Die Corona-Pandemie hat die Dividendenpolitik neu definiert. Auch die EZB hat sich in die Ausschüttungsvergabe eingemischt.

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Im Frühling gibt es für Anleger einen Fixtermin. Dann wird die Dividende ausbezahlt. Dieser Bonus ist wie eine Zusatzrendite und belohnt Investoren für ihr Vertrauen in das Unternehmen. Ein erster Blick in die aktuelle Dividendensaison zeigt, dass es für die Investoren, die in ATX-Unternehmen veranlagt haben, gut gelaufen ist – trotz Krise.

Das abgelaufene Wirtschaftsjahr 2020 bescherte den ATX-Unternehmen nach den Rekordgewinnen der Vorjahre zwar deutliche Gewinnrückgänge. Konkret sank das kumulierte, den Aktionären zurechenbare Ergebnis der 17 untersuchten ATX-Konzerne um mehr als ein Drittel (38,9 Prozent) auf 4,9 Milliarden Euro. Das geht aus dem aktuellen Dividendenreport hervor, den die Arbeiterkammer Wien erhoben hat.

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen fuhren mit der Immofinanz und der Schoeller Bleckmann Oilfield aber lediglich zwei Unternehmen einen Verlust ein. Mit Ausnahme des Energieversorgungsunternehmens Verbund (konnte seinen Gewinn um 13,8 Prozent steigern) mussten aber alle Unternehmen Corona-bedingt deutliche Gewinneinbußen hinnehmen. Am schwierigsten war das Jahr für Lenzing mit einem Einbruch von knapp 95 Prozent.

OMV zieht vor

Die höchsten Gewinne in absoluten Zahlen erwirtschafteten, wie auch in den Vorjahren, dieselben Top drei: An der Spitze steht abermals der Mineralölkonzern OMV mit 1,25 Milliarden Euro, das zweitbeste Ergebnis konnte die Raiffeisen Bank International mit 804 Millionen Euro vorlegen. Die Erste Group fiel mit einem Gewinn von 783 Millionen Euro auf den dritten Platz zurück.

Trotz des schwierigen Geschäftsjahres wollen fast alle Unternehmen ihren Aktionären einen Teil vom Kuchen in Form einer Dividende abgeben. Nur Schoeller Bleckmann und Lenzing wollen wegen des schwierigen Geschäftsverlaufs für 2020 nichts ausschütten. Die S-Immo AG hat zum Zeitpunkt der Reporterstellung diesbezüglich noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Die restlichen 14 Konzerne werden 2021 teils aber wieder beträchtliche Dividenden beschließen. Davon wird die Hälfte (sieben Konzerne) ihre Dividenden gegenüber dem Vorjahr zum Teil kräftig erhöhen, während vier Unternehmen ihre Ausschüttungspolitik im Vergleich zum Vorjahr beibehalten und die EVN (minus zwei Prozent), die Österreichische Post (minus 23,1 Prozent) und die VIG (minus 34,8 Prozent) ihre Dividende kürzen.

Was heißt das jetzt in Zahlen für die Anleger?

Halten die bisher bekanntgegebenen Vorgaben der Unternehmen, fließen in Summe 2,42 Milliarden Euro an die Anteilseigner. Halten die Banken auch an ihren Dividendenzusagen fest, könnten sich die Auszahlungen auf 3,1 Milliarden erhöhen. Die Banken sind heuer das Zünglein an der Dividendenwaage. Das liegt daran, dass die EZB wegen der Pandemie im Vorjahr darauf drängte, von Ausschüttungen Abstand zu nehmen, um die Kapitalquote bei den Banken zu stärken. Dies führte dazu, dass 2020 keine Dividenden fließen durften. In einer weiteren Aufforderung vom 15. Dezember 2020 hat die EZB die Kreditinstitute weiter angehalten, bis zum 30. September 2021 auf die Auszahlung von Dividenden zu verzichten. Der generelle Dividendenstopp wurde aufgehoben. Liegen eine solide Kapitalsituation und entsprechende Risikovorsorgen vor, werden Dividenden bis zu einer bestimmten von der EZB vorgegebenen Schwelle honoriert. Daher wollen einige Banken einen Teil der Dividende jetzt zahlen, einen Teil im Herbst.

Nach einer ersten Auszahlung von 40 Millionen Euro im ersten Quartal hat die Bawag angekündigt, im vierten Quartal die restlichen 420 Millionen Euro an Dividende auszubezahlen. Die Erste Group hat neben der regulären Dividende von 0,5 Euro pro Aktie bereits eine Dividende von 1,0 Euro pro Aktie in Summe von somit 426,3 Millionen Euro für ihre Aktionäre für eine spätere Auszahlung im Herbst zurückgelegt. Auch die RBI AG behält sich laut Geschäftsbericht vor, eine mögliche zusätzliche Dividendenausschüttung in Erwägung zu ziehen. Diese Zusatzdividende könnte aufgrund des Gewinnvortrages für 2019 sowie des ursprünglichen Gewinnvorschlages bei 328,6 Millionen Euro liegen. Das wäre ein neuer Ausschüttungsrekord.

Die großzügige Dividendenpolitik sieht die Arbeiterkammer aber skeptisch. "Trotz wirtschaftlich schwierigen Umfelds wird ausgeschüttet, als gäbe es kein Morgen mehr", sagt Markus Oberrauter, Autor des Dividendenreports. Vor allem dass die Post eine Ausschüttungsquote von 90 Prozent aufweist, ruft Kritik hervor. Das Paketvolumen hat in der Pandemie drastisch zugenommen, statt das Geld fast zur Gänze an die Aktionäre fließen zu lassen, "könnte auch in die Verteilzentren und die Mitarbeiter investiert werden", sagt Oberrauter.

Finanzminister nascht mit

Auffällig ist für Oberrauter aber auch, dass die staatsnahen Betriebe besonders viel Geld ausschütten – denn die Republik als Anteilseigner nascht hier freilich mit. So hat die OMV etwa ihre Dividendenausschüttung um 5,7 Prozent auf 604 Millionen Euro angehoben. Damit ist die Dividende der OMV so hoch wie in den vergangenen 13 Jahren nicht. Der Verbund hat in den vergangenen zehn Jahren nur einmal (2013) mehr ausgeschüttet, als aktuell mit 260 Millionen Euro (plus 8,7 Prozent) geplant ist. Und: "Die Post schüttet jedes Jahr fast ihren gesamten Gewinn an die Aktionäre aus", fasst Oberrauter zusammen. (Bettina Pfluger, 6.5.2021)