Nun im Eigenbau der Stadt: "Mein Wien", kostenlos monatlich an alle Haushalte verschickt.

Foto: Mein Wien / Bohmann-Verlag / Stadt Wien

130 Millionen Euro für acht Jahre: Der gewaltige (neuerliche) Auftrag an den Bohmann-Verlag über einen Großteil der stadteigenen Wiener Medien sorgte 2013 für einige Proteste. Nun übernimmt die Stadt die Gratiszeitung "Mein Wien", digitalere Kommunikationsschienen und den Vorteilsclub mit kolportiert 200.000 Mitgliedern selbst – und kostengünstiger, so erklärt man das jedenfalls in der SPÖ-Neos-Koalition.

Ausgeschrieben werden nun nach STANDARD-Infos nur noch Druck und Vertrieb für die kostenlos an alle Wiener Haushalte versandte Monatszeitung "Mein Wien", das Amtsblatt und das Magazin "Stadt Wien intern" für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt. Die EU-weite Ausschreibung soll, kolportiert, rund sechs Millionen Euro pro Jahr umfassen.

Die Inhalte für "Mein Wien" und eine nun geplante – über ein E-Paper offenbar hinausgehende – digitale Version übernimmt der Presse- und Informationsdienst (PID) der Stadt.

Vier statt 1,3 Millionen an Wien-Holding-Digitaltochter

Die Stadt nimmt sich mehr Video-Inhalte und Community-Management sowie barrierefreie Zugänge vor. Hier spielt (schon bisher) ein halb externer Partner mit: Das Auftragsvolumen an die WH Digital GmbH der stadteigenen Wien Holding wird hier künftig statt 1,3 Millionen Euro pro Jahr künftig rund vier Millionen umfassen. Die WH Digital gehört zur WH Medien, die wiederum den Stadtsender W24 betreibt. Sie hat auch die internationale Öffentlichkeitsarbeit der Stadt mit Büros in Belgrad, Budapest, Krakau, Ljubljana, Prag, Sarajevo, Sofia und Zagreb übernommen.

Den Vorteilsclub übernimmt künftig die direkt der Stadt gehörende stadt wien marketing GmbH zur Weiterentwicklung, wie es im Rathaus heißt. Jahresbudget: rund eine Million Euro.

Ein Viertel weniger

Der jährliche Aufwand für die Stadtmedien soll mit dem "Insourcing" nach Infos aus dem Rathaus von rund 15 (die 2013 kolportierten 130 Millionen wären 16,3 Millionen pro Jahr) auf elf Millionen sinken.

Der Bohmann-Verlag, der neben der Wien-Kommunikation vor allem Branchen- und Fachzeitschriften herausgibt, wies für 2019 laut Firmenbuch einen Umsatz von rund 14,4 Millionen Euro aus. Er gehört nach dem Tod des dem roten Wien stets sehr verbundenen Rudolf Bohmann zu je 50 Prozent Firmen des Managements Gerhard Milletich und Gabriele Ambros.

Hanke und Ornig

Die großteils interne, nach Angaben des Rathauses um ein Viertel kostengünstigere Lösung für die Stadtkommunikation über eigene Medien haben Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und der Wiener Neos-Wirtschaftssprecher Markus Ornig verhandelt. Der Wiener Gemeinderat soll über die Lösung demnächst abstimmen.

"Die Erfahrungen aus über 14 Monaten Coronapandemie haben gezeigt, wie wichtig angesichts der rasch wechselnden Informationslage eine unmittelbare Steuerung und Disposition von redaktionellen Ressourcen ist. Wir setzen daher künftig auf mehr inhouse und wollen gleichzeitig auch digitale Formate forcieren", so Hanke (SPÖ) am Montag in einer Aussendung. "Eine Neuausrichtung der stadteigenen Medien ist die logische Konsequenz aus einer sich stark verändernden Medienwelt. Wir schaffen ein breites, transparentes Medienspektrum für die Wiener, indem wir trotz vielfacher digitaler Zukunftsinvestitionen über 20 Mio. Euro der ursprünglichen Kosten einsparen", erklärte Ornig.

Mit der gerade kommunizierten Bestellung des bisherigen SPÖ-Wien-Sprechers Raphael Sternfeld zum "Bereichsleiter für strategische Kommunikation" der Stadt soll die Neuregelung übrigens nichts zu tun haben. (fid, red, 3.5.2021)