Jürgen Melzer hat den Umstieg vom Profispieler zum Funktionär geschafft.

Foto: APA/EXPA/JFK

ÖTV-Boss Magnus Brunner freut sich auf den Daviscup in Innsbruck.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Es ist ja nicht so, dass Günter Bresnik zur Lobhudelei neigt, aber von Jürgen Melzer, dem neuen Sportdirektor des Österreichischen Tennisverbandes (ÖTV), ist er durchaus angetan. Man sieht einander häufig, Privatunternehmer Bresnik ist im nationalen Leistungszentrum Südstadt sozusagen eingemietet. Kommt er in der Früh, ist Melzer meist schon dort. "Jürgen ist der Erste, den ich in den letzten 20 Jahren sehe, der zeitlich sehr viel investiert. Der will, dass etwas weitergeht, das taugt mir. Er ist so intelligent, dass er sich mit den richtigen Leuten umgibt."

Der 39-jährige Melzer, seit Jänner im Amt, hört das gerne, "schließlich kennt sich Günter aus", sagt er dem STANDARD. Man sei im regen Austausch. "Es geht darum, die Kräfte zu bündeln."

Der Verband hat die nicht überstandene Corona-Pandemie bisher relativ gut gemeistert. Präsident Magnus Brunner, der türkise Staatssekretär im grünen Ministerium für Umwelt, sagt: "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen." Die Zahl der Mitglieder konnte um vier Prozent auf rund 180.000 gesteigert werden. Das lag in erster Linie daran, dass die Ausübung von Kontaktsportarten oft untersagt war. Verbandsgeschäftsführer Thomas Schweda: "Weil Fußball nicht ging, haben Jugendliche Tennis als Alternative ausgewählt."

Arme Hallenbesitzer

Die Mannschaftsmeisterschaften konnten abgewickelt werden (bringen Lizenzgebühren), die rund 1300 Leistungssportler und -sportlerinnen (ab dem elften Lebensjahr) durften tätig sein. Der Bund hat finanzielle Hilfen gewährt, das Budget von zwei Millionen Euro blieb. Wobei Corona die gewerblichen Tennishallenbetreiber natürlich an den Rand der Existenz gebracht hat. Brunner: "Man kann nicht sagen, wie viel zusperren müssen."

Er ist seit Oktober 2020 Verbandschef, Melzer war Brunners wichtigeste Personalie. "Er hat mit seiner ausgleichenden Art alles im Griff." Derzeit trainieren vier Burschen (zwischen 14 und 18), ein Mädchen und die 25-jährige Barbara Haas, Österreichs Nummer eins, in der Südstadt. Melzer tourt durchs Land, lädt zu Sichtungstrainings, um zu erfahren, wie in den Landeszentren gearbeitet wird. Die besten Jugendlichen sollen in der Südstadt den Feinschliff erhalten. "Ich habe den Blick für Talente, kann einschätzen, ob sie es technisch, physisch und psychisch draufhaben. Der Verband muss sie auf dem Weg begleiten."

Dritter Coach

Melzer, er war einst die Nummer acht im Einzel und bis zuletzt im Doppel ein Kapazunder, hält nicht viel von Rangvorgaben. "Geschafft hast du es, wenn du vom Tennis leben kannst." Im September sollen drei Mädchen und ein weiterer Trainer kommen. Momentan sind nur zwei Coaches da, Manuel Hochegger und Melzer selbst. Der 15-jährige, hochbegabte Joel Schwärzler wird wohl von Vorarlberg nach Niederösterreich übersiedeln. "Wir wollen die beste Adresse für den Nachwuchs werden." Die Konkurrenz durch die Akademie von Dominic Thiems Vater Wolfgang in Alt Erlaa sieht Melzer entspannt.

Es selbst wird in diesem Jahr bei den drei verbleibenden Grand-Slam-Turnieren im Doppel antreten. "Um mich zu verabschieden, den letzten Applaus zu genießen. Sofern Fans erlaubt sind." Bei den Sommerspielen in Tokio könnte er mit Thiem ein Duo bilden.

Die Pandemie habe, sagt Melzer, "die Arbeit auf dem Platz kaum verändert. Im Büro ist es ärger. Jugendturniere werden plötzlich abgesagt oder verlegt, da wird von den Eltern Flexibilität verlangt."

Für den Sportdirektor wird es ab 25. November spektakulär, in Innsbruck steigt ein Teil des Daviscup-Finalturniers. Gegner sind Deutschland und Serbien (Novak Djokovic!). "Das ist ein Weltereignis wie die Fußball-Heim-EM 2008." Brunner stimmt zu: "Da können wir uns endlich einmal öffentlich zeigen." (Christian Hackl, 2.5.2021)