Bereits vor der Corona-Krise gingen die Beschäftigten der Bundesmuseen für einen Kollektivvertrag auf die Straße. Nun sollen sie ihn bekommen.

Foto: Alex Bodmann

In der Zeit vor der Corona-Krise verzeichneten die sieben österreichischen Bundesmuseen über sechs Millionen Besucher jährlich. Aus dem kulturellen Selbstverständnis Wiens und des Landes, vor allem aber als Tourismusfaktor sind das Kunsthistorische, das Naturhistorische und das Technische Museum, die Albertina, das Belvedere, das Museum für moderne Kunst, das Museum für angewandte Kunst und die Österreichische Nationalbibliothek also nicht wegzudenken.

Rund 2.600 Menschen sind in diesen Museen beschäftigt. Neben dem Auftrag des Vermittelns, also des Ausstellens und Erklärens der Sammlungen, sollen sie auch bewahren, forschen und weitersammeln. Umso erstaunlicher ist es, dass seit der Ausgliederung aus der Staatsverwaltung um das Jahr 2000 herum einzig ein Haus, nämlich der KHM-Museumsverband, einen Kollektivvertrag erhielt – alle anderen rund 1.800 Beschäftigten mussten ohne einheitliche Vereinbarung auskommen. Bis jetzt. Denn seit gut einem Monat wird nun tatsächlich verhandelt, bis Ende des Jahres soll ein Ergebnis vorliegen.

Politisch lange ungewollt

Der jahrelange Protest der Betriebsräte – zuletzt in einer gut organisierten Kampagne unter dem Hashtag #WirGehenLeerAus – trug Früchte, der Druck auf den Eigentümer (die Republik) und die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), endlich tätig zu werden, war nicht mehr wegzuleugnen. Ein schlagendes Argument war, dass Österreich mit einer Kollektivvertragsdichte von 98 Prozent und jährlich etwa 450 neu verhandelten KVs einen solchen wohl auch seinen wichtigsten Museen zugestehen sollte.

Warum hat es so lange gedauert? Dazu gibt es mehrere Theorien: einerseits politischer Unwille, etwa, um den Kostendruck auf die frisch ausgelagerten Museen niedrig zu halten. Andererseits dürften aber auch die Museumsmitarbeiter nicht immer einer Meinung gewesen sein, waren doch jahrelang noch viele als Beamte und Vertragsbedienstete beschäftigt und somit vom KV für Beamte umfasst.

20 Jahre nach der Ausgliederung ist das anders: Eine frisch angefertigte Studie der Arbeiterkammer kam zu dem Ergebnis, dass neun von zehn befragten Museumsmitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen gemeinsamen KV wollen. 95 Prozent der Befragten seien der Ansicht, ein Kollektivvertrag solle "klare Regelungen zu Gehältern und Vorrückungen, zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld, zu Wochenend- und Feiertagszuschlägen enthalten sowie mehr Transparenz schaffen."

Mindestgehälter und Zuschläge

In einigen Museen, so die Klage der Beschäftigten, seien eben gerade diese Zuschläge sukzessive reduziert oder abgeschafft worden, die Einstiegsgehälter immer geringer ausgefallen und individuell zu verhandelnde Erhöhungen unzureichend oder gar nicht erfolgt.

Freilich steht der Wunsch nach Mindestgehältern ganz oben auf der Agenda. Denn die Gehaltsunterschiede in den Bundesmuseen könnten krasser kaum sein. Während am unteren Ende der Leiter Stundenlöhne von 6,50 Euro sogar für Akademiker keine Seltenheit sind, verdienen die Direktoren der Museen teils mehr als der Bundeskanzler – über 300.000 Euro nämlich. Für eine Drosselung dieser Spitzengehälter wäre die Politik zuständig, was sie auch seit Jahren zu tun gelobt. Prekäre Beschäftigungsformen wie etwa bei vielen Vermittlern, die für ihre Führungen in den Museen nicht angestellt werden, dürfte ein KV wohl beenden.

Konkrete Ergebnisse oder Forderungen wollen die Verhandlungspartner dem STANDARD auf Nachfrage zwar noch nicht nennen, Eckehard Quin von der GÖD, der für die Arbeitnehmerseite spricht, verweist aber auf einen weiteren wesentlichen Aspekt: "Kollektivverträge tragen oft auch zur Reduktion der Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern bei – und die Mehrzahl der Beschäftigten in den Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek sind Frauen."

Ende gut, Holding gut?

Auf Arbeitgeberseite führt die Verhandlungen Wolfgang Bergmann, kaufmännischer Geschäftsführer des Belvedere. Er ist "optimistisch, dass man rasch vorankommen wird". Dass es nun nicht, wie es zunächst von politischer Seite hieß, erst eine gemeinsame Holding für die Museen braucht, um verhandeln zu können, sieht Bergmann als Vorteil, weil es die Sache beschleunige: "Das rechtliche Gefäß, um einen gemeinsamen Kollektivvertrag in Kraft zu setzen, braucht man nicht schon am Beginn der Verhandlungen, sondern erst am Ende" – das könne laut Bergmann auch in Richtung einer Holding gehen, diese sei "weder per se schlecht noch per se gut".

Als Vorteile einer solchen Dachorganisation, wie es sie auch bei den Bundestheatern gibt, werden etwa gemeinsame Logistik, zum Beispiel im Transport- und Depotsystem, genannt, keinesfalls aber wollen sich die Direktoren ins inhaltliche Programm dreinreden lassen.

Mit erhöhten Kosten für die Museen ist durch den Kollektivvertrag wohl zu rechnen. Im Kulturstaatssekretariat wird man nach der Krise aber ohnehin gänzlich neue Finanzpläne wälzen müssen. Wahrscheinlich auch mit Holding. Denn die Vorbereitungen dafür laufen bereits. (Stefan Weiss, 30.4.2021)