Dass auch in Wien die Gastronomie komplett aufsperrt, Veranstaltungen und Sport möglich sind, ist noch nicht fix. Bürgermeister Ludwig entscheidet am Donnerstag.

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Seit Donnerstagmittag berät der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit Expertinnen und Experten über die nächsten Öffnungsschritte in Wien. Teilnehmer bei der Videokonferenz sind unter anderem Intensivmediziner, Mediziner aus anderen Bereichen wie Post-Covid, der Komplexitätsforscher Peter Klimek oder der Public-Health-Experte Hans-Peter Hutter.

Denn obwohl die Bundesregierung ankündigte, dass ab 19. Mai die Gastronomie drinnen und draußen wieder aufsperren kann, Veranstaltungen wieder möglich sind und Menschen auch wieder zum Sport können, ist nicht sicher, ob Wien all diese Bereiche ebenfalls gleichzeitig öffnet. Dem Vernehmen nach arbeitete Wien an einem Stufenplan, nach dem Motto: Alles öffnen, aber nicht alles gleichzeitig. So war denkbar, dass zunächst nur die Outdoor-Gastronomie samt Schanigärten öffnet. Eine Entscheidung wird von Stadtchef Ludwig am Nachmittag um 15.30 Uhr verkündet, wie es von seinem Sprecher zum STANDARD hieß.

Ludwig spricht von Mittelweg

"Wir wollen diese Schritte überlegt setzen, intelligent und nachhaltig", betonte Ludwig im Vorfeld. Es "wird sicher ein Mittelweg sein, dass man den Wunsch nach Öffnung kombiniert auch mit der Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung". In der Ostregion hätten sich die Zahlen nach dem strengen Lockdown gut entwickelt, sie würden aber etwa in Vorarlberg wieder steigen, man beobachte das laut Ludwig sehr genau.

Wien befand sich vom 1. April bis zum 3. Mai in einem harten Lockdown – der sogenannten Osterruhe, die deutlich verlängert wurde. Die Corona-Zahlen waren hoch, aber vor allem die Belegung der Intensivstationen veranlasste Ludwig zu diesem Schritt. Zum Höhepunkt befanden sich in Wien 245 Covid-Patientinnen und -Patienten in Intensivbetten. Aktuell liegt diese Zahl bei 169 Personen, vier weniger als am Vortag. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt in Wien derzeit laut Zahlen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) 130 und liegt damit knapp unter dem österreichweiten Durchschnitt. Am Donnerstag wurden nur noch 219 Neuinfektionen gemeldet.

Der Mathematiker Erich Neuwirth veröffentlichte am Donnerstag mit Verweis auf Zahlen aus dem Sozialministerium eine neue Grafik zur Sieben-Tage-Inzidenz, wonach die Werte zuletzt in allen Bundesländern – inklusive Vorarlberg – gesunken sind. Die Stadt Wien kratzt demnach bereits an der Marke von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.

Diskussion in Wien über Gastro indoor

Am Montag öffnete auch in der Bundeshauptstadt wieder der Handel, außerdem können die Menschen in Wien nun auch wieder zum Friseur gehen bzw. andere sogenannte körpernahe Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

Bezweifelt wird vor allem, dass ab 19. Mai die Gastronomie sowohl indoor als auch outdoor öffnen wird. Möglich wäre, dass Gäste nur in Schanigärten bewirtet werden dürfen. Das war im März schon einmal Thema, vor allem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) plädierte stark dafür, dann kam allerdings der harte Lockdown. Angedacht war zudem, dass in jedem Bezirk zumindest ein öffentlicher Schanigarten eingerichtet werden soll. Die Stadt gab Mitte März an, für diese Gastro-Inseln 2,8 Millionen Euro ausgeben zu wollen.

Die Stadt sicherte damals zu, über das Stadt-Wien-Marketing die Basisinfrastruktur zur Verfügung zu stellen, etwa Hüttenpagoden, Tische und Stühle für mindestens 24 Personen, Strom, Begrenzungselemente sowie Desinfektionsspender und WCs. Die Auswahl der Gastronomen wäre über die Wirtschaftskammer Wien gelaufen. Zum Zug gekommen wären Wirte, die selbst nicht über eine Möglichkeit, einen Schanigarten einzurichten, verfügen.

