Bernhard Tilg tritt kürzer.

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Zoller-Frischauf zieht sich aus der Landesregierung zurück (Bild aus dem Jahr 2018).

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Innsbruck – Das kam unerwartet. Hatte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) erst kürzlich eine Regierungsumbildung in Zeiten der Corona-Pandemie noch dezidiert ausgeschlossen, so traten am Dienstagabend gleich zwei langgediente Landesräte zurück. Zuerst nahm die Tiroler Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf und kurz danach Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (beide ÖVP) den Hut.

Zoller-Frischauf begründete ihren Rückzug damit, dass sie schon nach der vergangenen Landtagswahl 2018 für sich beschlossen habe, nur mehr die halbe Legislaturperiode abzuleisten. Sie will aber weiterhin im Landtag bleiben und zudem ihre Rolle als Chefin des Tiroler Seniorenbundes wahrnehmen. In Landtagskreisen ist zudem von persönlichen Gründen die Rede.

Tilg will sich aus Politik zurückziehen

Tilgs Rücktritt, nur wenige Minuten später, kam ebenfalls ohne Vorankündigung. Offenbar wollte man Zoller-Frischaufs Abgang für eine seit längerem geplante Rochade nutzen, heißt es aus gut informierten Kreisen. Tilg hat im Zuge der Corona-Pandemie Bekanntheit mit seinem Auftritt in der "ZiB 2" erlangt, wo er gebetsmühlenartig wiederholte, dass Tirol im Zuge des Falles Ischgl "alles richtig" gemacht habe. Tilg will sich wieder seiner ursprünglichen Tätigkeit als Professor für Medizintechnik und Medizininformatik widmen und der Politik den Rücken kehren.

Die Rochade im VP-Regierungsteam kommt – eben weil Platter sie stets ausgeschlossen hatte – überraschend. Doch das dürfte nur den Zeitpunkt an sich betreffen. Dass sie ausgerechnet inmitten eines Skandals um die undurchsichtige Vergabe des größten Auftrags für Corona-Tests des Landes kommt, dürfte wohl auch dem Kalkül geschuldet sein, damit vom für die Tiroler VP unangenehmen Thema abzulenken. Denn obwohl die beiden nun Scheidenden mit den Agenden für Wirtschaft und Gesundheit genau jene Bereiche zu verantworten hatten, die der Skandal betrifft, haben gemäß bisherigen Recherchen nichts damit zu tun. Die Verantwortung dürfte bei anderen Regierungsmitgliedern und Strippenziehern im Hintergrund liegen.

Nachfolger standen schon fest

Ein Indiz dafür, dass die Abgänge der beiden seit 2008 zum Regierungsteam gehörenden Politiker geplant waren, ist die umgehende Bekanntgabe der Nachfolger. Die wurden noch am Dienstagabend verlautbart: Auf Zoller-Frischauf folgt der VP-Landtagsvizepräsident Anton Mattle, der auch Bürgermeister von Galtür ist. Auf Tilg folgt eine politische Neueinsteigerin: Annette Leja, die bisherige Geschäftsführerin des Sanatoriums Kettenbrücke, das zum Orden der Barmherzigen Schwestern Innsbruck gehört.

Die beiden Neuen sind dem Umfeld Platters zuzurechnen. Mattle ist ein VP-Urgestein, der im Tiroler Oberland viel Zustimmung erfährt. Er ist partei- und linientreu, auch wenn er zum Wirtschaftsbund und nicht wie Platter dem AAB angehört.

Neue Landesrätin fiel bereits auf

Leja wiederum ist zwar ein politisch bislang unbeschriebenes Blatt, war aber als Chefin des Privatsanatoriums Kettenbrücke in den Impfskandal rund um Tirols Privatkliniken zu Beginn des Jahres verwickelt. Das Sanatorium Kettenbücke ließ sich damals Impfstoff zuteilen, obwohl man keine Covid-Patienten behandelte.

Dass sie ihren Posten als Geschäftsführerin plötzlich ohne Vorbereitung aufgab, ist eher unwahrscheinlich. Das stützt die These, dass Tilgs Abgang schon länger geplant war. Allerdings ist Wirtschaftsbündler Mattles Nachfolge auf Zoller-Frischauf eher überraschend. Viele rechneten mit Wirtschaftskammer-Tirol-Präsident Christoph Walser (ÖVP) – der Wien im Streit um Corona-Maßnahmen drohte, ihn kennenzulernen – als logischem Kandidaten für den Wirtschaftslandesrat. Er gilt zugleich als Anwärter auf Platters Nachfolge. Dass er nicht zum Zug kam, könnte darauf hindeuten, dass Platter noch immer die Zügel in der Hand hat. (Steffen Arora, 4.5.2021)