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Löwen in Südafrika wurden lange auch als Touristenattraktion ausgeschlachtet. Gerade in der Tourismusbranche sah man darin aber zunehmend ein Problem.

Foto: AP / Pippa Henkinson

Sie haben die Könige der Tiere zu ihren Geldautomaten gemacht. Südafrikas Löwenfarmer, die mit rund 8.000 Exemplaren über mehr als doppelt so viele Raubkatzen wie in der freien Wildbahn verfügen, schlachten die majestätischen Tiere gleich in vierfacher Weise kommerziell aus.

Sie halten ihre Babys in Gehegen, in denen sie von Besuchern gegen Bezahlung in den Arm genommen werden können, lassen sie – kaum erwachsen geworden – auf ihren Farmen für viel Geld von sogenannten Großwildjägern schießen und verkaufen ihre Knochen nach Fernost, wo sie gemahlen und aufgebrüht als Kräftetee getrunken werden. Um ihre Betriebskosten möglichst gering zu halten, werben sie freiwillige Helfer aus Übersee an: Sie dürfen sich als Retter der bedrohten Mähnentiere wähnen. Am Kap der Guten Hoffnung soll es derzeit rund 350 solcher Löwenfarmen geben. Ihre Besitzer, meist weiße Ex-Landwirte, fahren schwindelerregende Gewinne ein.

"Neue Ära"

Zwei Jahrzehnte lang sorgte das umstrittene Gewerbe weltweit für Negativschlagzeilen. Kampagnen wurden geführt, Filme gedreht, wütende Briefe an die Behörden geschrieben. Trotzdem behielt die Lobby der reichen Löwenverwerter bisher die Oberhand. Jetzt bahnt sich in Pretoria jedoch ein Umdenken an: Barbara Creecy, Südafrikas Ministerin für Umwelt, Forst- und Fischereiwirtschaft, gab Anfang dieser Woche einen Bann über die Geschäfte mit den Königen der Tiere bekannt. Eine "neue Ära" breche an, so Creezy.

Die ANC-Politikerin hatte vor zwei Jahren eine 25-köpfige "Beratungskommission" eingesetzt, der neben Naturschützern und Wissenschaftern auch Ökonomen, Vertreter ländlicher Gemeinden und Farmer angehörten. Sie legten jetzt einen 580-seitigen Bericht vor, der den Umgang mit den prominentesten südafrikanischen Wildtieren regeln soll – mit Löwen, Elefanten, Nashörnern und Leoparden. Bei den Beratungen des Panels sei es immer wieder hoch hergegangen, wird berichtet. Schließlich habe sich jedoch auch in der heißesten Frage, der Löwenzucht, ein Mehrheitsvotum durchgesetzt.

Schlecht für den Tourismus

"Wir wollen keine Aufzucht von Löwen in Gefangenschaft", heißt es. Auch die Jagd auf gefangene Löwen, das Streicheln ihrer Babys und die Verwertung von Löwenkadavern sollen verboten werden. Als Begründung wird angeführt, dass die Praxis ein "schlechtes Licht" auf den südafrikanischen Naturschutz und den Tourismus – sowie auf die Großwildjagd – werfe. Mit ihr nimmt das Land jährlich mehr als 300 Millionen Euro ein, mit dem Tourismus mehr als 20 Milliarden Euro.

Die Kommission habe eine Kehrtwende im südafrikanischen Tierschutz eingeleitet, heißt es in Fachkreisen. Dieser wurde bisher von kommerziellen Erwägungen und den Interessen von rund 20.000 privaten Wildfarmern diktiert. Sie verstehen sich selbst als die besten Naturschützer: Der größte Teil der letzten rund 20.000 Breitmaulnashörner der Welt befindet sich tatsächlich auf Privatfarmen. Deren Besitzer bekamen zu hören, dass die Regierung sich nicht länger für eine eingeschränkte Freigabe des Nashornhandels einsetzen will – damit bricht den Rhinozerosfarmern das Geschäftsmodell weg. Der Verkauf des regelmäßig abgesägten Nashorns sollte ihre Farmen finanzieren.

Wohin mit den Löwen?

In einer Frage setzten sich allerdings die privaten Tierreservate durch: In Südafrika müsse die "legale, regulierte und verantwortliche Großwildjagd erhalten und gefördert werden", heißt es in dem Kommissionsbericht, weil deren Einnahmen sowohl dem Tierschutz wie der ländlichen Bevölkerung zugutekämen. Ein "Zugeständnis" der Naturschützer an die kommerziellen Wildfarmer, meint der Öko-Journalist Don Pinnock.

Eine Frage bleibt indes noch offen: was mit den 8.000 Löwen geschieht, die jetzt ihr beengtes Zuhause verlieren. Sie alle einzuschläfern käme einem PR-Desaster gleich, dem gegenüber sich die "Gatterjagd" auf gefangene Raubkatzen wie ein Kavaliersdelikt ausnähme. Die jagdunfähigen Löwen in der Wildnis auszusetzen kommt auch nicht infrage: Falls sie dort tatsächlich überlebten, könnten sie dem Menschen gefährlich werden, weil sie ihre Scheu verloren haben, heißt es. Für die gefangenen Löwen droht die Befreiung mit dem Tod zu enden – es sei denn, es tut sich noch irgendwo ein Asyl für die missbrauchten Könige der Tiere auf. (Johannes Dieterich aus Johannesburg, 6.5.2021)