Die Corona-Krise bescherte den USA wieder Leitzinsen nahe dem Nullpunkt. Dennoch gibt es einen wesentlichen Unterschied im Verlauf der Anleihemärkte auf den US-amerikanischen Märkten und im europäischen Marktumfeld.

Zinsen über der jährlichen Inflationsrate sind im europäischen Raum und vielen anderen Ländern schon länger nicht zu sehen. Diese Entwicklung nahm vor mehreren Jahrzehnten in Japan ihren Ausgangspunkt und inzwischen folgten die Notenbanken auf der ganzen Welt diesem Beispiel. Die damit ausgelöste lockere Geldpolitik schürt bei vielen die Sorge einer hohen Inflation nach der aktuellen Wirtschaftskrise. Die Argumente ähneln unheimlich jenen nach der Finanzkrise von 2008, als die Anleger einen Anstieg der Inflation erwarteten, weil alle neuen Staatsschulden mit frisch gedrucktem Geld finanziert werden mussten. Im Jahr 2020/21 machen wir genau das Gleiche wie in der Krise 2007/08, und die Anleger und Investoren erwarten ein anderes Ergebnis als beim letzten Mal.

Auswirkungen der Inflation

Was wird die Inflation bewirken, und wie wird sie sich auf die bereits bestehende Ungleichheit auswirken? Es ist bekannt, dass eine höhere Inflation dazu neigt, die Arbeiterklasse und die Armen zu verletzen, weil ihre Transferleistungen beziehungsweise Löhne im besten Fall mit der Inflation wachsen, aber zumeist etwas weniger – wie im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld. Und aufgrund des Mangels an anderen Einkommen bedeutet eine höhere Inflation in der Regel einen sinkenden Lebensstandard für die geringer verdienenden Menschen und die Arbeiterklasse. Es wird allgemein angenommen, dass eine höhere Inflation den wohlhabenderen Menschen zugutekommt, da sie Unternehmen und Aktien besitzen. Beides sind reale Vermögenswerte, deren Wert bei steigender Inflation steigen sollte.

Das stimmt leider nicht ganz. Eine Studie von zwölf Industrieländern von 1920 bis 2016 zeigt, dass eine hohe Inflation den Reichen mehr schadet als den Armen. Ja, es ist wahr, dass die Reichen Aktien und Unternehmen besitzen, die bei steigender Inflation an Wert gewinnen. Bei diesen Berechnungen wird jedoch manchmal vergessen, dass eine höhere Inflation auch zu steigenden Zinsen führt, und steigende Zinssätze bedeuten höhere Diskontierungssätze für zukünftige Cashflows. Dabei zeigen die Analysen, dass es einen kritischen Wendepunkt gibt. Sobald die Inflation über etwa fünf Prozent steigt, beginnen die Bewertungen der Aktien zu sinken. Dies liegt daran, dass auf diesen Ebenen der Diskontierungssatz den Effekt des realen Vermögens zu dominieren beginnt. Mit anderen Worten: Inflation ist gut für Aktien, aber zu viel des Guten wird schlecht für Aktien sein. Wenn die Inflation in Richtung fünf Prozent und mehr steigt, ist dies ein Zeichen dafür, dass die Zentralbanken längst die Kontrolle über die Geldpolitik verloren haben und die Inflation nur auf Kosten viel, viel höherer Zinssätze und wahrscheinlich einer weiteren tiefen Rezession gezähmt wird (ähnlich der inflationären Perioden in den 1970er-Jahren und frühen 1980er-Jahren).

Vermögen schützen

In der Tat zeigten sich zuletzt deutlich weniger Anleihekäufe der US-amerikanischen Notenbank. Das rührt daher, da die Notenbanken mit ihrer Geld- beziehungsweise Zinspolitik vor allem die Zinserträge für Anleihen mit kurzfristigen Laufzeiten beeinflussen. Die Renditen dieser Papiere sind sowohl im US-amerikanischen Raum als auch in Europa sehr tief. Die langfristigen Renditen sehen da schon wieder ganz anderes aus. Diese spiegeln die Erwartungen der Anleger an die zukünftige inflationäre Entwicklung. Die Renditenunterschiede zwischen langfristigen und kurzfristigen Laufzeiten in den US-amerikanischen Rentenmärkten liegen darin begründet, dass die US-Notenbank dem Markt vielmehr Spielraum gibt als die EZB. Während die Kaufprogramme der Europäischen Zentralbank auch in den letzten Quartalen ihren gewohnten Verlauf nahmen, blieben Sie in den USA auf selben Niveau. Ein Zeichen, das die Amerikaner in gewohnter Manier den Kräften der Finanz- und Kapitalmärkte mehr Glauben schenken. Dies kann auf möglicherweise geringe inflationäre Tendenzen schließen lassen, welche auf den europäischen Kontinent überschwappen können.

