"Helden der Krise" – die "Österreich"-Beilage vom vorigen Sonntag im "Blattsalat".

Foto: Faksimile Österreich

Es kann auch Sebastian Kurz nichts nützen, wenn seine Karoline Edtstadler immer nur als eiskalte Vollstreckerin kontrollierter Messages im Bewusstsein der Bevölkerung verankert ist. Daher musste etwas fürs öffentliche Geld geschehen, und es geschah Donnerstag in "Heute". Albanien und Mazedonien – Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (VP) ist derzeit auf Auslandstour. Als "Heute"-Reporter und Balkanblog-Autor bin ich mit von der Partie und habe die traditionelle Landestracht, den trenerka (vulgo Jogger) angelegt. Es handelt sich dabei, wie Balkanblogger David Slomo zugibt, um ein zugegeben unkonventionelles Outfit für eine Reise mit der Ministerin. Aber mit passenden Mücksteins an den Füßen sollte es gehen.

Edtstadler reagiert entspannt, was soll man in Tirana schon sonst tun. "Wenn ich in der Früh mit dem Hund Gassi gehe, bin ich auch ungeschminkt und leger unterwegs." Womit der Hauptzweck der Berichterstattung erreicht ist. Hund? Ja, Edtstadler hat kürzlich "Struppi" aus einer Tötungsstation in Ungarn bei sich aufgenommen.

Mehr Gefühl geht nicht mehr

Mehr Gefühl geht nicht mehr. Nicht nur ein "Struppi", sondern auch noch aus einer Tötungsstation –das ist es schon wert, den trenerka anzulegen. Als Anhängsel folgt noch der Reisezweck. Edtstadler setzt sich dafür ein, dass der Grüne Pass auch auf den Westbalkan ausgedehnt wird. Wo, wie, bei wem und mit welchem Erfolg sie das tat, blieb als belanglos unerwähnt, und auch der Titel der bewegenden Story – Ministerin verrät, wann sie Jogger trägt – war falsch. In welcher Adjustierung sie ungeschminkt und leger Struppis Häufchen einsackt, ist kein Gegenstand der Vollziehung und verdiente daher auch zu Recht keine Antwort.

Nicht auszuschließen ist, dass das Anlegen der traditionellen Landestracht an den Leib des "Heute"-Reporters mehr zur Ausdehnung des grünen Passes beitragen könnte als die Intervention der mutigen Struppi-Befreierin.

Aus sittenreiner Entrüstung

Nicht etwa wegen einer Konkurrenz auf dem Boulevard, nein, aus sittenreiner Entrüstung konnte "Heute" gar nicht eilig genug von der TV-Sendung Corinna Milborns gestern Abend berichten, in der Wolfgang Fellner als Kavalier alter Schule bis zum endgültigen Beweis seiner Unschuld zwei seiner Ex-Mitarbeiterinnen den Vortritt ließ. Eindeutig geklärt wurde laut "Heute" immerhin, warum der Body-Mass-Index des Herausgebers öffentlich sichtbar explodieren musste.

Der Grund ist: der überwältigende Charme, den er offenbar bei der Speisung von Mitarbeiterinnen entwickelte. "Ich habe lediglich Vorspeisen gegessen, da mir bei diesen Treffen derart übel war, dass ich Angst hatte, dass ich mich im Lokal übergebe, wenn ich Wolfgang Fellner noch länger zuhören muss", gestand eine von ihnen. Da hat er sich eben geopfert und neben seiner Portion stets auch noch die Hauptspeise seines Gegenübers inhaliert, um einer Dame die Peinlichkeit eines öffentlichen Vomitus zu ersparen. Man darf nichts stehenlassen, wenn man es zu einem Medienmogul bringen will, aber es schlägt sich halt auf die Figur. Vor Gericht könnte er das als Milderungsgrund anführen, er weiß, was sich gehört, verkörpert er doch "Österreich".

Norbert Hofer hat richtig inseriert

Nur dass er dann aus dem Urlaub schrieb Bist mein Goldschatz, könnte man als ein doppeldeutiges Kompliment werten, bei dem sich hinter der falschen Biederkeit altbackener Wortwahl die Angst verbirgt, der Goldschatz öffentlicher Förderung könnte schmelzen, wenn das Gericht nicht anerkennt, dass er sich seine Figur ausschließlich im Interesse seiner Leserinnen und Zuschauer ruiniert hat. Und natürlich seiner Mitarbeiterinnen.

Vorbeugend hatte er schon am Wochenende Das große Extra herausgebracht, mit dem er sich das Wohlwollen der Nation trotz einer kleinen Imagedelle zu erschleichen gedachte: Dank an die Helden der Krise. Vom Pfleger bis zur Supermarkt-Kassierin: Wer das Land am Laufen hielt. Es war ein Massenlauf, denn von Fellner auf der Titelseite geadelte Helden waren der Bundespräsident und der Bundeskanzler ebenso wie ein gewisser Marcel Haraszti von Rewe und ein Horst Leitner von der Firma Hofer, einige von ihnen konnten sich über Mehrfachnennungen und -abbildungen freuen.

Der Grundgedanke des Arrangements war offenbar, wenn praktisch alle in diesem Land Helden sind, wird doch auch der Herausgeber von "Österreich" noch ein Plätzchen unter ihnen finden. Norbert Hofer hat richtig inseriert: "Wahre Helden erkennt man an der Kraft ihrer Herzen!" (Günter Traxler, 8.5.2021)