Die Sonne strahlte in der Frühgeschichte unseres Planeten deutlich weniger hell als heute. Demnach hätte es vor mehreren Milliarden Jahren eigentlich viel kälter auf der Erde sein müssen, als geologische und paläontologische Spuren zeigen. Warum also war die frühe Erde kein eisiger Schneeball mit gefrorenen Ozeanen, sondern beherbergte flüssiges Wasser und bot günstige Temperaturen für die Entstehung von Leben? Diese Frage warfen in den 1970er-Jahren die Astronomen Carl Sagan und George Mullen unter dem Namen "Paradoxon der schwachen jungen Sonne" auf.

Als Ursache für die höheren Temperaturen auf der Erde trotz schwächerer Sonne wird ein starker Treibhauseffekt vermutet. Doch bis heute sind viele Fragen offen, vor allem der Ursprung der dafür nötigen hohen Konzentration an Treibhausgasen wie Kohlendioxid oder Methan gibt Rätsel auf.

Urtümliche Sedimente

Ein internationales Forscherteam hat kürzlich neue Erkenntnisse über die damaligen Vorgänge in der Erdatmosphäre gewonnen – mithilfe eines Sees im indonesischen Dschungel. Der Towuti-See auf Sulawesi ist mit einer Fläche von 560 Quadratkilometern der zweitgrößte See Indonesiens – und ein einzigartiges Ökosystem: Auf dem Grund des bis zu 200 Meter tiefen Gewässers herrschen Bedingungen, die in vieler Hinsicht mit denen der Ozeane vor rund drei Milliarden Jahren vergleichbar sind.

Der Towuti-See beherbergt mindestens 14 endemische Fischarten – und erlaubt wissenschaftliche Zeitreisen in die Vergangenheit unseres Planeten.
Foto: Sean Crowe, UBC

Zu dieser Zeit enthielten die Meere kaum freien Sauerstoff, die Sedimente des Meeresgrunds bestanden zu einem großen Teil aus Eisenmineralen. So ähnlich sieht es heute an den tiefsten Stellen des Towuti-Sees aus. Unterhalb von 130 Metern Wassertiefe ist das Wasser frei von gelöstem Sauerstoff und reich an gelöstem Eisen. Eisenmineralien machen mehr als ein Drittel des Seebodensediments aus.

Überraschung im Bohrkern

Für die Studie im Fachblatt "Nature Communications" führte das Forscherteam umfangreiche biogeochemische und geomikrobiologische Analysen an Sedimentbohrkernen aus dem See durch, darunter mineralogische und mikrobiologische Untersuchungen des Eisen- und Methanstoffwechsels von Mikroorganismen. Das Ergebnis brachte eine Überraschung: Da im Sediment Eisenoxide im Überfluss verfügbar sind, waren die Forscher eigentlich davon ausgegangen, dass die Mikroben – mangels Sauerstoffs – hauptsächlich diese Mineralien für ihren Stoffwechsel nutzen würden. In diesem Fall würden sie hauptsächlich Kohlendioxid erzeugen. Tatsächlich produzierten die Mikroben aber statt Kohlendioxid vorwiegend Methan. Warum sie die Eisenverbindungen verschmähen, ist unklar.

"In Laborstudien nutzen Mikroorganismen Eisenoxidmineralien bevorzugt, und diese Studien bilden die Grundlage unseres Wissens für einen solchen Stoffwechsel auf der frühen Erde", sagte Kohen Bauer von der University of British Columbia, einer der Studienautoren. "Unsere Erkenntnisse aus dem Towuti-See zwingen uns nun, den mikrobiellen Stoffwechsel in Sedimenten und damit auch die Prozesse, die zur Regulierung des frühen Klimas der Erde beigetragen haben, zu überdenken."

Die Forscher entnahmen Bohrkerne vom Grund des Sees, wo ähnliche Bedingungen wie in den Ozeanen vor drei Milliarden Jahren herrschen.
Foto: Team Kallmeyer/GFZ

Starkes Treibhausgas

Methan ist ein viel stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Wenn also die mikrobiellen Prozesse in den Urmeeren ähnlich abliefen wie heute in den Tiefen des Towuti-Sees, hätte das einen deutlichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Erdatmosphäre gehabt. Denn während das Methan im heutigen See aus dem Sediment aufsteigt und durch Reaktion mit dem in oberen Wasserschichten gelösten Sauerstoff schnell zu Kohlendioxid umgewandelt wird, existierte dieser Reaktionsweg damals nicht: Vor drei Milliarden Jahren war in den Ozeanen und in der Atmosphäre so gut wie kein freier Sauerstoff vorhanden. Das Methan aus den Meeren wäre also ungehindert in die Atmosphäre entwichen und hätte zu einem starken Treibhauseffekt beigetragen.

"Die Ergebnisse stellen das aktuelle Wissen über mikrobielle Prozesse in eisenreichen Umgebungen in Frage, sie laufen völlig anders ab als erwartet", sagte Studienleiter Jens Kallmeyer vom Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam. Die Forscher hoffen, durch weitere Studien im Towuti-See noch mehr Licht ins Dunkel des frühen Treibhauseffekts auf unserem Planeten zu bringen. (dare, 16.5.2021)