Das schadet nicht nur der Natur, sondern auch dem Image des Mountainbikesports.

Foto: Christoph Malin

Er ist ein echtes Urgestein der Mountainbike-Szene, und daher finden seine Worte umso mehr Gehör: Christoph Malin, Mitbegründer der legendären Innsbrucker Vertrider, der schon mit Brett Tippie, Wade Simmons oder Darren Berrecloth Trails in den Alpen befahren hat. Diese Woche hat sich Malin auf seiner Facebook-Seite aber den Frust von der Seele geschrieben. Es geht um von Mountainbikern zerstörte Waldwege.

Das Posting von Christoph Malin sorgt für Gesprächsstoff in der Mountainbike-Szene.

Das Phänomen ist nicht neu und führt regelmäßig zu Diskussionen innerhalb der Mountainbike-Szene. Doch seit Ausbruch der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Boom, den das Mountainbiken erlebt, hat sich die Situation in den Wäldern erneut zugespitzt. Vor allem in der sogenannten Übergangszeit im Frühjahr und Herbst, wenn die offiziellen Bike- und Trailparks noch geschlossen sind, die inoffiziellen Trails aber bereits oder wieder schneefrei, steigt der Nutzungsdruck im Erholungsraum Wald.

Mangel an legalen Strecken und Fahr(un)kultur

Neben dem in Österreich chronischen Mangel an legalen Möglichkeiten, den Mountainbikesport auszuüben – an dieser Stelle schöne Grüße an die Tourismus- und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), die das Thema seit Amtsantritt erfolgreich ignoriert oder mit skurrilen Kampagnen den Unmut zusätzlich befeuert – entwickelte sich auch eine neue Fahr(un)kultur, die in der Natur nichts verloren hat.

Schlagwörter wie "Brap", "Berm Banger" oder "Scandinavian Flick" bezeichnen diesen Trend. Es geht dabei um eine in Videos und Bildern propagierte Fahrweise, die in Kurven den Dreck förmlich spritzen lässt. Je mehr es staubt oder spritzt, umso vermeintlich cooler. Doch genau diese Fahrweise hat in der Natur nichts verloren. Sie schadet nicht nur dem Boden, sondern auch dem Image der Mountainbikerinnen und Mountainbiker. Und das ist ohnehin in vielen Kreisen nicht das beste.

Ballern bitte nur im Bikepark

Christian Zangerl, Geschäftsführer des Bikeparks in Serfaus-Fiss-Ladis (der übrigens am 12. Juni seine Pforten wieder öffnet, Service-Anm. des Redakteurs), hat einerseits Verständnis: "Diese Fahrweise hat sich entwickelt und ist nicht mehr wegzubekommen. Allerdings sollte man sie auf ausgewiesene Bikeparks beschränken." Dort sei man darauf ausgerichtet und serviciere die Trails dementsprechend. Doch auf den entlegeneren Strecken außerhalb der Parks, wo man die Wege womöglich auch noch mit Wanderern teilt, habe dieser Fahrstil nichts verloren. "Es geht dabei um Respekt vor der Natur und den Mitmenschen, mit denen man diesen Erholungsraum gemeinsam nutzt", betont Zangerl.

Neben dem zerstörerischen Fahrstil sind es Abkürzungen oder "Shortcuts", die für Ärger sorgen. Virtuelle Wettfahrten, die sich GPS-Biker liefern, tun das Ihre zu diesem Problem. Malin zeigt auf den Bildern zu seinem Facebook-Posting, wie Wanderwege durch solche direkte Linien kaputtgefahren werden. Er selbst versucht, wenn er unterwegs ist, diese Shortcuts mittels kleiner Eingriffe, wie Steckerln, zu verunmöglichen. Mit mäßigem Erfolg, wie er oft schon tags darauf feststellen muss.

Auch Bikepark-Manager Zangerl warnt vor solchen Abkürzungen: "Das ist auch im Park problematisch. Einerseits kann es zu Unfällen führen, wenn plötzlich jemand quer auf den Trail hereinschießt. Andererseits haben wir gültige Verträge mit Grundbesitzern und Behörden, die wir verlieren können, wenn sich die Leute nicht an die vorgegebenen Routen halten." Wer also meint, Trails durch eigene Lines abkürzen zu müssen, kann damit den ganzen Trail aufs Spiel setzen.

Rege Diskussion angestoßen

Unter dem Facebook-Posting von Malin hat sich eine lebendige und großteils konstruktive Diskussion entwickelt, an der auch prominente Vertreter des Sports und der Branche teilnehmen. Vom langjährigen Trainer des österreichischen Mountainbike-Nationalteams, Kurt Exenberger, bis hin zum Chef der Bikesparte beim Motorenhersteller Bosch, Claus Fleischer, bringen sich viele in die Debatte ein.

Bike-Enthusiast Malin ist es wichtig, dass er nicht mit dem Finger auf Schuldige zeigen, sondern Bewusstseinsbildung anregen will: "Ich möchte halt, dass das Wissen weitergegeben wird. Viele kennen grob vereinfacht gesagt halt nur Shred Videos und nix anderes. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, aber das sind Videos aus Bikeparks, wo die Strecken gewartet werden. In der Natur brauchen wir einen sanfteren Fahrstil."

Und dass ein sanfterer Fahrstil weniger Spaß bedeutet, ist ein Irrglaube. Spitzkehren und technisch anspruchsvolle Passagen sind Herausforderungen. Sie so zu lösen, dass man möglichst keine Spuren dabei hinterlässt, ist eine wahre Kunst und bringt viel für die eigene Fahrtechnik. Das beweisen Bike-Akrobaten wie Malin immer wieder aufs Neue. (Steffen Arora, 30.4.2021)