Bild nicht mehr verfügbar.

Der faszinierende Edelstein wird weltweit aufgrund seiner Schönheit, Reinheit und Widerstandsfähigkeit geschätzt.

Foto: Reuters/Yves Herman

Es dauert Millionen, manchmal sogar Milliarden von Jahren, bis ein Diamant das Licht der Welt erblickt. Sie entstehen unter hohem Druck und Temperaturen von über tausend Grad mehrere hundert Kilometer unter der Erdoberfläche. Erst bei Vulkanausbrüchen werden sie an die Oberfläche transportiert, dann vom Menschen abgebaut, geschliffen und eingespeist in die milliardenschwere globale Diamantenindustrie.

Vergleichsweise einfach mutet dazu die synthetische Herstellung der begehrten Schmuckstücke an. Beim sogenannten Hochdruck-Hochtemperatur-Verfahren werden die natürlichen Bedingungen simuliert und Graphit über mehrere Wochen zu Diamant gepresst. Laut den Herstellern entsprechen künstliche Diamanten exakt den echten, sowohl was das Aussehen als auch die Form, die Härte und andere physikalische Eigenschaften betrifft. Die einzigen Unterschiede: Je nach Größe kosten die Schmucksteine um rund 30 bis 50 Prozent weniger. Zudem sind der Produktion in der Theorie kaum Grenzen gesetzt. Auch müssen dafür keine riesigen Landflächen mehr ausgegraben werden.

Wachsender Trend

Künstliche Diamanten gibt es zwar schon lange, in den vergangenen Jahren ist die Technologie dahinter aber immer besser geworden. Schon jetzt kommen sie vor allem in der Industrie zum Einsatz. Nun springt auch die Schmuckbranche immer mehr auf den Trend auf. Laut dem Beratungsunternehmen Bain & Company ist die weltweite Labordiamanten-Produktion 2020 auf sechs bis sieben Millionen Karat gewachsen, während die Produktion von natürlichen Diamanten von 152 Millionen Karat im Jahr 2017 auf 111 Millionen Karat im Jahr 2020 gefallen ist. Die Corona-Pandemie habe nun zu einer weiteren Reduktion des Abbaus von natürlichen Diamanten geführt.

Optisch sollen sich synthetische Diamanten – wie hier aus Frankreich – nicht von echten unterscheiden.
Foto: APA/AFP/LIONEL BONAVENTURE

Vor wenigen Tagen kündigte eines der weltgrößten Schmuckunternehmen, Pandora, an, komplett auf Diamanten aus dem Labor umzusteigen. Laut offizieller Begründung wolle man das Geschäft nachhaltiger gestalten, sowohl was die ökologischen als auch die humanitären Auswirkungen des Diamantenabbaus betrifft.

Dem Unternehmen könnte es aber auch um neue Kundschaft gehen: Laut Umfragen sind es allen voran Millennials, die auf die künstliche Alternative umsteigen wollen, um so die Umwelt zu schützen und günstigere und transparentere Schmuckstücke zu ergattern. Aber können die künstlichen Diamanten auch halten, was sie versprechen?

Nicht unbedingt umweltfreundlich

In den letzten zehn Jahren sind die Preise von künstlichen Diamanten laut einer Studie um ein Vielfaches gefallen. Zwar kommen sie im Vergleich zu natürlichen Diamanten ohne großflächige Bergbauarbeiten aus, umweltfreundlich sind sie deshalb aber noch nicht. Denn für deren Herstellung wird viel Energie benötigt, die bis jetzt noch nicht immer aus erneuerbaren Energien stammt. Rund die Hälfte der Labordiamanten wird derzeit in China erzeugt – zu großen Teilen mit Kohlestrom. In anderen Ländern, etwa den USA oder auch in Europa, wird allerdings bereits vermehrt auf erneuerbare Energien gesetzt.

