Aufnahme eines Labortrucks aus dem Winter 2020.

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Der sogenannte PCR-Skandal um die Firma HG Pharma reißt auch nach Tagen nicht ab. Erst am Mittwoch zog sich der schwer unter Beschuss geratene Chef beziehungsweise Gründer der Firma HG Pharma, Ralf Herwig, vorübergehend aus dem operativen Geschäft zurück. Mittlerweile ist klar, dass er seine Dienste eigentlich über die Grenzen Tirols hinaus anbieten wollte.

Auch in Wien hatte HG Pharma versucht Fuß zu fassen. Kurz vor Weihnachten schickte ein Vertreter des Unternehmens ein Ansuchen um Genehmigung des Laborbusses per Mail an das Bürgermeisterbüro, das ging weiter an das Büro des Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) und dann zur MA 40, die auch für gesundheitsrechtliche Fragen zuständig ist. Genehmigt werden sollte "ein mobiles Labor für alle Bezirke", Vertretungsbefugter ist laut Antragsformular Ralf Herwig.

Keine Antwort auf Rückfragen

In der Kurzbeschreibung zum Projekt wird darauf Bezug genommen, dass in Tirol bereits Tests durchgeführt werden und man dort auch eine Zulassung "im Auftrag des Landes Tirol" habe. Etwa 110.000 Testungen sollen dort seit Oktober 2020 durchgeführt worden sein.

Nach den Feiertagen, Mitte Jänner, schickte die Stadt Wien eine Liste mit Fragen an den Anbieter, um das Angebot zu prüfen. So wollte man etwa wissen, ob es sich bei der HG Lab Truck GmbH um ein naturwissenschaftliches Institut im Sinne des Epidemiegesetzes handle, wo genau man Tests durchführen wolle und ob man für den Betrieb einen Hydranten oder eine Stromquelle in der Nähe brauche. Auch grundlegende Fragen wollte man klären, etwa ob es nur um PCR-Tests oder auch um Antigentests gehen solle, ob es ein Entsorgungskonzept gebe und welche Personengruppen man eigentlich zu testen gedenke. Nachdem jedoch darauf nie eine Antwort gekommen sein soll, sei das Angebot im Nichts verlaufen, heißt es aus dem Büro des Gesundheitsstadtrats.

Bei der HG Pharma hieß am Mittwoch dazu, dass der Arbeitsaufwand in dieser Zeit sehr hoch gewesen sei und es schon sein könne, dass man nicht geantwortet habe. Diese Fragen hätte man auch mündlich stellen können, sagte die Firma zum STANDARD.

Kontaktaufnahme in Salzburg

Und auch in Salzburg gab es zumindest eine Kontaktaufnahme: Laut dem Büro von Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (ÖVP) war man zwar um den Jahreswechsel im Zuge einer Ausschreibung kurz Kontakt mit der Firma. Das Ganze sei jedoch ergebnislos gewesen. Die Firma habe sich dann doch nicht beworben.

Die Vergabe des Tiroler Auftrags für PCR-Tests im Wert von acht Millionen Euro an die HG Pharma hatte in den vergangenen Tagen für massive Kritik gesorgt, weil gegen den Firmengründer ein Verfahren wegen mutmaßlicher Behandlungsfehler läuft, DER STANDARD berichtete. Außerdem steht der Verdacht im Raum, die Firma würde die fachlichen Voraussetzungen für die Tests nicht erfüllen. Dies weist Herwig – der sich wegen Herzproblemen aktuell in einem deutschen Spital in Behandlung befinden soll – zurück und spricht von falschen Berichten, die jeder Grundlage entbehren würden.

Zahlreiche Fragen rund um die Affäre sind allerdings noch offen: "Wir wissen nicht, wie groß das Problem mit den PCR-Testungen war", sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Derzeit gehe er davon aus, dass alle als positiv gemeldeten Tests des Labors auch positiv waren.

Außerdem lag tagelang im Dunkeln, wer den Vertrag mit der HG Pharma unterschrieben hatte. Aus dem Büro des Landeshauptmanns hieß es am Donnerstag dann, sämtliche den Vertrag betreffenden Gespräche hätten zwischen der HG Pharma und dem Einsatzstab beziehungsweise der zuständigen rechtskundigen Fachabteilung stattgefunden. Und: "Der Vertrag wurde wie üblich in solchen Fällen von der Rechtsabteilung unterfertigt."

Politische Konsequenzen gefordert

FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger und FPÖ-Tourismussprecher und Abgeordneter Gerald Hauser forderten indes aufgrund der Causa HG Pharma den Rücktritt von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). "Es hat sich nun endgültig 'ausgeplattert' im Land Tirol. Der ÖVP-Landeshauptmann muss endlich die Konsequenzen aus diesem 'PCR-Test-Skandal' ziehen und sofort zurücktreten", betonten die beiden Politiker in einer Aussendung.

Die Ankündigung von Platter, 2023 wieder als Spitzenkandidat in die Landtagswahl zu gehen, sahen indes die Tiroler Neos problematisch. "Tirol braucht einen Neustart. Ein Comeback zu den strukturellen Problemen vor Corona, die uns gerade in der Krise massiv belastet haben, darf es nicht geben", so Klubobmann Dominik Oberhofer. Auch Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz), die den Skandal durch eine Anfrage ins Rollen gebracht hatte, forderte am Mittwoch den Rücktritt Platters. (Gabriele Scherndl, Fabian Sommavilla, Stefanie Ruep, Laurin Lorenz, 6.5.2021)