Gastronomen verärgert

Dass nun nur eine Teilöffnung kommen könnte, sorgt in der Branche für Unmut. "Es ist absolut notwendig, dass wir innen und außen aufsperren, weil sich ein Betrieb für uns sonst nicht rechnet", sagte etwa der Wiener Gastronomie-Obmann Peter Dobcak in der Sendung "Wien heute". Gäste müssten sich ohnehin an strenge Sicherheitskonzepte halten – Abstand, Masken, Tests. Sollten in Wien aber tatsächlich nur die Schanigärten öffnen dürfen, sei laut Dobcak die Zwei-Meter-Abstand-Regel "wirtschaftlich sehr herausfordernd". Er glaubt, dass weniger als die Hälfte der Betriebe aufsperren, wenn man nur außen öffnen darf.

Das sagt auch Cafetier Berndt Querfeld, dem in Wien mehrere Cafés und Restaurants gehören, etwa das Café Landtmann oder das Café Museum. Er fühle sich bezüglich einer späteren Öffnung "verarscht", sagte er zu Radio Austria. "Wenn man ein Licht am Ende des Tunnels sieht, hat man keine Lust, wenn sich das wieder verfinstert. Und momentan ist es verfinstert", sagte er auf oe24.at. Er habe schon alle Vorbereitungen laufen sowie die Leute aus der Kurzarbeit geholt.

Inwiefern sich Antigentests als Zutrittstests eignen, erklärt der Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien.
DER STANDARD

Bäderöffnung ebenfalls Thema

Entschieden wird wahrscheinlich auch über die Öffnung der Wiener Bäder. Die meisten Becken seien schon mit Wasser gefüllt, und auch der Großteil des Personals komme täglich zur Arbeit. Man könne also theoretisch mit einem Tag Vorlaufzeit aufsperren, sagte Martin Kotinsky von der zuständigen MA 44 zum ORF. Einen Tag dauere es nämlich, um das Wasser aufzuheizen. Die Bäderampel wird es auch dieses Jahr geben – sie zeigt an, wie viel Platz noch in den verschiedenen Bädern ist. Auch die Preise sollen gleich hoch bleiben. Neu ist, dass man die Tickets auch online kaufen kann, allerdings nur für den aktuellen Tag.

Tägliche Besuche in Heimen

Weitere bundesweite Öffnungsschritte wurden am Donnerstag bereits fixiert: So sind in Alten- und Pflegeheimen ab 19. Mai wieder tägliche Besuche im kleinen Kreis erlaubt, wie es aus dem Gesundheitsministerium hieß. Zu den konkreten Regelungen gebe es noch "finale Abstimmungen". Aktuell sind nur bis zu vier Besuche mit maximal zwei Personen pro Woche erlaubt. Wie berichtet wurde das Coronavirus in den Heimen dank der teilweisen Durchimpfung der Bewohnerinnen und Bewohner weitgehend zurückgedrängt: Am Donnerstag gab es österreichweit nur noch genau 100 infizierte Heimbewohner. In Tirol, Vorarlberg und Salzburg gab es keinen einzigen aktiven Corona-Fall mehr, im Burgenland waren es fünf.

Burgenland soll wieder orange leuchten

Das Burgenland soll als vorerst einziges Bundesland auch wieder orange leuchten – zumindest wenn es nach den Empfehlungen der Corona-Ampel-Kommission geht. Seit Ende März war Österreich durchgehend rot gefärbt. Die Zurückstufung auf Orange für das Burgenland wird damit erklärt, dass das Land über einen längeren Zeitraum sowohl bei der reinen Fallzahl für die Sieben-Tage-Inzidenz als auch bei der risikoadjustierten Inzidenz unter dem Schwellenwert von 100 Infizierten pro 100.000 Einwohner liegt. (Lara Hagen, David Krutzler, 6.5.2021)