Untersuchung zu den Umweltauswirkungen von Labor- und natürlichen Diamanten kommen teils zu ziemlich unterschiedlichen Ergebnissen. Laut einem Bericht der Beratungsfirma Frost & Sullivan aus dem Jahr 2014 brauchen natürliche Diamanten doppelt so viel Energie pro Karat wie synthetische. Ein anderer Bericht des Beratungsunternehmens Trucost aus dem Jahr 2019 fand heraus, dass die Emissionen bei Labordiamanten dreimal so hoch sind wie bei Minendiamanten. Was jedoch vorsichtig stimmen sollte: Der Trucost-Bericht wurde von der Diamond Producers Association in Auftrag gegeben, einer Gruppe internationaler Bergbauunternehmen.

Folgen des Diamantenabbaus

Die Diamant-Bergbauunternehmen stehen den Laboralternativen – wenig verwunderlich – kritisch gegenüber. Laut dem World Diamond Council, der den Sektor vertritt, würde ein Ende der Minenarbeiten dazu führen, dass tausende Menschen ihren Job und damit ihre Einkommensquelle verlieren. Das wiederum könnte zu einer Steigerung der Armut und sozialen Unruhen führen, heißt es von der Organisation. Vor allem Entwicklungsländer würden von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Abbaus profitieren.

Viele Experten, Expertinnen und Aktivisten sehen das anders. Demnach würden die Zahlen der Industrievertreter nicht die wahren Kosten des Diamantenabbaus berücksichtigen. Denn bei den Auswirkungen auf die Umwelt gehe es nicht nur um die CO2-Emissionen. Schon seit längerem steht die Industrie in der Kritik, zu einer Verschmutzung lokaler Gewässer beizutragen. Zudem wird kritisiert, dass der Abbau zur Zerstörung des Lebensraums vieler Tierarten führt.

Der Diamantenabbau steht immer wieder in der Kritik, zu verheerenden ökologischen Schäden zu führen.
Foto: APA/AFP/ALEXANDER NEMENOV

Auch die Ausbeutung von Arbeitern und teils gefährliche Arbeitsbedingungen werden angeprangert. Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch würden sich die Bedingungen beim Abbau von Diamanten zwar verbessern, trotzdem könne kaum ein Schmuckhändler den Kunden versichern, dass es bei der Herstellung der Produkte nicht zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist.

Richtige Vermarktung

Während also weder natürliche noch synthetische Diamanten ohne Probleme auskommen, können letztere mit den richtigen Rahmenbedingungen (etwa erneuerbaren Energien) am Ende die ökologisch sinnvollere Alternative sein, argumentieren Befürworter. Speziell in der Industrie, etwa als Teil von Schneidegeräten, Transistoren oder Lasern, könnte den Labordiamanten künftig eine noch größere Rolle zukommen.

Was den Schmuckmarkt betrifft, könnte wohl vor allem die Vermarktung der Diamanten die entscheidende Rolle für deren Erfolg spielen. Industrievertreter natürlicher Diamanten bewerben die Schmuckstücke mit dem Slogan "Real is Rare" (übersetzt "Real ist selten"). Demnach müsse ein natürlicher Diamant, der über Millionen von Jahren in der Erde entstand, auch einen höheren Wert – und Preis – haben als ein Diamant, der in einigen Wochen im Labor entstand, argumentieren sie.

Worin der Wert liegt

Nicht alle würden dem zustimmen. Der Wert eines Produkts liegt schließlich auch im Auge des Betrachters und den persönlichen Gefühlen, die er oder sie zu einem Schmuckstück empfindet. Anders ausgedrückt: Ein günstiger Labordiamantring kann einen individuell höheren Wert haben als ein natürlicher Diamantring.

Ohnehin spricht viel dafür, dass Händler künftig beide Diamantenarten als Schmuckstücke anbieten könnten – nicht zuletzt, weil schon allein der Preis das Kundensegment trennt. Für den Betrachter ändert sich – so oder so – wenig: denn funkeln und glänzen können Diamanten – egal ob aus dem Labor oder der Erde – genau gleich gut. (Jakob Pallinger, 7.5.2021)