dürfen maximal 500 Euro im Semester betragen. In unserem Modell der nachgelagerten Studienbeiträge ist ein Freibetrag von 1.300 Euro netto vorgesehen. Wenn ich also weniger als das verdiene, zahle ich keinen Cent zurück. Für das, was ich über diesem Betrag verdiene, zahle ich acht Prozent zurück. Wenn ich also netto 1.400 Euro im Monat verdiene, zahle ich acht Prozent von 100 Euro zurück – acht Euro im Monat.

STANDARD: Was fordert ihr im Bereich der Fachhochschulen?

Wotschke: Für FHs braucht es ebenso einen Comebackplan. Zudem wollen wir, dass auch FH-Studierende ihren Studienbeitrag erst nach dem Studium zahlen. Dadurch wird die gute Qualität der FH-Lehre beibehalten, aber das FH-Studium scheitert bei niemandem an finanziellen Problemen.

STANDARD: Mit wem würden die Junos (k)eine Koalition eingehen?

Wotschke: Die extremen Ränder, also RFS und die kommunistischen Fraktionen, schließen wir aus.

STANDARD: Wie hoch ist das Wahlkampfbudget, und wer finanziert es?

Wotschke: Rund 40.000 Euro. Die meisten Spenden kommen von den Neos, wir legen alle Einnahmen und Ausgaben auf unserer Website offen.

Sophie Wotschke (22) ist Spitzenkandidatin der Junos. Sie studiert in Wien Rechtswissenschaften.