Mit dieser Waffe soll ein Mann seine Ex-Partnerin vor eineinhalb Wochen in Wien erschossen haben. Ob der mutmaßliche Täter die Schusswaffe rechtmäßig besaß, ist Gegenstand von Ermittlungen.

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Rund ein Drittel der bereits elf Femizide in diesem Jahr wurde mit Schusswaffen verübt. Erst vergangene Woche erschoss ein 51-jähriger Salzburger seine ehemalige Lebensgefährtin und ihre Mutter. Nun will Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) eine Verschärfung des Waffengesetzes prüfen lassen. Konkret könnte der Entzug der Waffendokumente bei aufrechten Betretungs- und Annäherungsverboten strenger geregelt werden. Das ist allerdings noch sehr abstrakt und geht der grünen Frauensprecherin Meri Disoski auch nicht weit genug. Die Abgeordnete plädierte in einem ORF-Interview am Wochenende dafür, dass weggewiesenen Gewalttätern die Schusswaffen gleich dauerhaft abgenommen werden sollen.

Doch wie wirksam ist das? Die Juristin und Kriminologin Katharina Beclin hält Beschränkungen im Waffenrecht für grundsätzlich sinnvoll. "Allerdings wird man das Morden so nicht verhindern", sagt Beclin. "Solange die Verfügbarkeit am illegalen Markt bestehen bleibt und ich mir am Mexikoplatz oder im Darknet eine Waffe kaufen kann, bringt das nicht wahnsinnig viel."

Damit pflichtet Beclin Alexander Haydn von der Männerberatung Wien bei. Der meinte am Sonntag in der Sendung "Im Zentrum": Wenn man jemanden ermorden wolle, "wird man eine Waffe finden oder die Hände benutzen". Wichtig sei aus Sicht von Beclin aber allemal, dass die Behörden im Akutfall von häuslicher Gewalt noch stärker kontrollieren, ob ein Gewalttäter eine Waffe hat, um diese gegebenenfalls sofort abnehmen zu können.

Ruf nach Untersuchungshaft

Die Konfliktforscherin Birgitt Haller plädierte erst unlängst im Ö1-Radio für ein schärferes Waffengesetz. Auch deshalb, da die Hemmung, mit Schusswaffen zu morden, am geringsten ist. "Schusswaffen haben für den Täter den 'Vorteil', dass er auf Distanz zum Opfer bleibt", sagte Haller in dem Interview. "Wenn jemand bei einem Mordversuch, bei einer Verletzung ein Messer verwendet, gibt es sofort eine körperliche Nähe zu der Person. Das ist offenkundig durchaus eine Hemmschwelle, über die man erst drüberkommen muss." Noch höher sei die Hemmschwelle beim Erwürgen. Solche Täter seien daher besonders gefährlich, "weil das wirklich ein direkter körperlicher Angriff ist".

Für wesentlich hält es Beclin aber eher, dass öfter eine Untersuchungshaft verhängt wird. "Bei einer leichten Körperverletzung wird das nicht möglich sein, aber wenn sich die Gewalt schon seit Monaten hinzieht, dann sehr wohl", sagt Beclin. Nämlich anhand des Straftatbestands der fortgesetzten Gewaltausübung mit drei Jahren Strafandrohung. Insbesondere aber, wenn zusätzlich eine konkrete Morddrohung ausgesprochen wurde. "Es ist ein Unterschied, ob jemand unspezifisch sagt, 'I bring di um' oder bereits konkrete Pläne äußert", sagt Beclin. "Dann beschäftigt er sich mental damit, das ist dann keine bloße Unmutsäußerung mehr."

Verpflichtende Schulungen

Die Ermittlungen müssten Risikofaktoren genauer erfassen, um öfter eine Untersuchungshaft zu erreichen. Beclin glaubt aber, dass es in den Staatsanwaltschaften dafür schlicht zu wenig Ressourcen gibt, um in allen Fällen häuslicher Gewalt umfassend zu ermitteln. Es brauche daher mehr spezialisiertes Personal. Die Schulungen in diesem Bereich müssten künftig obendrein verpflichtend sein. Im Moment würden manche Staatsanwältinnen und Staatsanwälte das freiwillige Angebot engagiert annehmen, aber andere gänzlich darauf verzichten, erklärt Beclin.

Aber auch die Polizei müsste die Opferschutzeinrichtungen endlich ernster nehmen, sagt die Strafrechtlerin. Sie seien es, die nah an den Opfern arbeiten und Gefährdungseinschätzungen erstellen. Daher versteht es Beclin auch nicht, warum die 2020 gesetzlich verankerten Fallkonferenzen nur von der Exekutive einberufen werden können. Das will Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) nun ändern.

Die Angst, finanziell nicht über die Runden zu kommen

Was für Beclin in der aktuellen Diskussion völlig untergeht, ist die sozialpolitische Dimension. Frauen würden auch deshalb oft keine einstweilige Verfügung gegen ihren gewalttätigen Lebenspartner erwirken, da es im Sozialrecht derzeit keine Möglichkeit gebe, für einige Monate etwa die Miete ersetzt zu bekommen. "In einer Akutsituation von häuslicher Gewalt prasselt viel auf eine Frau ein", sagt Beclin. "Das Sozialrecht gibt es im Moment aber nicht her, dass sie sich in Ruhe eine neue Wohnung oder einen neuen Job sucht."

Es sei also nicht immer nur die Angst vor dem Täter, sondern auch die, finanziell nicht über die Runden zu kommen. Schon die Trennung berge eine große Gefahr für Frauen. Ein Wohnungsverlust stresst zusätzlich. Sich mit Kindern als Niedrigverdienerin eine Dreizimmerwohnung suchen zu müssen, während vielleicht im ländlichen Raum auch noch die adäquate Kinderbetreuung fehlt, das seien Probleme, die viel zu wenig in den Fokus gerückt würden. Vielleicht bewegt sich da ja schon etwas am Mittwoch. Da ist ein runder Tisch der Regierung zum Gewaltschutz anberaumt. Diesmal sind auch die Opferschutzeinrichtungen eingeladen. (Jan Michael Marchart, 10.5.2021)