Lady Dimitrescu ist einer der zahlreichen Grusel-Antagonisten in "Resident Evil: Village".

Foto: Screenshot/Capcom

Wem das aktuelle Weltgeschehen noch nicht furchteinflößend genug ist, der bekommt mit "Resident Evil: Village", dem achten Ableger von Capcoms Reihe der Survival-Horrorspiele, endlich frisches Futter für seine Albträume. Schon im Vorfeld der Veröffentlichung wurde der Hype rund um das Spiel befeuert, so gab es etwa spielbare Demos, die von den Userinnen und Usern wiederum gehackt und unter anderem mit skurrilen Sesamstraße-Charakteren angereichert wurden. Die einprägsamste Antagonistin des Werks, Lady Dimitrescu, ist schon jetzt das Liebkind diverser Cosplayer und von Meme-Communitys. In den PS4-Game-Charts von Amazon rangiert "Resident Evil 8" diese Woche auf dem ersten Platz. Besteht mit einem solchen Vorab-Hype die Gefahr, dass die Gamerinnen und Gamer letztendlich ebenso enttäuscht werden wie im Vorjahr von dem legendär gescheiterten "Cyberpunk 2077"? Keineswegs, wie der Test des STANDARD zeigt: Wer sich gern fürchtet, der ist bei Capcom an der richtigen Adresse.

Was bisher in der Welt von "Resident Evil" geschah

Bevor wir jedoch in medias res gehen, hier noch ein wenig Geschichtsunterricht für alle Neueinsteiger. "Resident Evil" ist eine japanische Reihe von Horrorvideospielen, die sich neben diversen anderen popkulturellen Adaptionen auch auf der Kinoleinwand in Form einer mehrteiligen Filmserie mit Milla Jovovich wiederfand. Das erste Spiel der Reihe erschien im Jahr 1996, bis Ende 2020 wurden über 107 Millionen Spiele des Franchises verkauft.

Der vorherige Teil der Serie – "Resident Evil 7: Biohazard" – erschien 2017 und erhielt durchwegs positive Kritiken. In der Rolle Ethan Winters' suchte der Spieler hier nach seiner verschollenen Frau Mia und erlebte dabei so allerlei Grauslichkeiten.

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Die Handlung des achten Teils knüpft nun an den siebenten Teil an. Wobei beachtenswert ist, dass mit der Produktion von "Resident Evil: Village" bereits im August 2016 begonnen wurde – also noch vor der Veröffentlichung des vorherigen Teils und somit ohne Gewissheit, dass dieser beim Publikum gut ankommen würde.

Die Handlung von "Resident Evil: Village"

Eine der großen Stärken von "Resident Evil: Village" ist – neben der packenden Atmosphäre, auf die ich später näher eingehe – seine Handlung. Ich gestehe, dass ich schon recht bald der Versuchung nachgegeben habe, den Schwierigkeitsgrad auf die leichteste Stufe zu stellen, weil ich schlichtweg möglichst rasch mehr über die Tragödie rund um Ethan Winters, seine Frau Mia und seine verschollene Tochter Rose erfahren wollte.

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Genau aus diesem Grund sei an dieser Stelle auch nicht allzu viel über die Handlung verraten – man will ja niemandem die Spannung verderben. Erklärt werden kann jedoch, dass die Familie nach den dramatischen Ereignissen des vorherigen Teils an einen neuen Ort gezogen ist. Dort ist die abendliche Stimmung angespannt, Unruhe liegt in der Luft – und dann überschlagen sich die Ereignisse: Schwer bewaffnete Männer dringen in das Haus ein, erschießen Mia, entführen Rose – und Ethan selbst findet sich in einer für ihn fremden Welt wieder.

Am Anfang ist die Welt noch "harmonisch": Mia liest ihrem Baby Rose eine Gruselgeschichte vor.
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Diese fremde Welt ist das für das Spiel namensgebende Dorf, das sich wohl in Rumänien befinden soll. Darauf deuten unter anderem die im Spiel verwendete Währung Lei ebenso wie die Namen der Charaktere hin.

In der tristen Umgebung geht es auch hier recht schnell zur Sache. Ethan schließt neue Freundschaften, macht sich neue Feinde, rennt und schießt sich dabei durch diverse Gebäude und verwahrloste Straßen des osteuropäischen Kaffs, bis ihn sein Weg schließlich zu einer der Antagonistinnen führt: der bereits eingangs erwähnten Lady Dimitrescu, einer knapp drei Meter großen Vampirfrau, die ihn gemeinsam mit ihren drei schreckenserregenden Töchtern durch ihr verwunschenes Schloss jagt.

Lady Dimitrescu ist knapp drei Meter groß und inspirierte bereits zahlreiche Cosplayer.
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Hätte Lady Dimitrescu ursprünglich die zentrale Antagonistin des Spiels sein sollen, so wird die Geschichte nach dem Ausbruch aus dem Schloss in der nun fertigen Version des Spiels weitergedreht. Und auch die anderen Antagonisten sind nicht weniger furchteinflößend, wie der Spieler bald erfährt: So haben wir es unter anderem mit einer manischen Puppenmacherin und ihren Puppen, einer ekelerregenden Version des Glöckners von Notre Dame und einem hinterlistigen Fabrikbesitzer zu tun.

Drolliges Püppchen – oder etwa nicht?
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So fühlt sich der Horror an

Seine größte Stärke zeigt "Resident Evil: Village" in der Atmosphäre. Während man sich in der Ich-Perspektive durch die verwahrlosten Gassen, die Folterkammer des Schlosses oder ein verhextes Haus bewegt, ist der Puls auf Dauerhoch: Permanent herrscht die Angst vor, dass aus einer dunklen Ecke das nächste Ungetüm hervorspringen könnte.

