Jesse Marsch blickt etwas wehmütig drein. Nach dem durchaus wahrscheinlichen Cupsieg wird er wieder lächeln.

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Matthias Jaissle ist dankbar für die große Chance.

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Jesse Marsch hat am Donnerstagvormittag den Spielern von Red Bull Salzburg mitgeteilt, dass er den Verein verlässt und Trainer von RB Leipzig wird. Die Überraschung war nicht ausufernd, das Ei war ja bereits gelegt. "Die Veranstaltung war vom News-Wert her eher ein Witz", sagte der 47-jährige US-Amerikaner. Und er wurde dann doch sentimental. "Es ist schwierig, auf Wiedersehen zu sagen, den tollen Verein, die schöne Stadt zu verlassen. Ich bin dankbar für die Erfahrung. In Salzburg werden Träume wahr."

Seltene Laune

Ein Gehen bedingt ein Kommen, beim Meister wird nichts auf die lange Bank geschoben, also wurde gleich der Nachfolger präsentiert. Es ist eine seltene Laune des Fußballs, dass Vorgänger und Nachfolger gemeinsam eine Zoom-Pressekonferenz abhalten. Der Mann heißt Matthias Jaissle, er kommt aus Deutschland, ist 33 Jahre jung und arbeitete zuletzt beim Kooperationsklub FC Liefering. Salzburg entwickelt eben nicht nur Spieler, sondern auch Trainer. Jaissle wurde in Nürtingen, Baden-Württemberg, geboren. Er verteidigte für die TSG Hoffenheim. Verletzungen stoppten seine Profikarriere mit 26 Jahren. 2015 wechselte er die Seiten, die erste Station als Trainer war die U16 von RB Leipzig. 2019 übernahm er Salzburgs U18, seit Jänner kümmert er sich um Liefering. "Ich bin extrem dankbar, freue mich auf die Herausforderung. Mein Alter spielt keine Rolle, ich habe das Handwerk von der Pike auf gelernt, kann Inhalte vermitteln." Zudem könne er sich zu "hundert Prozent" mit der Philosophie des Vereins identifizieren. Jaissle unterschrieb für drei Jahre.

Selbstverständlich hat Salzburg für Marsch eine Ablöse kassiert, wobei Sportgeschäftsführer Christoph Freund über Geld nicht spricht. Die Summe dürfte im niedrigen siebenstelligen Bereich liegen, unter fünf Millionen Euro. Leipzig hat ja für Julian Nagelsmann von Bayern München 25 Millionen erhalten, da kann man ein bisserl umverteilen. Marsch unterzeichnete für zwei Jahre. Ober er Kicker von Salzburg nach Leipzig mitnimmt? "Vielleicht viele", sagte er und legte Wert darauf, dass dies witzig gemeint war.

Freund war von der Entwicklung nicht überrascht. "Nur vom Tempo, wir wollten das Cupfinale eigentlich abwarten. Wir hatten zu Marsch immer ein tolles und offenes Verhältnis." Jaissle sei die Wunschlösung, der Plan A gewesen: "Wir geben wieder einem jungen Trainer die Chance und gehen damit unseren Weg konsequent weiter."

Zweites Double

Die Besetzung des Betreuerstabs wird noch geklärt, möglicherweise verlässt Rene Aufhauser, zuletzt Assistent, den Verein. Marsch betonte, dass er noch da sei. Fünf Spiele stehen an, als Höhepunkt das Cupfinale am Samstag in Klagenfurt gegen den LASK (20.30 Uhr, ORF 1). "Ich bin hungrig, große Titel sind immer unser Ziel. Wir werden mit Klarheit auftreten, sind bereit für den Kampf." Er strebt das zweite Double an, mehr ist in zwei Jahren auf nationaler Ebene unmöglich.

Kapitän Andreas Ulmer sagte, man sei trotz der Titelflut seit 2012 mit sieben Cup- und acht Meistertiteln gierig wie eh und je. Die Siegermentalität sei einfach in der DNA der Mannschaft und des Clubs. "Wir sind richtig heiß drauf, dass wir den Pokal holen", versicherte der 35-jährige Dauerläufer, der bei allen bisherigen Cup-Triumphen dabei war.

Chance zur Kleinschreibung

Die zweite beteiligte Mannschaft ist also der LASK. Trainer Dominik Thalhammer ist unaufgeregt aufgeregt. Immerhin hat der LASK schon ein paar Titel erreicht, wobei "paar" groß geschrieben werden kann, es sind nämlich zwei: das Double 1965. Rund 56 Jahre später bietet sich die Chance zur Kleinschreibung.

Thalhammer: "Wir können etwas Unvergessliches schaffen, Geschichte schreiben, Historisches erreichen." Wober er die Kirche in Linz lässt. "Die Favoritenrolle liegt klar bei Salzburg, sie haben Erfahrung, wissen, wie ein Finale funktioniert. Aber wir können nur gewinnen." Und wie? "Wir brauchen den perfekten Tag. Wir haben das Werkzeug, den Teamgeist, die Mentalität, um eine Bedrohung für sie zu sein." Kapitän Gernot Trauner hofft auf "das perfekte Spiel. Und auf Glück. Denn wir sind der Außenseiter." (Christian Hackl, 29.4.2021)