Gerade hier scheiden sich die Geister. Was tun bei inflationären oder deflationären Tendenzen? Und wie seinen Kindern etwas Gutes tun und Vermögen schützen? Es ist Realität, dass auf das Sparbuch eingezahlte Gelder real an Wert verlieren. Wer daher für Kinder oder Enkelkinder langfristig sparen und an das Morgen denken möchte, braucht alternative Sparformen als das Zinskonto. Hinzu kommt, dass Gerichte erst kürzlich Verträge für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge kippten, welche die Eltern im Namen ihrer Kinder abgeschlossen hatten. Es zeigt aber auch, wie schwierig der Umgang mit dem Geld Minderjähriger ist. Das ABGB zählt einige Anlageformen mit sehr geringem Ausfallrisiko als mündelsicher auf, wobei die Rechtsprechung hier ebenso einen Einfluss hat. Gemäß der österreichischen Finanzmarktaufsicht erfüllen derzeit 18 Fonds und zwei Immobilienfonds die gesetzlichen Bestimmungen. Aber auch hier gilt: Man kommt um die Inflation und Renditen um die null Prozent nicht herum. Nach Abzug der Gebühren der Fonds, dürften auch hier die Renditen im negativen Bereich angesiedelt sein, solange die Renditen für Staatsanleihen hoher Bonität nicht noch mehr Basispunkte an Rendite einbüßen (welche bereits im negativen Territorium angesiedelt sind).

Anlage in Rohstoffen als Alternative

Bleiben als Alternativen vor inflationärem Schutz und entsprechenden Renditen Rohstoffe wie Gold und Silber. Im August 2020 hatte Gold auf Basis des US-Dollars ein neues Allzeithoch erreicht (nominell). Dies zeigt einmal mehr den Wert des schimmernden Glanzes des Golds in Krisenzeiten. Inflationsbereinigt liegt der Höchststand allerdings bereits einige Jahrzehnte zurück. Die Entwicklung von Silber sah etwas anders aus. Die Höchststände von 1980 und 2011 konnten nicht erreicht werden, dennoch legte Silber in den vergangenen Monaten deutlich zu. Der immense Anstieg des Silbers in den 70er-Jahren war auf die Unternehmer William Herbert Hunt und Nelson Bunker Hunt zurückzuführen. Viele kleine Anleger verloren jedoch aufgrund der Spekulationen der Hunt-Brüder das Vertrauen in dieses Edelmetall.

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Ist Silber die bessere Anlage?
Foto: REUTERS/Edgar Su

Im Anschluss an den Preisverfall hat sich der Silberpreis seit damals niemals mehr richtig erholt. 2020 ist der Preis des Edelmetalls um 48 Prozent gestiegen und damit stärker als der Goldpreis. Vor dem Hintergrund der immensen Preissteigerungen von Gold in den letzten Jahren könnte Silber weiter an Wert gewinnen, wenn Anleger Alternativen zu den niedrigen Zinsen und zu Gold suchen. Und auch das Gold/Silber-Verhältnis, sprich die Anzahl der Unzen Silber, welche zum Kauf einer Unze Gold benötigt werden, fiel von einem Rekordhoch von über 120 letztes Jahr auf derzeit rund 72. Dieses niedrigere Niveau deutet auf eine Outperformance von Silber gegenüber Gold hin. Ebenso zeigt der historische Vergleich, dass Silber niemals sehr lange auf solchen Tiefstständen notierte. Silber trägt auch deswegen immenses Potenzial in sich, da es großteils in der Industrie Verwendung findet. Mit einer entsprechenden Konjunkturerholung würde dies ebenso zu einer höheren Nachfrage nach dem Edelmetall führen. Die Chancen für Alternativen zu festverzinslichen Wertpapieren bei gleichzeitigem inflationären Schutz stehen für dieses Edelmetall entsprechend gut. (Bernhard Führer, 10.5.2021)