Die diesjährige 1.-Mai-Feier könnte eine der letzten gewesen sein im MAN-Werk in Steyr. Aber am Mittwoch standen die Aktien wieder besser.

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Wien – Zäh gestalten sich die Verhandlungen über den Sozialplan für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im MAN-Lkw- und Buswerk im oberösterreichischen Steyr. Das sollte nach der Ablehnung der Belegschaft kurz nach Ostern, in das Vehikel WSA von Investor Siegfried Wolf überzutreten, nicht überraschen. Die Stimmung sei nahe der Frostgrenze – wie die Verhandlungsbereitschaft seitens des Münchener Konzerns.

Ganz schlecht ist es nach STANDARD-Informationen am Mittwoch offenbar trotzdem nicht gelaufen. Die für Montag vorsorglich in Aussicht gestellte Protestveranstaltung wurde vertagt. Gewerkschafter und Betriebsrat sprachen am Mittwochnachmittag von einem "konstruktiven Gesprächsklima" und "ersten Annäherungen". Die Konzernleitung habe "Entgegenkommen beim Sozialplan signalisiert", signalisierte ihrerseits die Betriebsratsspitze.

Es geht ums Geld

Was seitens der Geschäftsführung vorige Woche als Verhandlungsgrundlage für einen Sozialplan vorgelegt worden sei – diesfalls ausschließlich für den Fall der angekündigten Werksschließung –, sei "grottenschlecht", verlautet aus Verhandlerkreisen. Der Vorschlag falle nicht nur weit unter das Niveau früherer Sozialpläne zurück, wie sie für vergleichsweise kleine Arrondierungen des Beschäftigtenstandes vor fünf Jahren abgeschlossen wurden. Er ist auch schlechter als der im Fall eines Verkaufs an an Wolf in Aussicht gestellte Sozialplan.

Füllhorn in Deutschland

Im Vergleich zu dem im Intranet der deutschen MAN-Gesellschaften auf Konzernebene veröffentlichten Sozialplan stinke der nun vorliegende Vorschlag für die aus knapp 1.900 Mitarbeitern bestehende Stammbelegschaft der MAN Truck & Bus Österreich geradezu ab. Was den rund 650 Mitarbeitern, die nicht in Wolfs Vehikel WSA übernommen würden, den Abschied versüßen sollte, stehe nach den Vorstellungen der vom Mutterkonzern entsandten Unternehmensleitung nun für die gesamte Stammmannschaft zur Verfügung, also rund dreimal so viele Leute.

Der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze steht bei der Belegschaft im MAN-Werk in Steyr und in der Gewerkschaft an oberster Stelle.
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Allein der Berechnungsschlüssel für die Abfindung – nicht zu verwechseln mit der gesetzlichen Abfertigung, die jedem Dienstnehmer in Österreich im Fall einer Dienstgeberkündigung zusteht – orientiere sich nicht mehr am Lebensalter, sondern ausschließlich an der Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Turbo für den Abschluss

Das reflektiere die schlechten Aussichten älterer Dienstnehmer ebenso wenig wie deren künftig zu erwartende deutlich schlechtere Verdienstmöglichkeiten. Von Sahnehäubchen oben drauf auf die relativ großzügigen Abfindungsregelungen für deutsche Werksstandorte können die Steyrer MAN-Mitarbeiter sowieso nur träumen. Solche gibt es im deutschen Sozialplan nicht zu knapp. Die Palette reicht von der "Abschlussprämie" in Höhe von 20.000 Euro für all jene, die von sich aus den Abgang machen (und vom Unternehmen quasi freigegeben werden) bis zur "Turboprämie" für Schnellentschlossene.

Deutsche MANler, die binnen zwei Monaten eine Trennungsvereinbarung unterschreiben, bekommen pro Dienstjahr 3.000 Euro drauf (maximal 90.000 Euro), rechnet ein Involvierter der Produktionsgewerkschaft Proge vor. In Deutschland könne ein 50-Jähriger mit 4.000 Euro Bruttolohn und 30 Dienstjahren mit rund 72.000 Euro Abfindung rechnen, die inklusive Abschluss- und Turboprämie deutlich mehr als verdoppelt würde.

Mehr als das Doppelte

Gemäß dem Verhandlungsvorschlag für die österreichischen Beschäftigten hingegen käme der 50-Jährige gerade einmal auf 76.000 Euro, wobei darin die gesetzliche Abfertigung, die jedenfalls zu zahlen ist, bereits inkludiert ist. Von Letzterer würde gemäß den Vorstellungen der MAN-Führung übrigens sogar noch etwas abgezogen, weil eine Art Abschlagszahlung vorgeschlagen wird in Höhe von maximal dreieinhalb Bruttomonatslöhnen. Allerdings gibt es im Gegenzug eine altersabhängige Zusatzleistung in Höhe von maximal zwei Monatsgehältern für Dienstnehmer zwischen 46 und 64 Lebensjahren.

"Allein die Abschluss- und Turboprämie macht den deutschen Sozialplan so richtig kraftvoll", betont ein Gewerkschafter. Eine solche (1.000 Euro pro Dienstjahr) war in dem seit der Ablehnung auf Eis liegenden Plan von Investor Wolf übrigens auch enthalten, allerdings mit 10.000 Euro gedeckelt.

Konstruktives Gesprächsklima

Fortschritte gäbe es auch bei der Frage möglicher anderer Investoren. Nachnutzungskonzepte unter Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wären möglich, sofern ein industrielles Konzept vorgelegt werde und es keine Konkurrenzprodukte gebe, hieß es. Auch bei der Erfüllung der im Standortsicherungsvertrag festgehaltenen Investitionszusage sehen die Verhandler nicht mehr völlig schwarz. Dies würde mit dem MAN-Vorstand in München besprochen – zumindest sei dies zugesichert worden. (Luise Ungerboeck, 5.5.2021)