Zum Schutz vor den Fieslingen hat jemand Knoblauch aufgehängt – und ich frage mich, welcher Albtraum wohl hinter der nächsten Tür lauert.
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Meistens passiert dann ohnehin eher nichts – nur damit dann erst recht in einer vermeintlich harmlosen Situation die Bösewichte einen Schockmoment verursachen. Grund genug, dass meine Frau mich während des Tests mindestens einmal laut schreien hörte. Zu allzu später Stunde musste ich die Konsole abdrehen, damit mich die Vampirtöchter nicht auch noch im Schlaf verfolgen.

Die Dorfhexe kichert schelmisch und treibt mit unklaren Aussagen die Handlung voran.
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Ergänzt wird diese Mischung aus subtiler Gruselstimmung und geschickt eingesetzten Schockmomenten durch explizite Brutalität. Auch hier soll die Spannung nicht durch das Verraten von Details verdorben werden – es muss sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass Ethans Körper so manches Mal in Mitleidenschaft gezogen wird (was auch unzensuriert dargestellt wird) und dass manche Szenen Bilder enthalten, die vor allem auf (werdende) Eltern äußerst verstörend wirken dürften.

Handeln und basteln

Wie in anderen Spielen dieser Art üblich, so kann auch in "Resident Evil: Village" gehandelt werden. Man verkauft also Dinge, die man unterwegs gefunden hat, und erwirbt im Gegenzug Munition oder Aufrüstungsmodi für die eigenen Waffen. Dieser Austausch findet bei einem Händler statt, der sich selbst als "Duke" bezeichnet und ein Talent dafür besitzt, stets an den unpassendsten Orten sein Geschäft zu eröffnen.

Das ist der Duke. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich sein einziger Kunde bin.
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Parallel dazu gibt es auch bei "Resident Evil: Village" einen Crafting-Modus – also die Möglichkeit, Munition und andere Gegenstände selbst herzustellen, sofern man sich zuvor die entsprechenden Baupläne und Einzelteile beschafft hat. Das System ist selbsterklärend und idiotensicher.

Getrübte Stimmung: Was ist weniger gelungen?

Bei allem Lob für das neue Capcom-Werk gibt es jedoch auch Anlass für Kritik. Und das sind meiner Ansicht nach jene Momente, in denen die sonst gut durchdachte Atmosphäre doch durch manche Game-Mechaniken getrübt wird.

Das bezieht sich etwa auf die Frage, wo Ethan Munition findet: Sehr bald stellt sich nämlich heraus, dass man diese erhält, indem man im Schloss der Lady Dimitrescu Vasen zerschlägt. Welche Schlossherrin bewahrt bitte schön Munition in ihren Vasen auf? Freilich weiß ich, dass diese Gegenstände nun einmal irgendwo für den Spieler auffindbar sein müssen und dass dies auch in anderen Games so gehandhabt wird – in einem sonst atmosphärisch so gelungenen Spiel wie diesem fällt der Regiefehler aber besonders auf.

Auch an dieses Detail wurde gedacht: Gespeichert wird über alte Schreibmaschinen.
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Der zweite Kritikpunkt betrifft ebenfalls etwas, das sich auch in anderen Spielen dieser Art findet: dumme Rätsel. Denn die Mischung aus Wild-um-sich-Ballern, panisch Wegrennen und Handeln mit dem Duke wird beizeiten durch Rätsel unterbrochen, die gelöst werden wollen – schafft man dies nicht, so geht es in der Handlung nicht weiter. Und so habe ich teils abends die Konsole genervt ausgeschaltet, weil ich eine bestimmte Anzahl an Glocken zum Läuten bringen musste oder ein Objekt in meinem Inventar zerlegen musste, die Sinnhaftigkeit dieser Aktion aber nicht gleich erkannte. Auch hier gilt: Das kommt auch in anderen guten Spielen vor. Aber in diesem Fall stört es eben besonders.

Fazit

"Resident Evil: Village" ist ein Spiel, bei dem man sich zwingen muss, die Konsole abzudrehen, um am nächsten Tag noch halbwegs ansprechbar zu sein – nur um am darauffolgenden Abend erneut in den Horror des Dorflebens einzutauchen. Und es ist ein Spiel, das so gut wie durchgehend eine beklemmende Stimmung erzeugt und in seinen besten Momenten schockieren kann – sei es durch gezielt eingesetzte Schockmomente oder durch die Verwendung von viel digitalem Kunstblut. Bei den zuvor erwähnten Kritikpunkten handelt es sich in Wahrheit um Jammern auf hohem Niveau.

Daher ist "Resident Evil: Village" allen zu empfehlen, die sich zum Horrorgenre hingezogen fühlen und an einem Computerspiel Dinge wie packende Atmosphäre, klischeebefreite Charaktere und eine spannende Handlung schätzen. Wer jedoch eher schwache Nerven hat, der sollte auch von diesem Teil der Reihe lieber die Finger lassen.

"Resident Evil: Village" erscheint am 7. Mai für Windows, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series X/S und Stadia. Der Mindestpreis auf der PC-Plattform Steam beläuft sich auf 59,99 Euro. Für den japanischen Markt war zuvor auch eine Collectors Edition angeboten worden – zum stolzen Preis von umgerechnet 1.500 Euro. (Stefan Mey, 5.5.2021)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Das Rezensionsexemplar wurde von Capcom zur Verfügung gestellt.