Wenn es um die Wassertemperatur geht, sind die Korallen im Golf von Aqaba hart im nehmen.
Foto: Maoz Fine

Korallen zählen zu den am meisten betroffenen Opfern des Klimawandels, was für die Vielfalt des Lebens im Meer besonders problematisch ist. Immerhin bilden die koloniebildende Nesseltiere und ihre gewaltigen Riffe die Grundlage für komplexe marine Ökosysteme. Vor zwei Jahren wies eine Studie im Fachblatt "Current Biology" nach, dass Hitzewellen das Korallensterben sogar weitaus schneller vorantreiben als befürchtet. Nur ein Vierteljahrhundert – nach geologischen Maßstäben ein Wimpernschlag – hat es gebraucht, um eines der großen Naturwunder der Welt, das Great Barrier Reef im Osten Australiens, auf die Hälfte zu reduzieren.

Doch es gibt auch Forschungsergebnisse, die Hoffnung machen: Korallen im Golf von Akaba und ihre Verbündeten Algen und Bakterien sind offenbar besonders widerstandsfähig gegen Hitze, wie ein Team der ETH Lausanne (EPFL) herausgefunden hat. Laut den Forschern dürfte sie das noch für lange Zeit vor den Folgen der globalen Erwärmung schützen.

Schwindende Unterwasserwunder

Korallenriffe befinden sich weltweit in einem katastrophalen Zustand. Dies ist zu einem wesentlichen Teil auf die steigenden Wassertemperaturen zurückzuführen, die massive Korallenbleichen und -sterben verursachen. So werden wohl viele der bizarren Unterwasserwunder bis zum Ende dieses Jahrhunderts verschwinden.

Wissenschafter der ETH Lausanne (EPFL) berichten nun jedoch im Fachmagazin "PNAS" von einer guten Nachricht für die Korallen im Roten Meer, im Golf von Akaba: Die Korallen und ihre winzigen Verbündeten widerstehen Temperaturen, die durchschnittlich fünf Grad höher sind als die 27 Grad, an die sie sich angepasst haben. Bis zum Ende des Jahrhunderts dürfte das Rote Meer diese Schwelle nicht überschreiten, wie die Wissenschafter annehmen.

Das Team um den Erstautor Romain Savary führte einen Hitzetest mit den Korallen durch: Sie setzten sie Wassertemperaturen von 29,5 Grad, 32 Grad und 34,5 Grad für Stunden und Tage aus. "Wir konnten beobachten, dass sich die Korallen und ihre Symbiosepartner sowohl von kurzen als auch von langen Hitzeperioden bis zu 32 Grad ohne Folgeschäden erholen konnten, erläuterte Savary. Allerdings deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass bei 34,5 Grad eine tödliche Temperaturschwelle überschritten wurde.

Die Wissenschafter setzten die Korallen im Golf von Aqaba bei ihren Experimenten verschiedenen Temperaturszenarien aus, wie sie unter anderem in den kommenden Jahrzehnten zu erwarten sind.
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Das Geheimnis hinter der Hitzeresistenz

Auf der Grundlage von Erbgutanalysen nach den Hitzetests gelang es den Forschenden, das genetische Geheimnis der resistenten Korallen zu entschlüsseln. Allerdings liegt den "Superkorallen" demnach eine komplexe und breit gefächerte Genexpression zugrunde. Das dämpft die Hoffnung, weniger resistente Korallen genetisch zu manipulieren und gezielt hitzebeständiger zu machen.

Auch dass etwa das Great Barrier Reef mit Korallen aus dem Roten Meer zu retten wäre, ist laut den Wissenschaftern kaum denkbar. Denn das Korallenriff ist riesig, sodass eine künstliche Besiedlung nicht realistisch ist. Und: "Korallen sind extrem abhängig von ihrer Umgebung und können sich in der Regel nur nach einer langen Zeit der natürlichen Besiedlung an anderer Stelle anpassen", sagte Anders Meibom, ebenfalls von der EPFL. (red, APA, 5.5.2021)