Wollte der Corona-Protest-Partei "Die Basis" beitreten: Schauspieler Volker Bruch.

Foto: epa/Hayoung Jeon

Nach Verebben der ersten Proteststürme scheint die Satireaktion #AllesDichtmachen endgültig von allen guten Widerstandsgeistern verlassen. Ein erklecklicher Anteil der 53 Mitwirkenden – zumeist deutschsprachige Schauspielerinnen und Schauspieler – hat sich von der von vielen als unwitzig und rechtslastig beanstandeten Aktion in der Zwischenzeit distanziert. Rechercheergebnisse unter anderem des "Tagesspiegel" sollen überdies die Inspiration des Videopakets durch mehrere notorische Kreuz- und Querdenker belegen.

An vorderster Stelle wird der Berliner Notarzt, Unternehmer und Autor Paul Brandenburg (43) genannt. Als Strippenzieher der seit Frühjahr 2020 existierenden Initiative "für Grund- und Freiheitsrechte" ist Brandenburg bestens bekannt mit den beiden maßgeblichen #AllesDichtmachern, Regisseur Dietrich Brüggemann und Schauspieler Volker Bruch ("Babylon Berlin"). Wie nun eine Recherche von netzpolitik.org zeigt, wollte Letzterer in Corona-Protest-Partei "Die Basis" eintreten, das Eintrittsverfahren läuft noch. netzpolitik.org konnte entsprechende Dokumente einsehen. Dabei hatten die Initiatoren eine Nähe zur "Querdenker"-Bewegung immer vehement von sich gewiesen.

Brüggemann, der die Videos inszeniert hat, unterstreicht ausdrücklich den Persiflage-Charakter der diversen Botschaften. Sie seien als Überhöhungen der "PR-Kampagnen der Bundesregierung" zu verstehen gewesen. Corona-Protest sei keineswegs das alleinige Steckenpferd von ausgemachten Spinnern.

Punk als Kritikform

Der "Spiegel" zitiert maliziös einen Punk-Song Brüggemanns aus dem vergangenen Jahr, in dem eine posthumane Computerstimme empfiehlt, sich Maskenpflicht und Abstandsregeln gefälligst in den Allerwertesten zu schieben. Der Mime Bruch hingegen steht in der Kritik, weil er sich auf dem Set der Serie "Babylon Berlin" aufgrund ärztlicher Verschreibung von der Maskenpflicht befreien ließ.

Der "Tagesspiegel" und die Rechercheplattform "Antischwurbler" knüpfen gemeinsam ein Netz aus rechten Beziehungsfäden. Youtube-Talkformate werden genannt, in denen der querdenkende Arzt Brandenburg das Aufpoppen der Aktion #AllesDichtmachen prophezeit hat. Als eine Art Drahtzieher auf Raten wird auch Starschauspieler Moritz Bleibtreu namhaft gemacht. Er soll Mitwirkende geworben haben, nur um dann selbst vor der eigenen Beteiligung zurückgeschreckt zu sein. Hinterher ließ Bleibtreu lediglich ausrichten, dass er sich ganz generell ein "friedlicheres Miteinander" wünsche.

Während Hauptbeteiligte wie "Tatort"-Star Jan Josef Liefers die Aktion mit ein paar wenigen Einschränkungen sogar in öffentlich-rechtlichen Talkrunden verteidigen, herrscht unter anderen Kulturschaffenden anhaltendes Schweigen. Einzig Autor und Filmkünstler Brüggemann, 2014 als Drehbuchschreiber Gewinner des Silbernen Berlinale-Bären (für den Spielfilm "Kreuzweg"), verteidigt die Position der #AllesDichtmacher mit nimmermüder Hingabe. Den Shitstorm der Verächter nannte er im Deutschlandfunk "faschistoid". Kritik tat er wiederholt als Äußerungen Privilegierter ab, die im Gegensatz zu vielen sozial Benachteiligten nicht dazu genötigt seien, Regeln zur Covid-19-Eindämmung fallweise zu brechen.

Wiesbadener Episode

Als "Tatort"-Autor und -Regisseur schrieb Brüggemann 2019 ausgerechnet einem Hauptbeteiligten an #AllesDichtmachen eine besonders wunderliche Episode auf den Leib: dem Wiesbadener "Ermittler" Ulrich Tukur alias Hauptkommissar Felix Murot ("Murot und das Murmeltier"). (Ronald Pohl, 4.5.2021)