Das wienweite Parkpickerl wird eher nicht mehr in diesem Jahr Realität: "Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen", sagte Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) dazu.

Foto: APA / Helmut Fohringer

Wien – Seit Jahren wird zwischen Stadtregierung und Bezirken um ein wienweites Parkpickerl gerungen. Zuletzt einigten sich im Juli 2020 noch unter der grünen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein alle im Wiener Landtag vertretenen Parteien auf die Ausarbeitung eines Landesgesetzes, das ein einheitliches Zonen- und Tarifmodell ermöglichen sollte. Der Vorstoß zu diesem wienweiten Modell, der den aktuellen Fleckerlteppich beseitigen sollte, wandert mit der Hebein-Nachfolgerin Ulli Sima (SPÖ) aber nun in den Papierkorb.

Simas Pläne sind andere: Auf Basis der aktuellen Parkraumbewirtschaftung soll nun ein wienweites, flächendeckendes Parkpickerl erarbeitet werden – mit gleicher Geltungsdauer und gleichem Preis für jeden Bezirk. Das gab die Verkehrsstadträtin am Mittwoch im Rathaus bekannt. Mit am Podium befanden sich neben Neos-Klubchefin Bettina Emmerling auch die roten Vorsteher jener Bezirke, die noch kein oder nur ein teilweises Parkpickerl haben. Es handelt sich hier um Simmering, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing. Lediglich Hietzing, das ebenfalls noch pickerlfrei ist, fehlte: Bezirksvorsteherin ist Silke Kobald von der ÖVP. In 19 von den 23 Wiener Bezirken (siehe Grafik) gibt es bereits ein teils flächendeckendes Pickerl.

So sieht der aktuelle Fleckerlteppich bei der Parkraumbewirtschaftung in Wien aus.
Grafik: Der Standard

Sima will damit einem zu erwartenden Dominoeffekt bei der Verdrängung von Autofahrern ohne Parkpickerl zuvorkommen: Denn Simmerings Bezirksvorsteher Thomas Steinhart hatte bereits angekündigt, aufgrund der unerträglichen Parksituation das bereits bestehende Pickerl in Teilen seines Bezirks auf die ganze Fläche auszuweiten – notfalls im Alleingang. Das hätte zunächst massive Auswirkungen auf den Parkplatzdruck in Liesing – und in weiterer Folge auf die anderen pickerlfreien Wiener Bezirke. Immerhin kommen täglich rund 200.000 Pendler mit dem Auto nach Wien, rechnete Sima vor.

Umsetzung nicht in diesem Jahr

Auf die Ausweitung müssen leidgeprüfte Wiener Parkplatzsucher in den pickerlfreien Bezirken aber noch ein wenig warten. Auf die Frage, ob das wienweite Modell noch heuer umgesetzt werden kann, sagte Sima: "Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen." Alleingänge von Bezirken werde es nicht geben, Ziel ist ein gleichzeitiger Start.

Zuvor wird noch geprüft und ausgearbeitet: Die Magistratsabteilung 46 (Verkehrsangelegenheiten) soll etwa untersuchen, welche Auswirkungen die Einführung eines Parkpickerls in Simmering auf die übrigen Bezirke hat. Donaustadts Bezirkschef Ernst Nevrivy, bisher ein heftiger Kritiker des aktuellen Parkpickerl-Modells, hat auch die Magistratsabteilung 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung) beauftragt: Er will wissen, welche Auswirkungen ein Pickerl im Nachbarbezirk Floridsdorf auf seinen Bezirk hat. "Wir stimmen jedenfalls nur einer wienweiten Lösung zu."

Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen laut Sima bis zum Sommer vorliegen. Dann erst wird eine einheitliche Geltungsdauer für das Parkpickerl erarbeitet. Aktuell gilt in inneren Bezirken eine Kurzparkzeit von 9 bis 22 Uhr für zwei Stunden, in äußeren Bezirken von 9 bis 19 Uhr für drei Stunden. Das Parkpickerl in Innenbezirken ist aktuell teurer als in Außenbezirken. Sima peilt mit der neuen einheitlichen Regelung auch einen einheitlichen Preis an. Eine Erhöhung werde es nicht geben, so die Stadträtin.

Wie es mit der Spezialzone um die Stadthalle weitergeht, ist ebenfalls offen: Dort gilt die Kurzparkzone teils bis 22 Uhr. Laut Sima könnte es hier – wie auch in anderen Bereichen in Wien – weiterhin eine Anrainerparkzone geben, mit zeitlich begrenzten Parkplätzen nur für Anrainer. Wo es Parkpickerl-Überlappungszonen zwischen zwei Bezirken geben könnte, wird ebenfalls überlegt. Dazu gibt es auch noch eigene Regelungen für Einkaufsstraßen.

Heftige Kritik von den Oppositionsparteien

Hietzings ÖVP-Bezirkschefin Kobald kritisierte in einer Aussendung die Pläne. "Das Parkpickerlmodell soll entgegen der Aussagen vor der Wahl nicht adaptiert werden. Vom Zonen-Modell ist keine Rede mehr", sagte Kobald, die "mehr Fragen als Antworten" ortete. Klar sei aber auch, "dass Hietzing nicht der einzige Bezirk Wiens ohne Parkpickerl bleiben kann, sonst würden wir zum Dauerparkplatz von ganz Wien werden".

Die Wiener Grünen sprachen sich ebenfalls für eine Reform des Parkpickerls aus. "Es wird lediglich ein 30 Jahre altes Modell fortgesetzt und eine weitere Chance auf eine Ökologisierung der Verkehrspolitik vertan", so die Mobilitätssprecherinnen Heidi Sequenz und Kilian Stark.

Die Wiener FPÖ bezeichnete die Einführung als Geldbeschaffung und sei "eine reine Inkassoaktion der Wiener SPÖ, um klaffende Löcher in der Stadtkassa zu füllen", meinte Landesparteichef Dominik Nepp.

In Niederösterreich ortete Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko Gesprächsbedarf. "Wir werden deshalb Gespräche führen müssen, welche gemeinsamen Schritte es nach einer Parkpickerl-Ausweitung geben wird, zum Beispiel beim Ausbau von P & R-Anlagen." Schleritzko erinnerte auch daran, dass sich zuletzt die Stadt Wien im Jänner 2020 bereit erklärt hatte, bei der Errichtung von rund 2.000 zusätzlichen P&R-Stellplätzen in Niederösterreich 3,25 Millionen Euro beizusteuern.

Mehr als 200 Millionen Euro an Parkeinnahmen im Jahr 2019

Schon zuletzt hat die sukzessive Ausdehnung der Parkpickerlbezirke Wien einen neuen Einnahmenrekord bei der Parkraumbewirtschaftung beschert. 2019 – also noch vor der Corona-Pandemie- wurden knapp 123 Millionen Euro alleine durch Parkeinnahmen (Parkpickerl, Parkscheine, Handyparken) erwirtschaftet, die ins Stadtbudget flossen. Dazu kamen Einnahmen aus Verkehrsstrafen im Bereich Parken, die 2019 81,5 Millionen Euro ausmachten. Zusammengerechnet beliefen sich diese Einnahmen auf 204,5 Millionen Euro. Das abgelaufene Jahr 2020 war durch die Corona-Pandemie geprägt, so wurden Kurzparkzonen vorübergehend auch aufgehoben. (David Krutzler, 5.5.2021)