Jahrelang hat sich der größte Teil der österreichischen Politik nicht sonderlich darum bemüht, Migrantinnen und Migranten zu erreichen. Warum auch? Immerhin dürfen Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft an den allermeisten Wahlen nicht teilnehmen. Nun fällt der Regierung genau das auf den Kopf.

Man muss herausfinden, wer die Impfskeptiker sind, die es zu erreichen gilt.
Foto: imago images/AAP

Die oberste Gesundheitsbeamtin des Landes Katharina Reich sagte am Montag, man müsse erst einmal herausfinden, wer die Impfskeptiker sind, die es zu erreichen gilt. Aussagen wie diese verdeutlichen: Hier wurde viel verabsäumt. Das betrifft freilich nicht nur Menschen mit Migrationsgeschichte. Doch aus den verfügbaren Daten lässt sich ablesen: Migrantinnen und Migranten sind häufiger von einer Infektion betroffen, während sie sich gleichzeitig schlechter informiert fühlen – was wiederum die Zustimmung zu Verschwörungstheorien befeuert, wie eine Studie des Integrationsfonds zeigt. Nebenher ist das Wasser auf die Mühlen rechter Populisten.

Klar, da geht es in vielen Fällen um prekäre Wohnverhältnisse genauso wie um Arbeitsplätze, die eine Infektion begünstigen können. Da geht es um Sprachbarrieren und häufig auch um eine Nachrichtennutzung abseits traditioneller Medien. Doch diese Missstände und die Schwierigkeit, fremdsprachige Menschen zu erreichen, existieren viel länger als die Pandemie. Dass man darauf erst jetzt aufmerksam wird, da es um Leben und Tod geht, ist ein Armutszeugnis für Österreich. (Gabriele Scherndl, 4.5.2021)