Benjamin Netanjahu, der mittlerweile am längsten amtierende Premier Israels.

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Jerusalem – Israels rechtskonservativer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist nach der vierten Parlamentswahl binnen zwei Jahren mit der Bildung einer Regierung gescheitert. Eine entsprechende Frist lief um Mitternacht (Ortszeit) in der Nacht auf Mittwoch ab. Damit steht das Lager der Gegner Netanjahus vor einer Chance, die Ära des 71-Jährigen zu beenden. Ob ihnen dies gelingt, ist aber noch völlig offen. Netanjahu verbleibt zunächst an der Spitze einer Übergangsregierung.

Fünfte Neuwahl nicht ausgeschlossen

Netanjahu ist seit zwölf Jahren durchgängig im Amt und der am längsten amtierende Ministerpräsident in der Geschichte des Landes. Gegen ihn läuft ein Korruptionsprozess. Er weist die darin erhobenen Vorwürfe zurück.

Es wird erwartet, dass Staatspräsident Reuven Rivlin am Mittwoch Oppositionsführer Jair Lapid mit der Regierungsbildung beauftragen könnte. Seine Zukunftspartei gehört der politischen Mitte an. Beobachtern zufolge dürfte jedoch auch für ihn die Bildung einer Koalition nicht einfach sein. Eine fünfte Neuwahl ist nicht ausgeschlossen. Sollte es dazu kommen, hätte auch Netanjahu möglicherweise wieder die Chance, Ministerpräsident zu werden. "Es ist Zeit für eine neue Regierung", hatte Lapid zuvor gesagt. Er sprach sich für eine "stabile" Einheitsregierung aus.

"Wechselmodell" zurückgewiesen

Am Montag hatte Netanjahu dem Chef der religiös-nationalistischen Partei Yamina, Naftali Bennett, das Amt des Regierungschefs in einem Wechselmodell angeboten, um eine "linke Regierung" zu verhindern. Bennet könne im ersten Jahr Ministerpräsident werden, erklärte Netanjahu.

Ex-Verteidigungsminister Bennett, ein einstiger Verbündeter Netanjahus, wies das Angebot aber zurück. Er sei jederzeit bereit, eine rechtsgerichtete Regierung zu bilden, sagte Bennett. Wenn Netanjahu dies nicht gelinge, "werden wir eine Einheitsregierung bilden". Eine erneute Neuwahl müsse unbedingt verhindert werden. In Israel war innerhalb von zwei Jahren bereits viermal gewählt worden. (APA, 5.5.2021)