Weil man soll, und nicht, weil man will, werden Blumen hierzulande oft verschenkt, und ganz ehrlich: Das sieht man ihnen dann auch an.

Blumen begleiten uns als Formalität von der Geburt bis ins Krankenhaus, zur Hochzeit und ins Grab durch alle Höhen und Tiefen eines Menschenlebens, und fast wollte man meinen, bei all seinen Amtswegen von der Wiege bis zur Bahre. Aber ehrlich: Ich will die Blumen zu Lebzeiten, und ich kauf sie mir auch gern selbst. Warum Männer nur Blumen für andere kaufen sollen, aber keine kriegen, bleibt ein Geheimnis (nein, ist es natürlich keines, es liegt am vorgestrigen Rollenbild).

Ich finde: Alle sollen Blumen kaufen, für sich und alle anderen. Denn das Resultat – der Besitz von Blumen! – macht glücklich. Und nein, dafür muss man kein Budget von 293.000 Pfund in 20 Monaten verbraten, wie es weiland Elton John schaffte. Für die villenlosen unter uns beginnt der Spaß bei 90 Cent und einer Wilden Tulpe vom Markt in einer Paradeisersaucenflasche oder der Vase vom Flohmarkt, wo weder "Echt Muranoglas!" noch "Echt nur mehr fünf Euro einstecken!" so ganz der Wahrheit entsprachen.

Blumen für alle!

Nachdem letztes Jahr Last Night a DJ Saved My Life großräumig ausfiel, kann ich nur sagen: Last Year a Blumenhändlerin saved my life. Was heißt eine Blumenhändlerin, viele! Man umschlich unauffällig das Geschäft, "bestellte" unterdessen telefonisch – und tatsächlich fühlte ich mich wie beim geheimen Erwerb harter Drogen, als ich es schaffte, winters Mimosen zu kriegen, knallgelb leuchtendes, sanft wohlriechendes fluffiges Glück des Augenblicks, per Lkw gekühlt von Italien gebracht. Zur Schonung der Mimosen (sie vertrocknen in beheizten Räumen quasi in der Stunde) und meines schlechten Gewissens ob ihrer Endlichkeit – und meiner irgendwie auch, die so arrogant war, immer noch Lieblingsblumen haben zu wollen während einer Pandemie, winters, per Lkw, aus Italien – saß ich frierend auf dem Balkon, an den Mimosen schnuppernd, und war: glücklich.

Foto: Christian Fischer

Blumen sind saisonales Glück, sie machen sich dazwischen rar, so viele Glashäuser kann es gar nicht geben. Die Freude über die ersten Maiglöckchen, die Pfingstrosen! Jedes Jahr wieder!

Die Erzählungen der Blumenhändlerin, wo meine Schreibtischrose herkommt, wie sie heißt. Blumen machen den schönsten Mist: Sie sind vergänglich, aber wie schön sie dabei sind!

Wie sich die Blumen verändern in den Flaschen auf meinem Fensterbrett, sich die Ranunkel zum papierenen Monster mausert, die Papageientulpe sich streckt und laut krakeelt (ich hör es genau). Der Strauß, aus dem man die letzten drei standhaften Blumen noch herausfischt.

Alles ist ein Anlass

Und welch leicht schenkbare Freude! Ein Anruf bei der Blumenhändlerin, seit Covid alles doppelt einfach, was Lieferung und Bezahlmodalitäten betrifft, eine Kurzbeschreibung der Umstände (sie ist traurig, bitte recht frühlingshaft, sie hat Geburtstag, bitte sehr feierlich, gern viele Rosen), kurz später Glück und Überraschung. Was soll das sein, ein Anlass? Alles ist ein Anlass. Wir können schließlich nicht ständig sterben, Geburtstag haben oder heiraten.

Rosen, Tulpen, Nelken? Egal. Hauptsache, Blumen.
Illustration: foto@fischerfoto.com

Grundsätzlich: Wo kauft man Blumen? In der Blumenhandlung des Vertrauens, ja, davon darf man durchaus mehrere haben, Blumenhändlerinnen sind nicht eifersüchtig. Und: auf dem Markt. Da gibt es dann plötzlich bundweise Märzenbecher, Ranunkeln, Pfingstrosen. Die Biedermeierrosen von vorgestern, zum halben Preis. Von denen man andächtig die Blätter vom Stamm zupft, sie von Kopf bis Fuß in kaltes Wasser legt und lang eine Freude daran hat, zum kleinen Budget.

Eine gute Blumenhändlerin, ein guter Blumenhändler fragt: Wie viel darf es kosten? Und zwar wertfrei. Und dann die viel wesentlichere Frage: Für wen sind die Blumen? Was ist das für ein Mensch? Da sind sie dann Mittelsleute im Freudemachen, erahnen, was zu wem passen könnte, etwas Wildes, Lautes, scheinbar Unsortiertes für die motorradfahrende Kollegin mit Lederjacke. Viele Duftrosen auf Bestellung für die elegante Frau von Welt.

Brot und Rosen

Es hat etwas, sich mit Vergänglichkeit zu beschenken. Als ich letztens eine Blumenhändlerin über die "Für mich sollen keine Blumen sterben"-Fraktion befragte, erzählte sie mir von all den Züchtungen, die es rein deshalb gibt (nur die wenigsten von uns sind im Besitze eines englischen Landschaftsgartens für den gesamten Rosenstrauch). Von den Gärtnereien, die ihre eigenen Samen züchten. Fairtrade-Blumen gibt es, und es gibt sie lokal, ohne weite Lieferwege.

Und sie erzählte auch von dem unsäglichen Typen, der neben seiner Frau stand und maulte: "Was brauchst denn das, steht eh nur im Weg, und dann wird’s hin". Ja. Genauso wie wir alle. Warum sollen uns in der kurzen Zeit, die wir hier sind, nicht Blumen leuchten, bundweise und einzeln? Die schönsten Dinge im Leben sind die, die nichts nützen müssen. Also grundsätzlich: Geld ausgeben für etwas, das man nicht aufheben kann? Ja, ja, ja. Und ja.

Und ein wichtiger Disclaimer zum Schluss: Mit Blumen einmal jährlich ist die Zigfachbelastung von Frauen hierzulande längst nicht abgegolten, die unbezahlte Arbeit, die sie während der Covid-Krise erst recht wieder großteils allein schultern, und das auf eigenes finanzielles Risiko, das ihnen bis in die Pension bleibt. Da helfen ausnahmsweise keine Blumen, da hilft nur eine Revolution. (Julia Pühringer, 8.5.2021)