Da kann die Politik noch so viele Worte der Besänftigung finden: Was zählt, sind die Bilder. Ein Lynchmob, der ein Auto mit Steinen bewirft und versucht, die Insassen zu verprügeln. Betende in einer Moschee, die von einer Blendgranate überrascht werden. Diese Bilder sind Brandbeschleuniger. Und von den Extremisten auf beiden Seiten, deren Kerngeschäft das Zündeln ist, werden sie eifrig geteilt.

Überall in Jerusalem ist Polizei stationiert, mit Helmen und multipler Bewaffnung.
Foto: : EPA/ATEF SAFADI

Den Führungen in Jerusalem und Ramallah entgleitet die Lage. Die Zusammenstöße in Jerusalem heute könnten morgen auf ganz Israel und das Westjordanland übergreifen. Eine Vorahnung bieten die jüngsten Attacken im Westjordanland und Angriffe auf Israel an der Gazagrenze. Laut Armee konnte ein im Zentrum Israels geplantes Attentat knapp vereitelt werden.

Jetzt wäre der Moment, eine Eskalation zu verhindern. Doch das geschieht nur bedingt. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der die nach 16 demokratiefreien Jahren ersehnten Wahlen verschiebt und dafür Israel die Schuld gibt, zeigt sich mit den Jerusalemer Protesten solidarisch. Welche Protestmittel er für legitim, welche für gefährlich hält, sagte er nicht.

Die israelischen Behörden lassen es zu, dass rechtsextreme Hetzer aufmarschieren – auch dort, wo die Brennpunkte der Krawalle liegen. Den Preis zahlen am Ende alle, nicht nur die Hetzer und Steinewerfer. Politiker mögen weiter zur Besonnenheit aufrufen. Der Ruf gilt auch ihnen selbst. (Maria Sterkl, 10.5.2021)