Das Ehepaar Peter und Renate Loidolt hat die Festspiele Reichenau 1988 gegründet und bis heute geleitet. Jetzt wollen sich die Theatermacher zurückziehen.

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Die traditionsreichen Theaterfestspiele im niederösterreichischen Reichenau an der Rax stehen vor einer fundamentalen Zäsur: Das Ehepaar Renate und Peter Loidolt, das das Projekt 1988 als Privatinitiative gründete, wird sich aus dem operativen wirtschaftlichen Geschäft zurückziehen. Mit Ende des Jahres lässt Renate Loidolt, die für die Finanzen hauptverantwortlich ist, ihren aktuellen Vertrag auslaufen. Die Leitung der Festspiele will man erstmalig ausschreiben, ab Herbst soll dies erfolgen. Man plant also, den Fortbestand der Festspiele zu sichern.

Als Gründe für den Rückzug nennt Renate Loidolt im Gespräch mit dem STANDARD mehrere: Zunächst einmal sei ihr im Alter von 70 klar, dass dieser Schritt einmal kommen musste, "dass dieses Abenteuer irgendwann enden muss". Die Corona-Pandemie, die das Festival zur mittlerweile zweiten Absage in Folge zwingt, habe sie in diesem Entschluss letztlich bekräftigt. Ihr Mann, Peter Loidolt, seines Zeichens künstlerisches Mastermind hinter den Festspielen, sei außerdem mit 76 zuletzt schwer krank gewesen, für Renate Loidolt "ein Wink des Himmels, dass man sich nicht mehr so sehr aufreiben darf. Die Bewältigung der Corona-Krise ist eine Herausforderung, die mich nicht mehr interessiert", gibt Loidolt zerknirscht zu.

Konkurs verhindern

Das Intendanten-Ehepaar ärgerte sich zuletzt, dass es keinerlei finanziellen Corona-Schutzschirm für Reichenau gab, wie es ihn etwa bei anderen Festspielen in Salzburg und Bregenz schon gebe. Ein Abhalten der Festspiele diesen Sommer mit nur 50 Prozent Belegung hält Loidolt für nicht machbar, "dann wären wir sehenden Auges in den Konkurs gegangen. Das möchte ich nicht."

Freilich spielt am Entschluss zum Rückzug noch ein weiterer Aspekt eine Rolle. Im Jänner war der Rohbericht einer Prüfung durch den Bundesrechnungshof publik geworden, in dem dieser das Firmengeflecht bei den Festspielen Reichenau als intransparent kritisiert und vom Land Niederösterreich das Einfrieren und die Rückzahlung der Subventionen fordert, zuletzt waren dies 462.000 Euro jährlich.

Renate Loidolt kann die Rechnungshof-Kritik nicht nachvollziehen, zumal jahrzehntelang vom Land Niederösterreich nichts beanstandet worden sei. Nun werde die "Firmenkonstruktion elementar geändert, wir ziehen uns privat daraus zurück", so Loidolt. "Es war eine gescheite Konstruktion, wenn der Rechnungshof das nicht sieht, tut es mir leid. Es wird sicher anders werden. Ich hatte zum Beispiel nie ein Gehalt, sondern habe von Prozenten gelebt, die vom Einspielergebnis abhingen. Wir waren Abenteurer."

Land Niederösterreich wartet ab

Weitergehen wird dieses Abenteuer doch noch ein bisschen, im Mitgliederverein nämlich, der das finanzielle und organisatorische Grundgerüst der Festspiele bildet und dem Renate und Peter Loidolt weiterhin vorstehen wollen. "Wir werden noch beratend eingreifen. Wer als Leiter nach uns kommt, ist ganz offen, wir verlassen uns ganz auf die Ausschreibung." Jedenfalls müsse es jemand sein, der "ein wirkliches Lenkungsgeschick hat".

Dass jemand aus der Familie zum Zug kommen könnte, schließt Loidolt aus: Alle Kinder seien anderweitig beschäftigt, auch jene Tochter, die einem involvierten Nebenunternehmen vorstand, was der Rechnungshof als unvereinbar mit Transparenzkriterien kritisierte.

Die Kulturverantwortlichen des Landes Niederösterreich wollen erst den Rechnungshof-Endbericht abwarten, ehe Schlüsse gezogen werden, ob überhaupt, und wenn ja, wie viel Subventionsgelder gestrichen oder zurückverlangt werden. Laut Loidolt sei man in informell guten Gesprächen mit dem Land, dass es weitergehen wird mit Reichenau: "Aber es ist halt so: Man bespricht einmal dies und das – und dann kommt vielleicht etwas ganz anderes heraus. Das ist eben Politik." (Stefan Weiss, 5.5.2021)