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In den Monaten April bis Juni 2020 konnte man die Miete stunden. Wie viele Mieter das getan haben, weiß niemand.

Foto: Paul Zinken / dpa / picturedesk.com

Schon seit dem Vorjahr machen Mieterschützer auf drohende pandemiebedingte finanzielle Notlagen bei Mietern aufmerksam. Bis Ende März konnten Mietschulden aus den Monaten April bis Juni 2020 noch gestundet werden, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Nun ist das aber vorbei, Vermieter dürfen seit 1. April das fehlende Geld einklagen.

Und laut Elke Hanel-Torsch, Geschäftsführerin der Mietervereinigung (MVÖ), wird das auch oft gemacht. "Die Rückzahlungsklagen mehren sich", berichtet sie aus ihrer täglichen Praxis. "Und auch mit Räumungsklagen haben wir es vermehrt zu tun." Letztere sind zwar für Mietrückstände aus den erwähnten drei Monaten derzeit noch nicht zulässig (erst ab Juli 2022), für Mietrückstände aus anderen Zeiträumen aber schon.

Die Mietervereinigung ist nicht die einzige Organisation, die für heuer einen starken (Wieder-)Anstieg der Delogierungen befürchtet. Jeweils rund 4500 waren es in den Jahren 2018 und 2019, im Corona-Jahr 2020 gingen sie dann zurück – auch deshalb, weil die Gerichte nur eingeschränkt arbeiten konnten. Für heuer werden aber einerseits Nachholeffekte aus 2020 erwartet, andererseits natürlich auch zahl reiche "neue" Fälle von finanziellen Engpässen bei Mieterinnen und Mietern, etwa wegen Arbeitslosigkeit.

Kaum Initiativen

Das Heimtückische daran: Wer die Miete in den Monaten April bis Juni 2020 noch zahlen konnte, danach aber in Schwierigkeiten kam, ist nun schlechter dran. "Besser wäre es gewesen, die Miete in diesen drei Monaten vorerst nicht zu zahlen, erst danach wieder zu versuchen, voll zu zahlen", sagt Hanel-Torsch. Nachsatz: "Es hat aber halt niemand gedacht, dass die Regierung die Unterstützung für die Mieter einfach auslaufen lässt."

Auch aktuell gibt es von der Regierung kaum Initiativen. Die Rufe danach, etwas für notleidende Mieter zu tun, werden deshalb immer lauter. Erst kürzlich wiesen Sozialorganisationen wie die Caritas und die Diakonie sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (Bawo) recht eindringlich darauf hin, dass es einen Hilfsfonds brauche. Der wurde schon im Vorjahr von MVÖ, Arbeiterkammer (AK) und SPÖ gefordert, Mietervereinigungspräsident Georg Niedermühlbichler nannte im Sommer eine Größenordnung von 100 Millionen Euro.

Auch bei der Arbeiterkammer hält man diese Höhe als "ersten Schritt" für nötig. Freilich sind das immer nur grobe Schätzungen, denn niemand weiß, wie viele Mieterinnen und Mieter Stundungen in Anspruch genommen haben. "Diese Zahlen haben wir nicht", sagt Hanel-Torsch.

Bürgschaft erhofft

Die Situation lässt nun aber auch einen Vermieterverband aktiv werden. Günter Moser, Präsident des Eigentümer und Vermieter Bundesverbands (ÖEVSV), erwartet, dass nicht weniger als 160.000 Mieterinnen und Mieter von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sein werden. Der Bundesverband gründete schon 2015 die "Association der Vermieter auf Gegenseitigkeit", kurz ADVAG. Dabei handelt es sich um einen Mieten-Ausfall-Fonds, in den Vermieter einzahlen (der Verband hat laut Moser 23.000 Mitglieder) und im Fall des Falles die Miete und auch etwaige Verfahrens- und Delogierungskosten ersetzt bekommen.

Seit Juni 2020 hat der Fonds "über 4700 Mietzinse bezahlt", sagt Moser dem STANDARD. Wobei den Mietern diese Mieten freilich nicht geschenkt werden, eine Rückzahlung in 60 Monatsraten wird angeboten.

Nun will Moser aber einen gleich 300 Millionen Euro schweren Hilfsfonds auf die Beine stellen und ersuchte den Bundeskanzler und die Bundesländer dafür um Bürgschaften in entsprechender Höhe. Alle Länder außer Wien und Tirol hätten sich bereits positiv zurückgemeldet. Der Präsident ist zuversichtlich. (Martin Putschögl, 1.5.2021)