Die Gras wirbt im ÖH-Wahlkampf mit dem Engagement für Chancengleichheit für Studierende. Die Junos finden, dass die grüne Satzung diesem Anspruch zuwiderläuft.

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Die ÖH-Wahl naht, daher nehmen nachgerade traditionsgemäß auch die verbalen Scharmützel zwischen den Fraktionen in sozialen Medien zu. Derzeit empören sich die Neos-nahen liberalen Studierenden (Junos) über die Regelungen der Grünen und Alternativen Student_innen (Gras), die Sonderrechte für Flint-Personen vorsehen.

Im Einklang mit queerfeministischer Terminologie wird die Abkürzung Flint in der Satzung der Gras wie folgt definiert: "Frauen, Lesben, Inter-, Non-Binary und Trans-Personen". Nur wer unter diese Gruppe fällt, darf etwa bei der Gras als Spitzenkandidatin zur ÖH-Wahl antreten, dieses Mal ist das übrigens die Politikstudentin Keya Baier.

Baiers Konkurrentin, Junos-Spitzenkandidatin Sophie Wotschke, hält derartige Regeln für "bedenklich". Die Jusstudentin kritisiert, dass damit gegen die Chancengleichheit verstoßen werde. Die Gras argumentiert hingegen, dass der Paragraf nötig sei, um zu verhindern, dass sich "überbordende Männer-Egos" in den Vordergrund drängen, "nur um Posten und Prestige zu bekommen".

Regeln für Rednerliste

Auch an anderen Stellen der Satzung finden sich Bestimmungen, die Cis-Männer – also Männer, deren Geschlechtsidentität ihrem bei der Geburt festgestellten biologischen Geschlecht entspricht – gegenüber Flint-Personen benachteiligen. In Debatten werden etwa Flint-Personen vorgereiht, wenn ansonsten mehrere Cis-Männer nacheinander das Wort ergreifen würden.

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Ein Gras-Sprecher erklärt im Gespräch mit dem STANDARD, dass es in der grünen Studierendenorganisation schon seit langem derartige Maßnahmen gebe; mit Beschluss der aktuellen Satzung im Februar seien diese aber teils neu formuliert worden. Das gelte auch für die besonders heiß diskutierte Bestimmung zu den sogenannten Safe Spaces. Konkret sind damit Zusammenkünfte gemeint, bei denen "alle anwesenden Cis-Männer den Raum verlassen müssen", wenn eine anwesende Flint-Person dies einfordert, wobei für dieses Verlangen keine Begründung dargelegt werden muss.

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Die Junos erblicken darin eine "extremistische Ideologie" der Gras. Diese habe "Gleichberechtigung nicht verstanden", heißt es via Twitter.

Ein Gras-Sprecher entgegnet: Da man ohnehin alle Beschlüsse im Konsens erziele, könnten die Safe Spaces nicht aus taktischen Gründen missbraucht werden, um missliebige Personen von einer Entscheidung auszuschließen. Es gehe vielmehr darum, dass Personen Probleme – etwa übergriffiges Verhalten – offen ansprechen können. Spitzenkandidatin Keya Baier schreibt, es brauche solche Mechanismen "leider noch immer", sie seien nötig, um "das Patriarchat zu überwinden". Sexismus gegenüber Männern stellt Baier in Abrede, es gehe um die Unterstützung marginalisierter Gruppen:

Allzu lange dürfte die Diskussion über die grüne Privilegierung von Flint-Personen allerdings nicht weiterkochen – und das nicht nur wegen der notorisch kurzen Gefechtszyklen in diesem Themenfeld. Die Gras erwägt nämlich, das Akronym Flint bald durch ein anderes zu ersetzen, wie ihr Aktivist Stephan Bartosch skizziert. Künftig könnte in der Satzung demnach von Finta-Personen die Rede sein: "Frauen, Inter-, Non-Binary, Trans- und Agender-Personen".

(Theo Anders, 29.4.2021)