Blick von der Bucht in Velden auf den Wörthersee: Wie schon im vergangenen Jahr wird auch im heurigen Sommer mit starkem Zustrom von Gästen zu den Badeseen in Kärnten, aber auch im Salzkammergut gerechnet.

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Von den knapp neun Millionen in Österreich ansässigen Personen haben gefühlte zehn Millionen schon die Koffer gepackt, zumindest geistig, viele sogar mehrfach. Das ist eine Erzählung, die seit einigen Tagen mit Augenzwinkern unter Touristikern kursiert. Was ironisch gemeint ist, hat tief drinnen zumindest einen, wenn nicht sogar mehrere Kerne Wahrheit.

Selten zuvor war die Lust auf Urlaub größer, die Vorfreude aufs Wegfahren stärker. Nach sechseinhalb Monaten des mehr oder weniger Eingeschlossenseins im Homeoffice oder beim Homelearning ist der Wunsch nach Tapetenwechsel gewaltig. Das belegen auch diverse Umfragen, die seit Beginn der Zwangsschließung von Hotels und anderer touristischer Einrichtungen Anfang November 2020 in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Dabei zeigt sich, dass Österreich bei Einheimischen auch heuer hoch im Kurs steht.

Das hat weniger mit Patriotismus zu tun als mit der Tatsache, dass ein Urlaub an den Stränden der oberen Adria vielen Reisefreudigen heuer noch als zu riskant erscheint. In heimischen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen jedenfalls laufen zwei Wochen vor Pfingsten die Telefone heiß.

Ist vor allem froh, nach sechseinhalb Monaten Zwangspause am 19. Mai wieder aufsperren zu dürfen: Gudrun Peter, Chefin des Weissen Rössl in St. Wolfgang am gleichnamigen See.
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"Seit bekannt ist, das wir am 19. Mai wieder aufsperren dürfen, ist deutlich Bewegung hineingekommen", sagt Gudrun Peter, Besitzerin und Chefin des aus Film und Operette bekannten Weissen Rössl am Wolfgangsee. "Die Österreicher wollen verreisen, das spürt man total. Auch deutsche Gäste möchten zu uns, trauen sich aber vielfach nicht, weil sie Sorge haben, bei der Rückreise in Quarantäne zu müssen."

Einiges ist noch unklar in diesen Tagen, beispielsweise wie mit den Tests zu verfahren ist, die als Eintrittsschlüssel ins Hotel dienen. Die Anreise muss mit negativem Testergebnis erfolgen, das zumindest ist klar; wie und wie lange das Datenmaterial zur eventuellen Nachkontrolle in Evidenz gehalten werden muss, darüber wird in der Branche noch gerätselt. Jedenfalls überwiegt die Freude, dass wieder aufgesperrt werden darf. "Wir sind Gastgeber aus Leidenschaft, nicht weil wir müssen", sagt Rössl-Wirtin Peter. "Wir freuen uns wahnsinnig darauf, endlich wieder Gäste empfangen zu dürfen."

Freude nach langer Zwangspause

In dieselbe Kerbe schlägt Anton (Tono) Wrann vom familieneigenen Hotel Post in Velden am Wörthersee. "Wir sperren am 19. Mai auf, und die Freude ist groß, auch bei den Mitarbeitern", sagt der Juniorchef. Die vergangenen Monate hätten schon stark auf die Moral gedrückt, auch die der Mitarbeiter, die so lange in Kurzarbeit bleiben mussten. Das Haus wird in achter Generation geführt, eine Zwangssperre wie diese habe es noch nicht gegeben. Die Erwartungen für den heurigen Sommer seien alles in allem sehr gut, der momentane Buchungsstand liege sogar leicht über Vorjahr, sagt Wrann. Dabei sei der Sommer im Jahr eins der Corona-Pandemie für die meisten Betriebe rund um den Wörthersee schon überraschend gut gewesen.

Blickt voll Optimismus und Vorfreude in den Sommer: Anton (Tono) Wrann, Juniorchef des Hotel Post in Velden.
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Warum war ausgerechnet Kärnten im vergangenen Sommer überdurchschnittlich gut gebucht – trotz weitgehend ausgebliebener Auslandsgäste? "Wir werden von Einheimischen als Alternative zum klassischen Adria-Urlaub wahrgenommen", sagt Wrann. Urlauber, die normalerweise zwei Wochen ein Strandhotel in Kroatien oder Italien belegen und auf der Hin- oder Rückfahrt zwei, drei Tage am Wörthersee haltmachen, hätten wegen Corona den Stopp in Kärnten verlängert und zum Haupturlaub gemacht. Darauf hoffe man auch heuer.

"Wir haben in den vergangenen Tagen verstärkt Kontakt mit Gästen aus dem bayerischen Raum aufgenommen, die über Pfingsten gerne zu uns gekommen wären, nun aber kurzfristig abgesagt haben. Die wollten wissen, ob wir nicht etwas tun können wegen der Quarantäne bei der Wiedereinreise", erzählt Wrann. "Uns sind leider die Hände gebunden, wir haben absolut keinen Einfluss darauf, was der bayerische Ministerpräsident Markus Söder oder Bundeskanzlerin Angela Merkel an neuen Maßnahmen verlautbart."

