Amnesty International warnt vor den Gefahren die von Gesichtserkennungssoftwares ausgehen. (Symbolfoto)

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Wien – Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert mit einer neuen Kampagne ein Verbot der Gesichtserkennungstechnologie zur Strafverfolgung in Österreich. Diese sei ein "massiver Eingriff in das Recht auf Privatsphäre" und berge das hohe Risiko, bereits marginalisierte Gruppen zu diskriminieren. Der Einsatz könne Menschen vor der Teilnahme an Demonstrationen abschrecken und bedrohe daher Recht auf Versammlungs- und Meinungsäußerungsfreiheit, warnt Amnesty.

"Der Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie ist gefährlich und birgt mehr Gefahren, als ihr Nutzen für die Sicherheit der Menschen rechtfertigen kann", warnt die Organisation in einer Stellungnahme und startet am Dienstag die Kampagne "Dein Gesicht gehört dir: Stoppt Gesichtserkennung in Österreich".

Weltweites Verbot gefordert

"Gesichtserkennung bedroht unsere Rechte in einem Maß, das ihr Nutzen nicht aufwiegen kann", so Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. Gesichtserkennung greife massiv in Menschenrechte ein, insbesondere das Recht auf Privatsphäre. Die Technologie sei fehleranfällig. Die Systeme erkennen manche Gesichter in Abhängigkeit von bestimmten Schlüsselmerkmalen wie Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit oder Geschlecht genauer als andere.

Amnesty International warnt vor einer schrittweisen Ausweitung des Einsatzes von Gesichtserkennungstechnologie in Österreich, die im schlimmsten Fall zur Massenüberwachung führen kann, und fordert weltweit ein Verbot. Gesichtserkennungstechnologie zu Identifizierungszwecken solle weder eingesetzt noch entwickelt, produziert, verkauft oder exportiert werden dürfen.

In Österreich im Einsatz

Nach einer einjährigen Testphase ist seit August 2020 Gesichtserkennung zur Strafverfolgung in Österreich im Regelbetrieb. Das Innenministerium veröffentlichte erst nach parlamentarischen Anfragen Informationen über den Einsatz in Österreich. Die Gesichtserkennungssoftware wird laut Innenministerium derzeit vom Bundeskriminalamt zur Ermittlung von vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen eingesetzt – unabhängig von der Strafhöhe eines Deliktes. Mithilfe der Software sollen Bilder eines Gesichtes, wie zum Beispiel Fotos aus Überwachungskameras, mit den Fotos einer Referenzdatenbank der Sicherheitsbehörden ("Zentrale Erkennungsdienstliche Evidenz") abgeglichen werden. Diese umfasst derzeit etwa 600.000 Personen.

Derzeit wird in mindestens zehn EU-Mitgliedstaaten Gesichtserkennungstechnologie von der Polizei eingesetzt. In China wird laut Amnesty die Technologie zur Überwachung der muslimischen Minderheit der Uigur eingesetzt. In Russland setzte die Polizei bei den jüngsten Protesten Gesichtserkennung ein, um Protestierende zu identifizieren und zu verfolgen. In den USA wurde im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste das Missbrauchspotenzial der Technologie kritisiert. Daraufhin kam es in zahlreichen Städten der USA zu einem Verbot der Gesichtserkennung. (APA, 4.5.2021)