Najla al-Mangoush schloss sich im Zuge der Rebellion gegen Machthaber Gaddafi dem oppositionellen "Übergangsrat" an und studierte später in den USA.

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So als hätte er nicht richtig gehört, dreht Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu bei der Pressekonferenz seinen Kopf in Richtung seiner neben ihm stehenden libyschen Amtskollegin: "Wir fordern die Türkei auf, mit uns dabei zu kooperieren, die Präsenz aller fremden Truppen und Söldner in Libyen zu beenden", sagte Najla al-Mangoush energisch. Wie bitte? Wirklich alle?

Seitdem werden die Türken nicht müde zu betonen, dass sie aufgrund einer Vereinbarung mit der Regierung in Tripolis im Land sind: Durch ihr Eingreifen, bei dem allerdings auch syrische Söldnermilizen zum Einsatz kamen, haben sie im Vorjahr die feststeckende Offensive des – damals – starken Mannes von Ostlibyen, General Khalifa Haftar, gegen Tripolis, beendet. Es folgten ein Waffenstillstand und die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit, die Libyen noch heuer in Neuwahlen führen soll.

Und mittendrin die erste Außenministerin Libyens, Najla al-Mangoush. Nach der Pressekonferenz, in der sie den türkischen Abzug zu fordern schien, erhob sich in den sozialen Medien ein Shitstorm protürkischer Kräfte. Darin wird sie als Marionette Haftars bezeichnet – dessen selbstdeklarierter antiislamistischer Mission sie früher durchaus etwas abgewinnen konnte. Auch auf Haftars Seite waren nicht nur staatliche Unterstützer wie Russland, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten im Einsatz, sondern auch jede Menge offizieller und obskurer Milizen, von der russischen Wagner-Group bis zu Kämpfern aus dem Tschad.

Doktorat in Konfliktmanagement

Najla al-Mangoush, Anfang 50, stammt aus Bengasi, wo sie Jus studierte und an der Uni tätig war, als 2011 die Rebellion gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi ausbrach. Sie schloss sich – wie viele Juristen – dem Aufstand an und wurde Mitglied des oppositionellen "Übergangsrats". 2013 ging sie in die USA und nahm ein Studium in Konfliktmanagement an der George Mason University (Virginia) auf, das sie mit einem Doktorat abschloss. Danach war sie bis zu ihrer Berufung in die Regierung von Abdul Hamid Dbeibah Mitte März in diversen US-Thinktanks tätig.

Außenministerinnen sind in der arabischen Welt noch immer eher eine rare Spezies: Momentan hat Mangoush nur im Sudan eine Amtskollegin, Mariam al-Sadiq al-Mahdi, die Tochter des 2020 verstorbenen Oppositionsführers. Bereits zweimal war in Mauretanien eine Frau Chefin im Außenamt. Die arabischen Staaten Nordafrikas sind also in dieser Beziehung Vorreiter. (Gudrun Harrer, 6.5.2021)