Hoher Inländeranteil

Das Hotel Post, das 1767 erstmals urkundlich erwähnt wurde und eine Zeitlang als Gasthaus zur Post Herberge für die Reisenden auf der Poststrecke Wien–Venedig war, ist einer von wenigen Ganzjahresbetrieben am Wörthersee. In normalen Jahren zählt man 40 bis 45 Prozent österreichische Gäste, gut 35 Prozent stammen aus Deutschland, etwa zehn Prozent aus Italien. Im vergangenen Jahr kletterte der Anteil einheimischer Gäste auf 85 bis 90 Prozent. Die verbliebenen Betten füllten deutsche Gäste auf, die in der Regel auch etwas länger bleiben als ein durchschnittlicher österreichischer Gast auf Heimaturlaub.

350 Kilometer weiter östlich ist Klaus Hofmann für ein Hotel mit angeschlossener Therme oder umgekehrt, je nach Standpunkt, verantwortlich. Eröffnet vor zwölf Jahren, ist die St. Martins Therme & Lodge im burgenländischen Frauenkirchen unter anderem beliebt bei Ornithologen und Naturliebhabern, befindet sie sich doch am Rande des Nationalparks Neusiedler See.

Berichtet von exzellenter Vorbuchungslage für die Sommermonate: Klaus Hofmann, Geschäftsführer der St. Martins Therme & Lodge in Frauenkirchen.
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"Der Hauptherkunftsmarkt für uns wie für die gesamte ostösterreichische Thermenhotellerie ist zu 90 Prozent Österreich, wobei Wiener und Niederösterreicher den Ton angeben", sagt Geschäftsführer Hofmann, der auch Vizepräsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) ist. Die Vorbuchungslage sei exzellent. "Für Juni, Juli, August und September liegen wir nicht nur über Vorjahr, sondern sogar über 2019. Und das war ein absolutes Spitzenjahr."

Das Hotel verfügt über 194 Zimmer. Um die Abstandsregelungen einzuhalten, könnten aber nicht alle verkauft werden. "Wir haben das durchkalkuliert und kommen auf eine Auslastung von 70 Prozent. Mehr wird schwer möglich sein, wenn wir alle Auflagen erfüllen wollen", sagt Hofmann. Sicherheit stehe ganz oben auf der Prioritätenliste. Damit habe man bereits im vergangenen Sommer punkten können. Hofmann: "Das war sogar ein Buchungsargument, weil sich die Gäste in dieser Bubble sicher gefühlt haben."

Sicherheit ist auch für Helga Freund das Um und Auf, um in diesen trotz des Impffortschritts noch immer unsicheren Zeiten zu reüssieren. Die Vorstandsdirektorin der Verkehrsbüro-Gruppe und Geschäftsführerin der Tochterunternehmen Eurotours und Ruefa erwartet von der Branche aber auch Kulanz, was die Stornobedingungen betrifft. Wenn das der Fall sei, stehe einer guten Saison nichts im Wege, sagt sie.

Sicherheit als Verkaufsargument

Campingplätze sind für den Sommer quer durch Österreich so gut wie ausgebucht; auch Ferienwohnungen und Apartments werden überdurchschnittlich stark nachgefragt – für Touristiker ein Hinweis, dass das individuelle Sicherheitsgefühl heuer darüber entscheiden werde, ob die Sommersaison gut oder weniger gut werden wird.

Was erwartet Gäste, wenn sie nach Monaten der Abstinenz demnächst in einem Hotel einchecken? "Wir sind dabei, das Hygienekonzept zu finalisieren", sagt Tono Wrann vom Hotel Post in Velden. Zwei Mitarbeiter würden zu Covid-Beauftragten ausgebildet, sämtliche Mitarbeiter regelmäßig getestet. An Mund-Nasen-Schutz habe man sich bereits gewöhnt, an das Abstandhalten auch. Und beim Frühstücksbuffet? Da werde man es halten wie im vergangenen Jahr: Butter, Marmelade, Nutella und teilweise auch Aufstriche in Kleinstverpackungen statt Großgebinden, um das Infektionsrisiko zu senken. "Das widerspricht zwar unserer Philosophie, Müll zu vermeiden und nachhaltig zu sein, wo es nur geht," sagt Wrann. "Wir sehen aber in dieser Situation keine andere Möglichkeit." Besteck und Entnahmewerkzeuge am Buffet würden in regelmäßigen Abständen ausgetauscht und durch frisch desinfizierte ersetzt.

Beschränkungen werde es einerseits im Wellnessbereich geben, andererseits im Fitnessraum. Wrann: "Wie im vergangenen Sommer werden wir auch heuer mit einem Vormerksystem arbeiten, damit nicht zu viele Leute zur selben Zeit im Raum sind."

Wetter als Bettenfüller

Auch das Wetter wird in puncto Auslastung hie und da eine Rolle spielen. "Ist eine längere Schönwetterperiode angesagt und wir wissen, dass sich die Gäste im Freien aufhalten und auch draußen abendessen, können wir das eine oder andere Zimmer mehr verkaufen", sagt Hofmann von der St. Martins Therme & Lodge in Frauenkirchen, die zum Gesundheitskonzern Vamed gehört.

Und wann ist der richtige Zeitpunkt, den Urlaub fix zu machen? "Wenn man weiß, was man möchte, ist man gut beraten, rasch zu buchen, damit man bekommt, was man möchte", sagt Rössl-Wirtin Peter. Gerade kleinere Hotels mit wenig Kapazität seien schon sehr gut gebucht für den Sommer. In den großen Hotels, die im Normalfall stark von internationalen Gästen nachgefragt werden, sei noch viel Platz, aber auch in der Stadthotellerie. Peter ist optimistisch, was den heurigen Sommer betrifft, auch wenn die Herausforderungen groß seien. Und sie gibt sich kämpferisch: "Aufgeben tun wir nur einen Brief." (Günther Strobl, 9.5.2021)